Studie Unternehmen können von Skandalen profitieren

Skandale schaden Unternehmen? Könnte man meinen. Doch jetzt zeigt eine neue Studie: Langfristig sind Skandale gar nicht so schlimm. Im Gegenteil.

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Die größten Werbeskandale
H&M Bikini-Werbung Quelle: dpa
Unhate Kampagne Benetton Obama Chavez Quelle: dpa
Bruno Banani Werbung Merkel Dessous Quelle: dpa
Magersucht Werbeplakat Oliviero Toscani Quelle: dpa
Sixt Werbung Angela Merkel Frisur Quelle: AP
Viva Werbung 2000 Quelle: AP
Tyra Banks Werbeposter Quelle: REUTERS

Bei Primark folgt europaweit Skandal auf Skandal, die Deutsche Bank steckt in der Identitätskrise, JP Morgan zahlte für den Madoff-Skandal eine Milliardenstrafe. Nur einige Beispiele für eine ganze Reihe weiterer Skandale, die Unternehmen schwer erschüttern.

Doch egal, wie viel Empörung Unternehmen trifft - es kann ihnen nicht schaden. Diese These stellt eine neue Studie der Universität von Sussex auf. Dazu verglichen die Forscher 80 Unternehmensskandale zwischen 1993 und 2011.

Das Ergebnis: Anstatt nach einem Skandal Verluste zu machen und rote Zahlen zu schreiben, steigern die Rettungsmaßnahmen nach einem Unternehmens-Skandal sogar die Einnahmen und führen zu mehr Effizienz im Unternehmen.

Klingt zunächst gewagt - wenn nicht zwischen kurz- und langfristigen Folgen unterschieden wird. Denn die kurzfristigen Konsequenzen eines Skandals können durchaus fatal sein und ein Unternehmen schwächen. Da werden mal Millionenbeträge Strafe gezahlt, wichtige Mitarbeiter entlassen, Stellen gestrichen oder ein guter Ruf geschädigt.

In ihrer Studie analysierten Forscher der Universität Sussex die Aktienkurse von 80 Unternehmen der USA, die einen Skandal durchlitten hatten. In fast allen Fällen stürzte der Kurs in dem Monat nach Bekanntwerden des Skandals um bis zu zehn Prozent ab. Dabei entstanden meist Kosten von bis zu 1,9 Milliarden US-Dollar pro Unternehmen. Doch damit nicht genug: Auch personelle Aussetzer bekannter Firmenchefs wie Affären oder Steuerhinterziehung schadeten den Unternehmen finanziell.

Von Pferdelasagne und Ehec-Sprossen
2016: Plastik im SchokomantelAbermillionen Schokoriegel müssen in die Werkstatt – sozusagen. Nachdem eine Kundin in einem Marsriegel auf ein Stück Plastik gebissen hat, hat der Hersteller mit einer gigantischen Rückruf-Aktion begonnen. Sie gilt mittlerweile für alle Staaten der Europäischen Union, mit Ausnahme von Bulgarien und Luxemburg. Betroffen sind Riegel der Marken Mars und Snickers mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum vom 19. Juni 2016 bis 8. Januar 2017 zurück; zudem alle Produkte der Marke Milky Way Minis und Miniatures sowie mehrere Celebrations-Mischungen mit diesem Mindesthaltbarkeitsdatum. Quelle: dpa
2016: Glyphosat und Malz, Gott erhalt'sPro Jahr konsumiert ein Deutscher durchschnittlich 107 Liter Bier. Und damit nicht nur, streng nach dem deutschen Reinheitsgebot, Wasser, Hopfen, Hefe und Malz, sondern auch noch eine gerüttelte Menge Glyphosat – das weltweit meist eingesetzte Pestizid. In deutschen Bieren wurden Mikrogrammwerte deutlich über den Grenzwerten für Trinkwasser gemessen, im krassesten Fall 300-fach über dem Grenzwert. Direkte Gefahr für die Gesundheit besteht allerdings nicht. Quelle: dpa
2014: Dänischer Wurstskandal erreicht DeutschlandIn Dänemark stellte sich 2014 heraus, dass Produkte des Wurstherstellers Jørn A. Rullepølser mit Listerien-Bakterien verseucht waren. Listerien sind für gesunde Menschen in aller Regel ungefährlich, allerdings ein Risiko für immungeschwächte Personen und schwangere Frauen. In Dänemark starben innerhalb von 30 Tagen zwölf Menschen, 15 weitere erkrankten. Der Betrieb wurde geschlossen, die Produkte zurückgerufen. 160 Kilogramm waren auch an einen deutschen Supermarkt in Schleswig-Holstein an der dänischen Grenze gegangen – sie waren bereits verkauft, bevor sie sichergestellt worden konnten. Verbraucher wurden gebeten, die Wurst zu vernichten oder zurückzugeben. Quelle: dpa
2014: Käse mit ColiDas Unternehmen Vallée-Verte rief die zwei Käsesorten „Saint Marcellin“ und „Saint Felicien“ zurück. In den Produkten der französischen Käserei Fromageries L'Etoile wurden Coli-Bakterien nachgewiesen. Diese können innerhalb einer Woche nach Verzehr zu teils blutigem Durchfall, Bauchschmerzen, Erbrechen sowie Fieber führen. Gerade bei Kindern besteht außerdem die Gefahr von Nierenkomplikationen. Quelle: dpa
2014: Von wegen Edel-Hähnchen2014 deckte die „Zeit“ auf: Das Neuland-Gütesiegel, gegründet vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem deutschen Tierschutzbund und der Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft, als ganz besonderes Qualitätssiegel hielt bei Brathühnchen nicht so ganz, was es versprach. Eigentlich sollten Neulandtiere aus Freilandhaltung stammen, gefüttert mit Körnern aus der Region. Tatsächlich stammen in Norddeutschland viele Tiere aus einem ganz gewöhnlichen industriellen Schlachtbetrieb in Niedersachsen. Quelle: dpa
2013: Pferd in der LasagneZusammen mit der Ehec-Epidemie wohl der aufsehenerregendste Lebensmittel-Skandal der vergangenen Jahre: 2013 stellte sich heraus, das Rindfleisch in mehreren Fertiglasagnen aus der Tiefkühlung war eigentlich Pferd. Im Anschluss wurden in Labortests rund 70 Fälle von falsch etikettierten Fertigprodukten nachgewiesen. Die größte Menge an Pferdelasagne gab es in Nordrhein-Westfalen mit 27 Fällen, gefolgt von Hessen (13), Baden-Württemberg (8) und Bayern (8). Weitere betroffene Länder waren Mecklenburg-Vorpommern (5), Brandenburg (4) und Hamburg (2). Quelle: REUTERS
2013: Noch mehr PferdBegonnen hatte der Skandal in Irland und Großbritannien, wo bereits im Januar Hamburger-Frikadellen auftauchten, die Spuren von Pferd enthielten. Bei Hamburgern der Marke Tesco waren es sogar deutlich mehr als nur „Spuren“: Sie bestanden zu 23 Prozent aus Pferdefleisch. Die Tiefkühl-Hackbällchen „Köttbullar“ der Möbelhaus-Kette Ikea in tschechischen Häusern enthielten ebenfalls Pferd und flogen daraufhin aus dem Sortiment – zum Ausgleich landete in schwedischen Tiefkühlregalen Lasagne mit einem Pferdefleischanteil von bis zu 100 Prozent. In ganz Europa wurden schließlich Händler festgenommen, die falsch deklariertes Fleisch verkauften. Quelle: dpa

Das klingt zunächst wenig überraschend. Schaut man sich die betroffenen Unternehmen allerdings langfristig an, ergibt sich ein anderes Bild. Nur drei Jahre nach den Skandalen waren die betroffenen Unternehmen wieder auf Augenhöhe mit ihren Konkurrenten – sowohl im Hinblick auf den Aktienkurs und ihre Einnahmen.

„Unternehmensskandale können wie ein Katalysator wirken, um Veränderungen durchzusetzen, die den Investoren nutzen“, erklärt Surendranath Jory, Leiter der Studie. „Die Unternehmen entwickeln dann Schutzmaßnahmen, um sich zukünftig abzusichern, und die scheinen Erfolg zu haben.“

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