Bergbaukonzerne Rohstoffriesen fürs Depot

Rohstoffe sind der Treibstoff der globalen Wirtschaft, die Industrie ist abhängig von nur wenigen Konzernen, die das Sagen haben. Was sie stark macht, warum sie auch für Anleger interessant sind.

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Riesen-Lastwagen von Rio-Tinto Quelle: Reuters

Als sich Ende Januar beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erstmals die neu gegründete Allianz zur Rohstoffsicherung traf, sprach Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler von einem „wichtigen Meilenstein“ für die deutsche Wirtschaft. Schließlich ginge es ja um den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Industrie. „Der Fokus des Unternehmens wird auf Rohstoffen liegen, bei denen ausgeprägte Versorgungsrisiken für die deutsche Industrie bestehen“, erläuterte BDI-Vizepräsident Ulrich Grillo. Die Rohstoffallianz, zu der auch Konzerne wie BASF, Bayer, BMW, Evonik, Georgsmarienhütte, Bosch und ThyssenKrupp gehören, hat das erklärte Ziel, bei der Rohstoffbeschaffung neue Wege zu beschreiten und Alternativen zur den bisherigen Lieferströmen zu suchen.

Rohstoffkonzerne an der Börse
Mine von Vale Quelle: Presse
Mine von Rio Tinto Quelle: rtr
Mine von BHP Billiton Quelle: Presse
Mine von Anglo American Quelle: rtr
Silberbarren von Glemncore Quelle: rtr
Chinesischer Minenarbeiter Quelle: rtr

Die Versorgungssicherheit für die rohstofflastigen Konzerne ist das große Thema für die deutsche Industrie. Und Angela Merkel hilft mit: Auf ihrer Reise in die Mongolei wurden neue Lieferverträge für Rohstoffe vereinbart, gerade erst unterzeichnete Deutschland anlässlich eines Auslandsbesuchs des kasachischen Staatspräsidenten Nasarbajew in Berlin eine neue Rohstoffpartnerschaft. Die deutsche Industrie soll die Chance erhalten, Vorkommen von Seltenen Erden in dem Land zu erforschen und vielleicht sogar zu fördern und im Gegenzug bei der Industrialisierung des Landes helfen. Kasachstan ist außerdem reich an Öl, Gas, Gold und Uran.

Begehrte Rohstoffe

Wenn von Versorgungssicherheit bei Rohstoffen die Rede ist, geht es im Kern um die Angst vor Knappheit und somit immer höheren Rohstoffpreisen. Den Unternehmen drohen somit steigende Kosten – und diesmal sind es nicht vor allem Spekulanten, die durch ihre massiven Käufe die Preise bei Stahl, Kohle oder Kupfer in die Höhe treiben. Es sind die großen Rohstoffförderer selbst. An ihnen kommt Denn auch deren Kosten steigen, weil die Personalkosten immer höher klettern und die Erschließung neuer Rohstoffvorkommen immer aufwändiger und kostspieliger wird. Die Großen der Branche werden so immer größer, weil sie am ehesten in der Lage sind, diesen hohen technischen und finanziellen Aufwand zu bewältigen.

Das Wachstum der Rohstoffkonzerne

Nickelmine im westaustralischen Ravensthorpe Quelle: dpa

Die enorme Finanzkraft und unbedingten Wachstumswillen verdeutlicht ein Blick auf die Nummer eins unter den Bergbaukonzernen, BHP Billiton. Der britisch-australische Minenkonzern ist der teuerste Rohstoffkonzern – das Unternehmen wird an der New Yorker Börse mit 204 Milliarden Dollar bewertet. Gerade erst legte der Konzern seine Halbjahreszahlen vor. BHP Billiton macht im zweiten Halbjahr 2011 (dem ersten Halbjahr des Geschäftsjahres) unvorstellbare 37,5 Milliarden Dollar Umsatz und satte 18,7 Milliarden US-Dollar Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen – ein Plus von mehr als acht Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Milliarden-Investitionen

Dennoch gingen die Nettoerlöse um rund sechs Prozent auf 9,9 Milliarden Dollar zurück. Der Grund: Der Konzern muss immer mehr hinblättern, um Rohstoffe zu fördern. BHP investiert massiv in neue Förderprojekte: die Erkundung neuer Vorkommen (Exploration), Abbau und Transport – BHP baut für mehr als 700 Millionen Dollar einen neuen Hafen – lässt sich der Konzern 27 Milliarden Dollar kosten. Das Ziel: Langfristig Kosten senken und die Rohstoff-Produktion ausdehnen.

Rohstoffaktien

Auch Erz-Rivale Rio Tinto investiert Milliarden-Beträge. Der britisch-australische Bergwerkskonzern hat einen milliardenschweren Ausbau seiner Eisenerzproduktion angekündigt. Er will in Pilbara in Westaustralien 3,4 Milliarden US-Dollar (2,6 Milliarden Euro) investieren. Die Region ist eine der wichtigsten Regionen der Welt für die Erzgewinnung. Rio Tinto fördert dort nach eigenen Angaben zurzeit 225 Millionen Tonnen Eisenerz im Jahr. Die Kapazität soll angesichts der wachsenden Nachfrage in Asien bis 2015 auf 356 Millionen Tonnen pro Jahr ausgebaut werden.

Brasilien: der zweitgrößte Rohstoffförderer

Beim brasilianischen Konkurrenten Vale fließen ebenso Unsummen in die Wachstumsstrategie: Wie das Portal emfis.com, eine spezielle Webseite für Schwellenländer-Investoren, meldet, will Vale traditionelle Geschäftsbereiche wie den Eisenerzabbau ausbauen und im Markt für Düngemittel wachsen. 2012 soll das Gesamt-Investitionsvolumen von Vale 21,4 Milliarden Dollar betragen, knapp zwei Drittel davon sollen in den Heimatmarkt Brasilien fließen. Insgesamt wollen die Südamerikaner in die Produktionsausweitung bis 2019 15 Milliarden Dollar pumpen. Schon 2013 will der Konzern 312 Millionen Tonnen Eisenerz abbauen. Daneben fördert Vale auch Kohle, Kupfer, Nickel sowie Kaliumkarbonat. Die Brasilianer sind mit einem Börsenwert von 140 Milliarden Dollar der zweitgrößte Rohstoffförderer der Welt. Danach folgen Rio Tinto, der Staatskonzern China Shenhua mit 65 Milliarden Dollar Börsenwert und Anglo American mit 61 Milliarden Dollar.

Hohe Gewinne, niedrige Abschreibungen

Rio Tino in Kitimat Quelle: dapd

Die Erschließung von Rohstoffvorkommen ist ein sehr kapitalintensives Geschäft. Aber bei den Giganten der Bergbaubranche sind Cash-Flow und Gewinnmarge so hoch, dass sie bei der Finanzierung solcher Vorhaben wenig Probleme haben. So erreichte BHP Billiton 2011 einen freien Cash-Flow von 13,6 Milliarden Dollar, Rio Tinto erzielte 2011 einen konsolidierten Cash-Flow von 26,6 Milliarden US-Dollar. Zudem sind bei den größten der Branche die Kassen prall gefüllt, so dass sie auch durch die Übernahme von Rohstoffförderern oder Explorationsunternehmen wachsen und ihre Marktanteile ausbauen können. Ähnliches passierte gerade durch die Fusion von Rohstoffhändler Glencore mit dem Minenbetreiber Xstrata, weitere Aufkäufe nicht ausgeschlossen.

Abstand zur Konkurrenz

Im gesamten Kalenderjahr 2011 verdiente BHP abgesehen von Sonderausgaben vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) 38,5 Milliarden Dollar und damit deutlich mehr als das frisch vermählte 90-Milliarden-Dollar Konzernpaar aus Glencore und Xstrata – vor allem dank des starken Geschäfts mit Eisenerz. Glencore und Xstrata kamen zusammen auf 16,2 Milliarden Dollar und erreichten damit noch nicht einmal die Hälfte dieser gewaltigen Summe.

Marktanteile der Rohstoffgiganten
EisenerzVale (19 %)Rio Tinto (13 %)BHP Billition (9 %)
KokskohleBHP Billliton (16 %)Mitusbishi Dev. (11 %)Fording Coal (6 %)
KraftwerkskohleGlencore/Xstrata (11 %)BHP Billiton (6 %)Bumi, Indonesien (6 %)
AluminiumRusal (10 %)Rio Tinto (9 %)Alcoa (9 %)
NickelNorilsk Nickel (17 %)Vale (8 %)BHP Billiton (8 %)
Quelle: UBS, Steelonthenet; Finanz & Wirtschaft vom 8.2.2012

Abschreibungen auf Aluminium

Grund für die Stärke von BHP ist genau wie bei dem wichtigsten Konkurrenten Rio Tinto vor allem das hoch profitable Eisenerz-Geschäft. Die Gewinnmarge von BHP Billiton erreicht den jüngsten Zahlen zufolge einen rekordverdächtigen Wert von 51 Prozent, während sich Glencore-Xstrata mit vergleichsweise mickrigen 7,7 Prozent begnügen müssen. Auch wenn BHP Billiton damit rechnet, dass die Rohstoffpreise wegen der unsicheren Konjunktur mindestens bis Jahresende anfällig für Schwankungen bleiben, wird der Rohstoffriese weiter glänzende Geschäfte machen.

Gleiches gilt im Grunde auch für die Nummer drei der Branche. Der ebenfalls britisch-australische Bergbauriese Rio Tinto ist an der Londoner Börse umgerechnet 122 Milliarden Dollar wert. Gerade präsentierte der Konzern seine Zahlen für das Jahr 2011 mit einem Umsatz von mehr als 65 Milliarden Dollar und einem Netto-Gewinn von 5,8 Milliarden Dollar. Wären da nicht auch noch Abschreibungen auf die Aluminium-Sparte des Konzern in Höhe von 8,9 Milliarden Dollar gewesen, hätte der Gewinn sogar mehr als doppelt so hoch ausfallen können.

Langsames Wachstum in China

Eisenerz Quelle: AP

So fiel er um fast 60 Prozent. Im zweiten Halbjahr 2011 rutschte der Konzern damit sogar in die roten Zahlen und fuhr einen Verlust von 1,8 Milliarden Dollar ein – erstmals seit vier Jahren. Obwohl der Konzern Milliarden verdiente und hohe Abschreibungen auf das Aluminium-Geschäft erwartet worden waren, verzichteten Konzernchef Tom Albanese und Finanzchef Guy Elliott deshalb auf ihre Boni.

Brummendes Geschäft
Rio Tinto hatte zum Höhepunkt des Rohstoff-Booms 2007 unter der Führung von Albanese für 38 Milliarden Dollar den Alu-Hersteller Alcan übernommen. Die Aktionäre besänftigte das Unternehmen mit einer kräftigen Dividendenerhöhung um ein Drittel. Ohne Sonderposten wie der Abschreibung sank der Gewinn um sechs Prozent auf 7,77 Milliarden Dollar und fiel damit etwas höher aus als von Branchenexperten erwartet. Wie bei dem Rivalen BHP Billiton war das hochprofitable Eisenerz-Geschäft für den Löwenanteil des Gewinns verantwortlich. Allein in dieser Sparte stieg der Gewinn um 14 Prozent auf 6,9 Milliarden Dollar. Die Alu-Sparte dagegen schaffte es nur ganz knapp in die schwarzen Zahlen. Das Geschäft brummt also.

Konjunkturrisiken

Die Branche betont – so wie BHP Billiton bei der Präsentation der Halbjahreszahlen – gerne die Risiken durch die Verlangsamung des Wachstumstempos in China, dem größten Abnehmer für Eisenerze weltweit. Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank, glaubt allerdings nicht an einen Rückgang der chinesischen Erznachfrage: „Jedes Jahr höre ich von der Verlangsamung in China, aber faktisch spricht vieles dagegen. Die Inflationsgefahr scheint dort gebannt zu sein und Chinas Zentralbank sowie die Regierung haben reichlich Munition, um etwas gegen den Abschwung zu tun“, fasst Weinberg zusammen. So könnten etwa Immobilienkäufer neue Erleichterungen erhalten, nachdem der Markt lange vom Staat gebremst wurde, die Zinsen könnten gesenkt und Konjunkturprogramme aufgelegt werden. „Ich bin hinsichtlich der Rohstoffnachfrage auch China derzeit sehr entspannt“, gibt Weinberg zu.

Anleger sollten bei der Auswahl von Rohstoffaktien dennoch ein Auge auf den chinesischen Markt haben. Sollten Chinas Rohstoffhändler ihre Nachfrage wieder steigern, könnte ein günstiger Einstiegszeitpunkt gekommen sein. Auch eine erneute Öffnung der Geldschleusen durch die US-Notenbank ist ein mögliches Kaufsignal. Ein Investment dürfte sich dann vor allem bei den breit aufgestellten Minenwerten wie BHP Billiton, Rio Tinto oder auch Glencore-Xstrata auszahlen. Nicht zuletzt, weil meist eine attraktive Dividende winkt. So tröstete Rio Tinto seine Aktionäre gerade wegen des Verlusts im zweiten Halbjahr mit einer Erhöhung der Dividende um 37 US-Cent auf 1,45 Dollar - ein Plus von 34 Prozent.

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