Wir leben in einer großartigen Zeit. Nie gab es so viele Möglichkeiten für so viele Menschen, das Beste aus ihrem Leben zu machen. Der Preis dafür ist die Zufriedenheit. Wir verlernen zu sehen, wer wir sind und was wir haben. Es gibt immer ein anders, schneller, schöner, leichter, besser.
Ein Übertragungsweg für die grassierende Unzufriedenheit sind falsche Maßstäbe. Vielleicht sind es auch die fehlenden eigenen und deshalb die falschen, die wir von anderen ungeprüft übernehmen. In der Konsumforschung geht man davon aus, dass glückliche Menschen keine guten Käufer sind. Man kann sie mit den vielen Dingen, die wir ständig kaufen sollen, nicht verführen, sie sind mit sich im Reinen und wissen, dass Konsum nur kurzfristige Befriedigung verschafft. So wird uns permanent Unzufriedenheit eingeredet, werden Wünsche und Bedürfnisse geschaffen, um uns zum Handeln, sprich kaufen, zu animieren. Dies betrifft nicht nur materielle Dinge.
Können wir ein besseres Leben kaufen?
Wir kaufen ja auch Persönlichkeitsseminare, Kommunikationstrainings oder Ratgeberbücher. Es werden Ideale vermittelt, wie eine großartige Mutter, ein erfolgreicher Chef oder eine attraktive Ehefrau sein soll. Das geht weiter damit, was für Taschen, Autos, Wohnungen „man“ hat, wohin man in den Urlaub fährt, welche Schule die Kinde besuchen „müssen“ usw., wenn man einen bestimmten Lebensstil befürwortet. Auch „dagegen“ oder „anders“ zu sein ist klar definiert. Dies ist unsere Orientierung, sind unsere „must haves“.
Hinzu kommt, dass wir unsere Zielerreichung immer mehr verschieben. Hatte früher ein Tischler einen Auftrag für einen Tisch, war das klar umrissen und er hatte immer den Erfolg der Fertigstellung. War das Ziel junger Frauen, „eine gute Partie“ zu machen, zu heiraten, dann war es erfüllt, wenn man verheiratet war. Heute freuen wir uns nicht mehr einfach so an der Ehe oder Partnerschaft, sondern wollen mehr. Unsere Partner sollen auch noch gut kochen können, tolle Liebhaber und unterhaltsam sein, uns zum Lachen bringen, gesund und attraktiv sein.
Der Wirtschaftswissenschaftler Richard Easterlin hat junge Amerikaner nach ihrem Besitz gefragt und welche Dinge sie gern haben wollen, um glücklich zu sein. Nach 16 Jahren wiederholte er das Ganze. Am Anfang besaßen die Befragten im Schnitt 1,7 der von ihnen aufgelisteten Dinge und dachten 3,1 würden sie glücklich machen. Später hatten sie 4,4 - und erwarteten das Glück bei 5,6.
Das kann man immer weiter fortsetzen. Ähnliches läuft in der Arbeitswelt ab.
Es gibt kein „geschafft“ mehr
Wir arbeiten und arbeiten und es kommt immer mehr Arbeit nach. Denken Sie nur an die E-Mail-Flut. Gerade noch hat man in einer Nachtschicht das Postfach endlich einmal aufgearbeitet, ist der Zustand nach zwei Tagen wie vorher. Kennen Sie Zielvereinbarungen? Auch sie sind dadurch gekennzeichnet, dass das nächste Ziel, kaum ist das vorherige mit Mühe erfüllt, schon wieder vor einem steht. Immer weniger Menschen sollen in immer kürzerer Zeit mehr erreichen.