EZB kauft Staatsanleihen Die Angst vor japanischen Verhältnissen

Bald startet das EZB-Ankaufprogramm für Staatsanleihen. Marktbeobachter befürchten bereits Verwerfungen an den Märkten, wenn die Notenbanken Fehler machen. Welche Risiken Währungshüter und Anleger eingehen.

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Der EZB-Präsident muss nach der Ankündigung seines Anleihekaufprogrammes nun liefern. Quelle: dpa

Massive Volatilität. Verwerfungen am Markt. Händler, die Anleihen gehortet hatten, verschleudern ihre Papiere - und die Renditen schnellen in die Höhe. Dieses Szenario fürchten die Anleger, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihr angekündigtes Anleihekaufprogramm umsetzt. Den größten Grund zur Sorge liefert die Tatsache, dass sich das schon einmal abgespielt hat: Japans Anleihemarkt wurde erschüttert, nachdem die Zentralbank des Landes ihr Bondkaufprogramm im April 2013 ausgeweitet hatte.

Nachdem die Bondrenditen im Euroraum auf dem niedrigsten Stand überhaupt notieren, könnte mangelnde Transparenz und schlechte Kommunikation seitens der EZB zu ihrem 1,1 Billionen Euro schweren Aktiva-Kaufprogramm Kursausschläge an den Bondmärkten der Region auslösen, erklärt Sandra Holdsworth, Vermögensverwalterin bei Kames Capital in Edinburgh. Das Kaufprogramm könnte bereits in dieser Woche starten. Während das Volumen des Plans bekannt ist, stehen Details zur Aufteilung und zum Verfahren der Käufe noch aus.

Im Falle Japans wurden die zehnjährigen japanischen Bondrenditen nach der Ankündigung des erweiterten Zinssenkungsplans der Notenbank zunächst auf ein Rekordtief gedrückt. Aber dann haben sie sich angesichts der Verwirrung über das Programm bei den am Handel der Wertpapiere beteiligten Banken innerhalb von fünf Wochen mehr als verdoppelt. Daraufhin hatte die japanische Notenbank gesagt, sie würde die Anzahl der Käufe in jedem Monat erhöhen, um die Volatilität einzudämmen.

Japans Währungshüter „haben sich unklar geäußert, was sie kaufen und wann sie kaufen“, sagt Holdsworth. „Marktmacher haben sich Bestände zugelegt, um sie an die japanische Notenbank zu verkaufen, und letztere hat sie nicht gekauft. Daher mussten sie sie abstoßen und dann stieg die Volatilität - und das hat sie noch mehr in Panik versetzt.“

EZB-Präsident Mario Draghi hatte zuletzt geldpolitische Ankündigungen gemacht, die stark von Bedeutung, aber arm an Details waren. Seine Zusicherung vom Juli 2012, „alles Notwendige“ zu unternehmen, um den Euro zu retten, löste in dem Monat eine Rally von 27 Prozent bei den Wertpapieren über die Region hinweg aus. Doch die Zusage führte zunächst nur zu einem Programm zum Aufkauf von Anleihen klammer Staaten, welches nicht in Anspruch genommen wurde und bei dem die Ausgestaltung des Verfahrens schwammig blieb.

Die Zentralbank in Frankfurt hat am Donnerstag Gelegenheit, die Merkmale ihres erweiterten Aktiva-Kaufprogramms vorzustellen, dass sie im Januar bekanntgegeben hatte. Viele Fragen zum Programm bleiben noch offen und bestimmte zentrale Punkte sind weiterhin unklar.


Was plant die EZB?

Dazu gehört, wie viel die EZB für jede angepeilte Aktiva- Kategorie ausgeben will, da ihre monatlichen Käufe auch bestehende Programme zum Erwerb von Covered Bonds und forderungsbesicherten Papieren (ABS) umfassen sowie Staatsanleihen und Papiere von Institutionen. Ein weiterer Punkt ist die bei den Käufen genutzte Methode. Wird dies über Repo- Auktionen geschehen wie bei der Federal Reserve oder am Sekundärmarkt wie bei den früheren Bondkaufprogrammen der EZB?

Sollte die EZB die meisten dieser Fragen unbeantwortet lassen, bevor sie mit dem Einsammeln der Papiere beginnt, könnte die Bondrally ins Stocken geraten, sagt Anish Popat, Stratege bei Mizuho International.

„Die Marktteilnehmer erwarten, dass zumindest einige Informationen oder die EZB an den Markt kommt“, sagt Popat und weist darauf hin, dass Investoren noch nicht genau wissen, wann die Notenbank mit den Staatsanleihekäufen beginnt. „Wenn sie nichts davon sehen, könnte es einen leichten Ausverkauf an der Peripherie und an den Märkten allgemein geben.“

Die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen erreichte am 26. Februar ein Rekordtief von 0,283 Prozent. Auch die Renditen niederländischer, irischer, spanischer und portugiesischer Bonds gleicher Laufzeit fielen vergangene Woche auf Allzeittiefs. Europäische Bonds sind in den letzten zwölf Monaten um 13 Prozent gestiegen und damit stärker als japanische Papiere, die auf ein Plus von 2,8 Prozent kommen, wie aus den Bloomberg World Bond Indizes hervorgeht.

In dem Jahr nach der im April 2013 erfolgten Ankündigung der japanischen Notenbank, die monetäre Basis um 60 Billionen Yen bis 70 Billionen Yen (523 Milliarden. Euro) auszuweiten, zogen japanische Staatsanleihen um 0,7 Prozent an. Die Notenbank erhöhte das Ziel im Oktober 2014 auf 80 Billionen Yen.

Zu klärende Punkte sind auch das Niveau der Transparenz des Programms und, wie die EZB die selbst auferlegten Beschränkungen bei den Käufen berechnen wird. Die Wertpapier-Transaktionen im Rahmen des Programms werden in einem Wochenbericht veröffentlicht, schreibt die EZB in einer Erklärung auf ihrer Webseite.

Es gibt wesentliche Unterschiede zwischen den Staatsanleihemärkten des Euroraums und Japans, wie das stärkere Engagement heimischer Investoren am japanischen Markt. Das bedeutet, dass Wertpapiere von Ländern wie Deutschland und Italien nicht im gleichen Ausmaß wie jene von Japan im Frühjahr 2013 erschüttert werden, als die historische 10-Tages- Volatilität bei zehnjährigen Renditen auf den höchsten Stand seit mindestens einem Jahrzehnt geklettert war.

Sollte es einen Ausverkauf geben, so dürfte der wohl kaum bedeutend ausfallen, erwartet Popat, denn die Aussicht auf Käufe würde Unterstützung bieten. Ähnlich sieht das auch Allan von Mehren, Chef-Analyst bei Danske Bank A/S in Kopenhagen. „Am Rand wäre es schlecht, wenn wir keine Einzelheiten erfahren, aber der Markt ist derzeit ziemlich robust“, sagt er.

Dennoch gibt es Spielraum für zumindest eine Unterbrechung der Aufwärtsbewegung, wenn die EZB weniger mitteilsam zu QE ist als Investoren erwarten. Die Ankündigung des Programms hatte seinerzeit eine Rally bei Staatsanleihen ausgelöst hat, die die Renditen in der Region auf Rekordtiefs gedrückt hatte.

„Ich hoffe auf etwas mehr Klarheit, was sie kaufen werden und warum“, sagt Holdsworth. „Und ich denke, dass ich bezüglich dieser Klarheit enttäuscht werde.“

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