Aktie im Fokus Commerzbank-Coup erwischt Experten auf dem falschen Fuß

Für Commerzbank-Chef Martin Blessing sollte es der große Wurf werden, doch die angekündigte Kapitalerhöhung stößt auf deutliche Kritik. Für die Aktie wendet sich das Blatt damit nicht zum Guten. Sie verliert prompt.

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Die Aktie der Commerzbank, hier das Schild eines Geldautomaten vor der Konzernzentrale in Frankfurt, verlor im Donnerstagshandel an Wert. Quelle: Reuters

Frankfurt Überraschungen mögen Investoren nicht – und solche zu ihren Lasten schon gar nicht. Und deshalb erntet Commerzbank -Chef Martin Blessing für die Kapitalerhöhung – seinen Befreiungsschlag – von Analysten ungewöhnlich harsche Kritik. Für die Commerzbank-Aktie ging es prompt auf Talfahrt:

1,20 Euro kostete sie am Donnerstag noch, vier Prozent weniger als am Mittwoch und knapp neun Cent über dem Tiefststand vom Juli 2012. Ein Teufelskreis: Je weiter das Papier fällt, desto mehr Aktien muss die Commerzbank ausgeben, um 2,5 Milliarden Euro einzusammeln, und desto stärker wird der Anteil der Altaktionäre verwässert. Ohne Aktienschnitt wäre die Kapitalerhöhung nicht machbar gewesen – denn unterhalb des rechnerischen Nennwerts von einem Euro darf kein Unternehmen neue Anteilsscheine verkaufen.

Die begleitenden Banken Deutsche Bank, Citi und HSBC haben nur einen Erlös von 1,10 Euro je Papier garantiert – nach der Zusammenlegung der Aktien im Verhältnis 10:1. Bei der heutigen Aktienanzahl wären das gerade einmal elf Cent. Investmentbankern zufolge wird die Bank einen Abschlag von 35 bis 40 Prozent zum um den Wert der Bezugsrechte bereinigten Aktienkurs hinnehmen müssen. Sprich: Würden die Papiere heute ausgegeben, dürften sie höchstens 70 Cent kosten, also sieben Euro nach dem Aktienschnitt.

„Wirklich nachvollziehbar ist für uns die Kapitalerhöhung nicht“, schreibt Analyst Ingo Frommen von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) am Donnerstag. „Wir verstehen den Zeitpunkt dieser Transaktion nicht“, schimpft Philipp Häßler von Equinet und stuft die Aktie auf „Verkaufen“ von „Kaufen“ herunter. Sein Kursziel: ein Euro. „Aus unserer Sicht war die Commerzbank kurzfristig nicht unter Druck. Wir verstehen nicht, warum sie eine große Kapitalerhöhung ankündigt, wenn die Aktie nahe dem Allzeittief notiert.“

Auch Christoph Bast von der DZ Bank, der schon vorher eine Verkaufsempfehlung abgegeben hatte, kommt zu dem Schluss: „Insgesamt sehen wir diese Ankündigung als schlechte Nachricht an. Sie zeigt erneut, dass eine Investition in die Commerzbank mit zahlreichen Unsicherheiten und Risiken behaftet ist.“ Die wahren Probleme der Bank würden auch durch 2,5 Milliarden Euro frisches Kapital nicht gelöst, zumal das Geld fast vollständig an den Bankenrettungsfonds SoFFin (1,63 Milliarden) und die Allianz (750 Millionen Euro) fließt. Jaime Becerril von JPMorgan legt den Finger in die Wunde: Erst wenn die Bank ihr 151 Milliarden Euro schweres Portfolio an unerwünschten Krediten sicher abgewickelt ist, könne sich die Aktie nachhaltig erholen.

Auch die Ratingagentur Standard & Poor's ist unzufrieden: Dass die Eigenkapitalquote mit der Kapitalerhöhung bis Ende des nächsten Jahres auf neun Prozent steigen soll, sei nicht genug. Erst mit zehn Prozent - „was wir typischerweise als stark erachten würden“ - könnte die Commerzbank mit einer Hochstufung ihres Ratings rechnen, heißt es in der Mitteilung.

Bleibt die Frage nach dem Zeitpunkt für die Ausgabe neuer Aktien. Mit Erfolgen beim Umbau der Commerzbank kann Vorstandschef Blessing die alten und neuen Aktionäre nicht umwerben. Warum also nicht wenigstens bis zum Herbst warten? Für die Kapitalerhöhung und die Zusammenlegung der Aktien braucht Blessing einen Hauptversammlungs-Beschluss – und den bekommt er nur einmal im Jahr. Bis zum Frühjahr 2014 wollte er offenbar nicht warten – zu ungewiss die Aussichten, wie dann die neue Bundesregierung reagieren würde.

Der alten Regierung passt der Einstieg in den Ausstieg bei der Commerzbank ins Wahlkampf-Konzept. „Der Bund ist glücklich, dass er die 1,6 Milliarden Euro bekommt“, sagt ein Banker. Von den 18 Milliarden Euro, mit denen er die Commerzbank gerettet hatte, stehen nur noch fünf Milliarden im Feuer. „Die anderen Aktionäre, die bei den letzten Kapitalerhöhungen mitzogen, haben jedenfalls das größere Opfer gebracht.“

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