Aktie im Fokus Der Preis der Chaostage

Pünktlich zur Hauptversammlung erschreckt die Lufthansa ihre Aktionäre mit einer abenteuerlichen Personal-Posse. Da auch die langfristige Bilanz der Aktie eher mau ist, dürften Aktionäre einige kritische Fragen stellen.

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Der wankelmütige Lufthansa-Aufsichtsrat Wolfgang Mayrhuber auf der Hauptversammlung in Köln. Quelle: Reuters

Vor der Kölner Lanxess-Arena hat die Lufthansa zwei große Empfangszelte für die Aktionäre aufgebaut. Die Anteilseigner sollen sich wohl fühlen, denn die Führung mutet ihnen einiges zu. Die Befürchtung: Nach der Eröffnung von Aufsichtsratschef Jürgen Weber und der Rede von Lufthansa-Chef Christoph Franz werden die Aktionäre ihren Ärger über den Zickzack-Kurs der Airline Luft machen. Vor dem Saal erhalten die Aktionäre weiße Lufthansa-Papiertüten mit kleinen Aufmerksamkeiten.

Am Montag hatte die Lufthansa erklärt, dass Aufsichtsratschef Wolfgang Mayrhuber wegen heftiger Kritik von Investoren seinen geplanten Einzug in das Kontrollgremium aufgibt. Wenig später dann die Rolle rückwärts: Die Lufthansa erklärte, dass die Eigner die deutsche Doppelstruktur der Unternehmenslenkung aus Vorstand und Aufsichtsrat nicht verstanden hätten. Wichtige Investoren hätten aber eingelenkt, weshalb auch Mayrhuber sich bereit erklärt, an seiner Kandidatur zur Wahl in den Aufsichtsrat unverändert festzuhalten.

„Sie werden es ja irgendwie erklären, lassen wir uns überraschen“, sagt ein Aktionär. „Ich habe es gestern erst spät mitbekommen, mal sehen, was dazu heute gesagt wird“, ein anderer. Es ist die Ruhe vor dem Sturm.
Nicht nur die Befindlichkeiten des Top-Personals sorgen für Ärger. Die Aktie der Deutsche Lufthansa enttäuscht anspruchsvolle Anleger. Der aktuelle Kurs von 15,76 Euro ist weit entfernt vom Allzeithoch bei 26,15 Euro im Jahr 1998 und auch vom letzten Hoch bei gut 22 Euro Anfang 2007.

Dafür ist auch der frühere Vorstandschef Wolfgang Mayrhuber verantwortlich, ebenso wie für die aktuelle Personalposse. "Das ist ein großer Blödsinn", sagt der 59-jährige Pensionär Uwe Brinkmann am Dienstag. "Er hat abgelehnt und hätte dabei bleiben sollen." Ein anderer Eigner bewertet die sieben-jährige Arbeit von Mayrhuber als Vorstand bis Ende 2010 kritisch. "Er hat in der Zeit viel verschuldet, und das belastet die Lufthansa jetzt", sagt Dietmar Pfaff, Rentner aus Köln.


Die Kritik der Fonds

Kleinaktionäre dürften heute Fragen, warum der Österreicher seine Kandidatur nur einen Tag vor der Hauptversammlung zurückgezogen hat. Die Lufthansa erklärte, dass Kritik von Großinvestoren die Ursache sei. Mayrhuber hätte zu viele ähnliche Posten inne und habe sich nicht lang genug von der Lufthansa fern gehalten. Das allein sind aber keine Ausreden für das aktuelle Chaos. Eine Empfehlung der Aktionärsvereinigung ISS ihn nicht zu wählen, liegt bereits seit dem 15. April vor. Der Termin für den Rückzug bleibt also rätselhaft.

Ebenso rätselhaft erscheint die kurzfristige Umkehr. Angeblich hätten die großen Fonds plötzlich ihre Meinung geändert und unterstützen Mayrhuber jetzt doch. Die Mehrheit der zehn größten Investoren der Lufthansa sind nach Daten von Bloomberg internationale, institutionelle Investoren wie Franklin Resources (9,6 Prozent Anteil) und Blackrock (9,2 Prozent). Profis, die eigentlich wissen sollten, was sie tun.

Die genossenschaftliche Fondsgesellschaft Union Investment bestätigte gestern, dass sie gegen Mayerhuber gestimmt hätte. „Herr Mayrhuber ist persönlich absolut integer, verkörpert für uns aber zu stark die alte Lufthansa. Er steht für eine übertriebene Internationalisierung und fehlerhafte Zukäufe, wobei notwendige Investitionen in die Flotte vernachlässigt wurden“, sagte Fondsmanager Ingo Speich. Später sagte Speich, Mayrhubers Rückzugs-Entscheidung wäre ein Erfolg für die Corporate-Governance-Kultur in Deutschland gewesen.

Kurzfristig haben die Chaostage keine Auswirkung auf den Kurs der Aktie. Heute stieg der Kurs um 0,6 Prozent auf 15,76. Seit Jahresbeginn beträgt das Plus knapp zehn Prozent, in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 60 Prozent. Zum Vergleich: der Dax legte seit Jahresbeginn 6,5 Prozent in den vergangenen 23,6 Prozent zu.

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