Streit in der Chefetage „Bloß nicht am Flurfunk oder gar Spekulationen beteiligen!“

Quelle: imago images

Wenn Vorstände im Clinch sind, geraten Mitarbeiter schnell zwischen die Fronten – und riskieren ihren Ruf. Wie also sollten sie sich verhalten? Fragen an den Management-Experten Stefan Remhof.

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WirtschaftsWoche: Herr Remhof, wenn Mitarbeiter zwischen die Fronten geraten, weil ihr Vorgesetzter im Clinch mit anderen Führungskräften ist, wie sollten sie sich dann verhalten?
Stefan Remhof: Die Grundregel lautet: Bloß nicht am Flurfunk oder gar Spekulationen beteiligen! Denn auch wenn man einer bestimmten Führungskraft untersteht, so ist man doch insgesamt dem ganzen Unternehmen gegenüber zu Loyalität verpflichtet.

Und das bedeutet was genau?
Wenn auf oberster Hierarchieebene so ein Streit ausbricht, strahlt er auf die ganze Belegschaft ab. Es ist wie ein Strudel, in den alle hineingezogen werden. Das macht die Situation kompliziert. Selbst wenn der eigene Vorgesetzte aus dem Zwist als Sieger hervorgeht, begegnet seinen Mitarbeitern womöglich anschließend das Misstrauen der Kollegen.

… je offener der Streit war, umso mehr schwieriger wird es für alle Kollegen?
Ich gebe ihnen ein Beispiel aus meinem Beratungsalltag. In einem schwäbischen Familienunternehmen aus dem Maschinenbau schob der angestellte Geschäftsführer ein Transformationsprojekt an, doch kurz darauf kam es zu Differenzen mit der Familienunternehmerin. Der Auslöser war banal, wie so oft: Es ging um die Vertriebsstrategie. Der Geschäftsführer wollte das Marketingbudget für Vertrieb, Reisekosten und Dienstleistungen von Agenturen aufstocken. Am Ende ging es nur um 10.000 Euro, die die Leistung einer zusätzlichen Agentur gekostet hätte. Die Familienunternehmerin aber gab den Etat nicht frei, ohne eine Erklärung. Sie nahm die Differenz offenbar persönlich. Sie war beleidigt, ignorierte ihren Geschäftsführer, sogar im Meeting. Sie grüßte ihn nicht mal mehr. Ab dann herrschte Funkstille zwischen ihnen...

Zur Person

… so dass jeder es mitbekommen musste, ob er wollte oder nicht?
Genau, den Mitarbeitern entging das natürlich nicht. Sie waren verunsichert, stellten Fragen und gerieten in ein Loyalitätsdilemma. Eine Situation, wie sie in Familienunternehmen durchaus häufiger vorkommt. Es geht dort emotionaler zu als in Dax-Konzernen.

Wie wirkte sich das auf die Mitarbeiter aus?
Selbst als sich die Situation beruhigte und das folgende Jahr zumindest im Business-as-usual-Modus weiterging, blieb ein Bruch für die Belegschaft wahrnehmbar. Sie fragten sich: Wie geht es für mich persönlich im Unternehmen weiter? Es führte zu Irritationen, wenn die Familienunternehmerin plötzlich selbst Lieferantenverträge abschloss, was bis dahin zu den Aufgaben des Geschäftsführers rechnete. Beim Geschäftsführer meldeten sich irritierte Geschäftspartner – mit Fragen, bei deren Beantwortung der ahnungslose Manager nur lavieren konnte. Der fühlte sich vorgeführt und übergangen.

Gibt es einen Rat für nachgeordnete Mitarbeiter in solch einer Lage?
Sie sollten sich fernhalten, sich in nichts hineinziehen lassen und keine Allianzen eingehen. Es lässt sich sowieso nie absehen, welcher der Streithähne am Ende bleibt oder gehen muss. Auch wenn das in kleineren Unternehmen schwierig ist. In großen Unternehmen können sie versuchen, in eine andere Abteilung zu wechseln. Anders verhält es sich in politischen Positionen wie dem des Büroleiters oder  der persönlichen Referentin.

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Inwiefern?
Bei denen ist von vornherein klar:  Bei einem Wechsel an der Spitze kann auch ihr Job in der Firm zu Ende sein – weil sie eine besondere Vertrauensposition haben. Die haben quasi einen Stempel auf der Stirn und bekommen gar nicht die Gelegenheit, einem Nachfolger ihres bisherigen Vorgesetzen ihre Loyalität  zu beweisen.

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