Anleihen US-Bondverkäufe sinken erstmals seit 2010

Die USA werden in den kommenden Jahren weniger Anleihen platzieren müssen – steigenden Haushaltseinnahmen sei Dank. Doch das sinkende Defizit ist nur eine Momentaufnahme. Der Fehlbetrag wird langfristig wieder steigen.

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Freundliche Prognosen für die US-Haushaltseinnahmen: Mittelfristig steigen sie, was die Platzierung weiterer Anleihen senkt. Quelle: dpa

Das US-Finanzministerium wird nach Einschätzung einiger der größten Anleihehändler an der Wall Street sein Emissionsvolumen in den kommenden Monaten verringern. Es wäre der erste Rückgang seit drei Jahren. Grund sind die jüngst deutlich gestiegenen Staatseinnahmen.

Acht der 21 Primärhändler, die direkt mit der Zentralbank handeln, erwarten, dass das Finanzministerium womöglich schon im Juli das Volumen von Schuldverschreibungen mit Laufzeiten von bis zu fünf Jahren verringern wird. Die Regierung hat ihre Kuponauktionen seit 2010 nicht mehr gesenkt; ein Jahr zuvor hatte die US-Wirtschaft die schlimmste Finanzkrise seit der Großen Depression hinter sich gelassen.

Ihre Erwartungen haben die Primärhändler in Reaktion auf das US-Wachstum, die steigenden Steuereinnahmen sowie gesenkte Staatsausgaben angepasst. Das Haushaltsbüro des Kongresses (CBO) rechnet für das laufende Haushaltsjahr mit einem Budgetdefizit von 845 Milliarden Dollar, dem niedrigsten Fehlbetrag seit 2008.

“Das rapide sinkende Defizit bedeutet, dass wir weniger Treasury-Anleihen brauchen werden als bei einem nicht ganz so schnellen Defizitabbau”, sagte Edward Keon, Portfolio-Manager und Geschäftsführender Direktor von Quantitative Management Associates in Newark im US-Bundesstaat New Jersey. “Es gibt weltweit noch immer eine hohe Nachfrage nach qualitativ hochwertigen, festverzinslichen Produkten.”

Eine Beschränkung des Angebots an einem Markt, wo ein Rekordwert von drei Dollar für jeden Dollar frischer Schulden geboten wird, könnte die Käufer dazu zwingen, mehr für Treasuries zu bezahlen. Die Nachfrage nach Kurzläufern ist derzeit so hoch, dass die Rendite einmonatiger Schatzpapiere unter null gedrückt wurde.

Das US-Finanzministerium, das seit Oktober 2010 jeden Monat 32 Milliarden Dollar an dreijährigen Anleihen begeben hat, dürfte das Angebot dieser Papiere im Juli auf 31 Milliarden Dollar senken, sagte Thomas Simons, Ökonom des Primärhändlers Jefferies, am 6. Mai in einem Telefoninterview. Im weiteren Monatsverlauf dürfte auch das Emissionsvolumen der zwei- und fünfjährigen Papiere um eine Milliarden Dollar zurückgefahren werden.

Nach Angaben von Mizuho Securities USA wird die US-Regierung wohl im August beginnen, das Emissionsvolumen bei diesen Papieren zu kürzen. Diese Einschätzung vertritt auch Morgan Stanley. Zudem rechnet die Bank für September auch mit einer Verringerung des Angebots an siebenjährigen Anleihen um eine Milliarden Dollar, gefolgt von Kürzungen in einem ähnlichen Umfang bei zehn- und 30-jährigen Treasuries im Oktober.


US-Haushaltdefizit nimmt ab

Bank of Nova Scotia, Barclays, BNP Paribas, Citigroup Global Markets und RBC Capital Markets prognostizieren geringere Emissionsvolumen im vierten Quartal. Elf Unternehmen rechnen mit keinen Änderungen beim Ausgabevolumen. Daiwa Securities Group und Goldman Sachs Group gaben keine Schätzungen ab.

Das US-Finanzministerium hat am 10. Mai für den Monat April einen Haushaltsüberschuss von 112,9 Milliarden Dollar ausgewiesen. Das war der höchste Überschuss seit fünf Jahren. Die Einnahmen kletterten im April um 28 Prozent auf 406,7 Milliarden Dollar, während die Ausgaben um 13 Prozent auf 293,89 Milliarden Dollar zulegten. Das Defizit der ersten sieben Monate des laufenden Haushaltsjahres fiel damit um 32 Prozent auf 487,6 Milliarden Dollar.

“Die Defizitverbesserung war dem Zeitplan sehr weit voraus”, sagte Ted Wieseman, Ökonom von Morgan Stanley, am 9. Mai in einem Telefoninterview. “Änderungen bei den Emissionen, die wir erst im späteren Jahresverlauf erwartet hatten, mussten vorgezogen werden, allein wegen der positiven Überraschung beim Haushaltsausblick.”

Das CBO prognostiziert für das kommende Haushaltsjahr einen Rückgang des Defizits auf 616 Milliarden Dollar oder 3,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Für das Haushaltsjahr 2015 wird ein Fehlbetrag von 430 Milliarden Dollar erwartet. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 hatte das Haushaltsdefizit mit 1,42 Billionen Dollar beziehungsweise 10 Prozent des BIP seinen Höchststand erreicht.

“Abhängig von der weiteren Entwicklung der Haushaltslage könnte sich das US-Finanzministerium dazu entschließen, den Umfang der Kupon-Aktionen schrittweise zu verringern”, hieß es in einer Erklärung des Ministeriums am 1. Mai.

Das Haushaltsbüro des Kongresses geht allerdings davon aus, dass der Fehlbetrag in der Staatskasse in den kommenden Jahren wieder zunehmen wird, angesichts steigender Renten- und Gesundheitsausgaben. Für 2020 wird ein Defizit von 798 Milliarden Dollar erwartet.

“Irgendwann werden die Defizite wieder anfangen zu steigen”, sagte William Marshall, Zinsstratege von Credit Suisse in New York, am 6. Mai in einem Interview. “Selbst wenn das US-Finanzministerium seine Kupon-Emissionen in den nächsten paar Jahren verringert, wird es aufgrund von Tilgungen und steigenden Defiziten schon bald wieder seine Emissionen steigern müssen.”

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