Verdienst Der Ghostwriter-Report

Seite 5/7

Der Weltmarkt

In Costa Rica brauchte er keinen Doktorvater, sagt Thomas Nemet, und musste nur ein- oder zweimal persönlich vor Ort sein. In Deutschland ist die Anerkennung ausländischer Grade kompliziert, zumal solcher, die unter dem Verdacht stehen, nicht den hiesigen Ansprüchen zu genügen. Kein Problem für Thomas Nemet: Er wohne inzwischen in der Schweiz, da gilt das deutsche Gesetz nicht. "In der Schweiz gibt es ja nicht diesen ganzen Titelwahnsinn", sagt Nemet, "da haben Sie nicht das Problem mit der Anerkennung irgendwelcher ausländischer Grade."

Diese Uniabschlüsse versprechen das meiste Gehalt
Eine Lehrerin schreibt mit Kreide an die Tafel. Quelle: dpa
ein Bleistift und ein Rechenschieber Quelle: Fotolia
Eine plastische Nachbildung eines menschlichen Schädels Quelle: dpa
Vorlesung des Mathe-Professors Don Zagier aus den USA in der Jacobs University in Bremen. Quelle: dpa
Umriss eines menschlichen Kopfes bestehend aus einer Festplatte Quelle: Fotolia
Ingenieur für Erneuerbare Energien und Umwelttechnik Quelle: dpa
Eine Jura-Studentin hält am 22.11.2012 in einer Vorlesung an der Universität Osnabrück (Niedersachsen) eine Ausgabe vom Grundgesetz in der Hand. Quelle: dpa

Bevor ich aus Frankfurt abreise, drückt mir ein Mitarbeiter von Acad Write ein Buch in die Hand, das sein Chef Nemet gerade herausgegeben habe. Hellblauer Einband, konservatives Layout, ein Doktortitel in der Autorenzeile – es sieht so bieder aus wie ein seriöses Handbuch. Zur Praxis der Textredaktion heißt es. Und im Untertitel: Wissen, Rat und Tipps von Ghostwritern. Erste Bibliotheken haben es bereits in ihren Bestand aufgenommen.

6. Der Weltmarkt

In der ersten Zeit nach der Gründung seiner Ghostwriter-Agentur gab es Nächte, da konnte er nicht ruhig schlafen, sagt Marcel Kopper. Nicht weil ihn Gewissensbisse plagten, sondern wegen seiner Ansprüche an die Qualität seiner Dienstleistung. "Wir haben sehr, sehr viel Stress gehabt", erzählt er, als wir zusammen im Schnitzelrestaurant in Wien sitzen. "Wir", das sind Marcel Kopper und Robert Grünwald. Während Kopper sich mit mir trifft und freimütig erzählt, kenne ich Grünwald nur aus seinem Werbevideo auf YouTube und von seinem Pressefoto: Es zeigt den heute 24-Jährigen mit Krawatte, weißem Einstecktuch und einer strengen Brille. Grünwald will nicht zitiert werden, sagt er mir am Telefon. Auch Marcel Kopper redet nicht öffentlich über seinen Kollegen. Dieser Report wäre aber nicht vollständig ohne ihn – und Koppers Geschichte ist ohne Grünwald kaum zu verstehen.

Alles begann vor einigen Jahren, als Kopper und Grünwald studierten und ein gemeinsames Projekt ausheckten: das "Turbostudium". Den Bachelor und Master im dualen Studium absolvierte Grünwald in vier statt elf Semestern, parallel zur Bankausbildung. Kopper brauchte etwas länger, sagt er, blieb aber immer noch deutlich unter der Regelstudienzeit. Viele Medien berichteten damals, auch ZEIT CAMPUS. Anschließend wurden Kopper und Grünwald von ihrer Privathochschule verklagt, die darauf bestand, die vollen Studiengebühren zu berechnen. Die Hochschule bekam recht. Im Schnellstudium habe er gelernt, Unternehmer zu sein, auch gegen Widerstände, sagt Kopper. "Ziel vor Augen, Ziel erreicht, und das Schlag auf Schlag", so beschreibt er diese Zeit heute.

Noch etwas lernte Kopper: wie man schnell Hausarbeiten schreibt, auch für andere. Während des "Turbostudiums" habe er erste Jobs als Ghostwriter in der Agentur von Roland Franke übernommen, sagt er. Später nutzte Marcel Kopper seine Bekanntheit, um seine eigene Ghostwriting-Agentur zu vermarkten.

Bevor er hauptberuflicher Ghostwriter wurde, fing Marcel Kopper als Account Manager bei einem großen Personaldienstleister an. Das Einstiegsgehalt auf diesem Posten laut Firmensprecher: etwa 46.000 Euro. Das Geld sei "okay" gewesen, sagt Kopper, doch die Aufstiegschancen passten ihm nicht.

Er schmiss hin und wechselte in das Management der Discounter-Kette Lidl. "Megagehalt, Firmenwagen", sagt Kopper – und das Tempo passte zum Lebensgefühl. In der Einarbeitung habe er Regale einräumen müssen, am Ende Personalverantwortung für 100 bis 120 Mitarbeiter in vier Filialen übernehmen sollen. "Peu à peu arbeiten Sie sich hoch, und das in kürzester Zeit", sagt Marcel Kopper. "Das hat mir gefallen."

Dann kam sein 21. Geburtstag – und Kopper schmiss wieder hin, sagt er. Nach knapp einem Jahr bei Lidl gründete er zusammen mit Robert Grünwald und einem dritten Investor, einem erfahrenen Onlineunternehmer, die Firma Academic Services, mit Geschäftssitz an der schicken Königsallee in Düsseldorf. Jeder von ihnen gab 8.400 Euro zum Stammkapital, so steht es in der Gesellschafterliste, gezeichnet am 5. Juni 2012. Gemeinsam wollten sie die erste deutsche Ghostwriting-Agentur aufbauen, die das Zeug hat, auf dem Weltmarkt zu bestehen. Sie hätten daran geglaubt, sagt Marcel Kopper, "dass das was Großes werden kann". Auf ihrer Internetseite nennen sie sich: die GWriters.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%