Dass gutes Personalmanagement Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschafft, ist unbestritten. Trotzdem hat der Funktionsbereich Human Resources (HR) als strategischer Partner in der Unternehmensführung oftmals einen schweren Stand. Sicher: Der Einfluss von HR auf die Unternehmensentwicklung ist in den vergangen Jahren gestiegen. Doch anders als etwa der Vertrieb oder das Marketing kann das Personalmanagement kaum messbare Ergebnisse zum „return on invest“ liefern. Das Sagen im Unternehmen haben deshalb in der Regel andere, während die Personaler selbst oft nur am Katzentisch sitzen.
Wenn die HR-Profis an dieser Situation etwas ändern wollen, müssen sie dazu übergehen, den Wandel im Unternehmen stärker aktiv mitzugestalten, anstatt Veränderungen nur zu moderieren. Zumal der Faktor Humankapital für viele Manager noch immer eine Blackbox ist. Während Unternehmenslenker meistens sehr genau verstehen, wie man Prozesse und Kennzahlen im operativen Bereich optimiert, steht die Personalarbeit noch immer im Ruf, weniger strategisch und zielorientiert zu sein. Die Erkenntnis, dass gute HR-Arbeit einen hohen Impact auf den Unternehmenserfolg hat, setzt sich nur langsam durch.
Zur Person
Steffen Neefe ist Country Manager DACH des Top Employers Institute, das seit Gründung vor 25 Jahren Unternehmen mit herausragender Personalführung und -strategie zertifiziert.
Dabei belegen genau dies längst schon unterschiedliche Studien. Eine Befragung der Boston Consulting Group von mehr als 1.000 Führungskräften und Organisationsexperten in Deutschland, Österreich und der Schweiz ergab zum Beispiel, dass „weiche“ Themen wie etwa die persönliche Verantwortung und Gestaltungsfreiheit am Arbeitsplatz oder das Verhalten von Vorgesetzten den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens langfristig stärker beeinflussen als „harte“ betriebswirtschaftliche Maßnahmen zur Kostenreduktion oder zur Restrukturierung.
Aktienkurse steigen überdurchschnittlich
Den hohen Wert exzellenter HR-Arbeit spiegeln auch Untersuchungen zur Aktienkursentwicklung wieder. Wie der Bericht "Emerging Evidence: Business Performance and the validation of Human Resources Best Practices" des Top Employer Institute zeigt, weisen Unternehmen mit höchsten Standards im Personalmanagement eine deutlich bessere Börsenperformance auf.
Finanzanalysten nahmen hierfür die Leistungskennzahlen von 53 Unternehmen weltweit unter die Lupe, die vom Top Employers Institute für ihre herausragende Personalführung und -strategieausgezeichnet wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass sich der Aktienkurs bei diesen ausgewählten Unternehmen überdurchschnittlich gut entwickelt.
So gestalten HR-Manager den Wandel im Unternehmen mit
Der Fachkräftemangel zwingt Unternehmen zum Umdenken. Statt perfekte Kandidaten für Führungspositionen auf dem Arbeitsmarkt zu suchen, richtet sich der Blick immer häufiger ins eigene Unternehmen.
Wer Schlüsselpositionen mit Talenten aus den eigenen Reihen besetzt, spart nicht nur die Kosten, die für eine Stellenausschreibung am Markt und die Eingliederung in den Betrieb anfallen, sondern sendet ein wichtiges Signal der Wertschätzung an alle Mitarbeiter.
Quelle: Steffen Neefe, Top Employers Institute
Angesichts des demografischen Wandels ist eine langfristige Personalplanung überlebenswichtig. Mehr als drei Jahre im Voraus sollte der Bedarf geplant werden, damit Personallücken unter Berücksichtigung von Einarbeitungs- und Qualifikationszeiten rechtzeitig gefüllt werden können. Dies schaffen jedoch die wenigsten Unternehmen. Zu kurze Personaldecken und Fehlbesetzungen sind die Folge.
Wer ins Berufsleben startet oder den Arbeitgeber wechselt, ist auf Unterstützung bei der Eingliederung und der Einarbeitung angewiesen. Führende Unternehmen setzen dabei neben dem persönlichen Coaching verstärkt auf digitale und interaktive Plattformen. Besonders gut gemachte Arbeitgeberportale orientieren sich an den Vorbildern aus der Welt der Social Media.
Berufliche Weiterbildung verbessert Karrierechancen und erhöht das Einkommen. Entscheidend ist allerdings, dass die angebotenen Maßnahmen mit den Zielen des Arbeitgebers übereinstimmen. Das wichtigste Thema bleibt vorerst die fortschreitende Digitalisierung der Arbeitswelt. Der technologische Wandel hat hier zu erhöhtem Weiterbildungsbedarf auf allen Qualifikationsebenen geführt. Gerade jüngere Mitarbeiter erwarten dabei professionelle und individuelle Lösungen, die maßgeschneidert auf ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten sind.
Wer Mitarbeiter zu Bestleistungen führen will, der muss die richtigen Anreize setzen. Klassischerweise werden dazu Zielvorgaben mit einer erfolgsorientierten Vergütung und regelmäßigen Leistungsbeurteilungen kombiniert. In Zukunft wird dieser Ansatz nicht mehr ausreichen. Gefordert sind stattdessen individuellere Zielvereinbarungen, bei denen der Mitarbeiter so weit wie möglich eigene Vorstellungen einbringen kann. Je stärker die Identifikation mit den Zielen und Werten des Arbeitgebers, desto größer werden Motivation und Leistungsbereitschaft.
Von Führungskräften werden heute andere Qualitäten verlangt als früher. Die wichtigste Veränderung: Führung wird nicht mehr vorwiegend als individuelle, sondern zunehmend als gemeinschaftliche Aufgabe verstanden. Als Schlüssel zum Erfolg erweist sich dabei die enge Verzahnung von Führungskultur und Leistungsmanagement im Unternehmen. Führende Arbeitgeber sind flexibler, wenn es etwa darum geht, Leistungsziele mit ihren Führungskräften zu vereinbaren. Dem leitenden Mitarbeiter wird zudem ein größerer Spielraum für die Karriereplanung eingeräumt. Berufliche und private Anforderungen können so besser in Einklang gebracht werden.
Klassische Karrieren, bei denen Arbeitnehmer entlang fest vorgegebener Aufstiegspfade befördert werden, sind ein Relikt aus der Vergangenheit. Moderne Berufsbiographien verlaufen oftmals mit Brüchen und über Umwege. Nicht selten weichen gerade hoch qualifizierte Bewerber Führungspositionen aufgrund der hohen beruflichen Belastung aus. Sie wollen eher ihre individuellen Fähigkeiten im Job entfalten, dabei sollen ihnen möglichst viele Optionen offen stehen. Arbeitgeber müssen sich darauf einstellen und flexiblere und stärker individualisierte Karrieremodelle anbieten.
Im Bereich der Vergütung zeichnen sich zwei Haupttrends ab. Erstens wird heute mehr nach Leistung und nach Beschäftigtengruppen entlohnt. Während High-Performer überdurchschnittliche Lohnzuwächse erzielen können, fallen diese bei den durchschnittlichen Mitarbeitern relativ gering aus. Zweitens setzen Unternehmen im Rahmen der Gesamtvergütung verstärkt auf Zusatzleistungen wiedie betriebliche Altersversorgung, Gesundheitsangebote oder flexible Arbeitszeitmodelle. Gerade für Führungskräfte stellen die nicht monetären Leistungen häufig einen wichtigen Teil der Gesamtvergütung dar. Für Arbeitgeber sind Benefits ein ideales Mittel, um die eigene Attraktivität im Wettbewerb um die besten Köpfe zu erhöhen.
Den Kern einer Unternehmenskultur machen gemeinsame Werte und Verhaltensweisen aus. HR spielt dabei eine Schlüsselrolle, indem es entsprechende Leitbilder entwickelt und gemeinsam mit den Führungskräften im Unternehmen umsetzt. HR ist damit der Katalysator für Veränderungsprozesse und maßgeblich verantwortlich dafür, dass die Unternehmenskultur in der Praxis gelebt wird. Gerade diese Funktion – obwohl in Zahlen kaum messbar – ist eine ganz entscheidende Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg.
HR schafft also ganz offensichtlich die Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg – die Personaler sollten angesichts des hohen Werts für ihr Unternehmen selbstbewusster agieren. Zumal sie vor einer weiteren Herausforderung stehen: Denn in der Regel sind sie nicht nur für die langfristige Personalplanung verantwortlich. Sie müssen sich zudem aktiv in den stetigen Change-Prozess eines Unternehmens einbringen und entsprechend auch kurzfristig flexibel agieren.