Bitcoin und Co. Südkorea droht mit Krypto-Handelsverbot

Wie kein anderes Land der Welt ist Südkorea im virtuellen Währungsfieber. Die Regierung will die Spekulation beenden. Nach mehreren Warnungen droht sie erstmals mit einem Handelsverbot – und verschreckt so die Anleger.

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Bitcoin: Südkorea droht mit Handelsverbot für Bitcoin und Co. Quelle: Bloomberg

Tokio/Peking Eigentlich war Südkoreas größte Börse für Kryptowährungen, Bithumb, mit großen Plänen ins neue Jahr gestartet: 400 Jobs wollte man schaffen, um den Hunger nach virtuellen Münzen im drittgrößten Markt der Welt zu befriedigen. Doch jetzt bedroht der Regulierungseifer von Südkoreas Regierung alle ambitionierten Visionen. Erst am Mittwoch hatten die Behörden Bithump auf der Suche nach Steuerhinterziehern und Geldwäsche gefilzt, andere Finanzinstitute mussten ähnliche Durchsuchungen über sich ergehen lassen.

Am heutigen Donnerstag folgt ein noch härterer Schlag: Südkoreas Justizminister Park Sang-ki sagte, die Regierung hege „große Sorgen“ wegen des Krypto-Booms im Land. Das Justizministerium bereite daher ein Gesetz vor, das ein Verbot der Krypto-Handelsplattformen enthält. Details zu den Planungen nannte der Minister nicht.

Die Nachricht erreicht den Markt zur Unzeit. Seit Anfang dieser Woche befinden sich die Kurse praktisch aller wichtigen Kryptowährungen im Sinkflug. Nach der Warnung aus Seoul schmierten die Kurse der zwölf auf Bithumb gehandelten virtuellen Währungen prompt um 20 Prozent und mehr ab. Auch weltweit war die Reaktion der Investoren auf die Pläne des Ministers zu spüren. Denn im Bitcoin-Universum ist Südkorea mit seinen gerade einmal 51 Millionen Einwohnern eine finanzielle Großmacht.

Für die Kryptowährung ist Südkorea nach Japan und den USA der drittgrößte Markt. Bei Ether, der Währung des Ethereum-Konsortiums, führt das Land laut dem amerikanischen Technikmagazin Technology Review Ende 2017 mit einem Handelsanteil von 33 Prozent sogar die Liga der Umschlagplätze an. Daher beobachten die Investoren sehr genau, mit welch drakonischen Mitteln Südkoreas Regierung den Wildwuchs zähmen will.

Im günstigsten Fall eifert Südkorea letztlich dem Nachbarn Japan nach. Dort versucht die Regierung mit einer frühen Regulierung von Börsen und Währungen die Innovationswelle so zu lenken, dass die Banken des Landes die globalen Trends mitbestimmen. Im schlechtesten Fall schließt sich Südkorea der Haudrauf-Mentalität Chinas an, wo die Behörden den Bitcoin-Boom spekulierender Privatleute mit harten Verboten brechen wollten. Schon vor einem halben Jahr wurde der Handel mit der umstrittenen Digitalwährung verboten.

Vergangene Woche ordnete eine von der chinesischen Zentralbank geleitete Task Force einen ordentlichen Rückzug der chinesischen Minen aus ihrem Geschäft an. Im Reich der Mitte werden momentan fast 80 Prozent aller neuen digitalen Münzen erzeugt, hat die in New York ansässige Marktforschungsfirma Chainalysis errechnet. Eine Frist für den Rückzug der Miner aus China gibt es jedoch offenbar nicht.


Die Goldrausch-Stimmung soll enden

Südkorea wiederum schien bisher den Handel nur massiv eindämmen, aber nicht gänzlich verbieten zu wollen. Die Ausgabe neuer Währungen wurde verboten, Spekulationsgewinne der Besteuerung unterworfen. In der Folge drängte die Regierung die Börsen, sich stärker selbst zu regulieren. Auch der Handel über anonyme Konten sollte verboten werden. Diese stellen eigentlich ein wichtiges Merkmal des libertär geprägten Bitcoin-Netzwerks dar.

Immer wieder drohte das Justizministerium allerdings auch mit einem kompletten Handelsverbot. Denn die Regierung sorgt sich nicht ohne Grund vor finanziellen Folgen eines Crashs der virtuellen Währungen, vor Betrug, Steuerhinterziehung, Geldwäsche und anderen unsauberen Finanztransaktionen.

2017 herrschte auf Ostasiens Krypto-Märkten eine Stimmung wie beim Goldrausch im Wilden Westen, inklusive aller Schattenseiten. Neben den Südkoreanern sind auch die Chinesen vom Währungsfieber infiziert. Viele Manager, Hausfrauen, alt und junge Privatanleger setzen mit Teilen ihres Ersparten auf Krypto-Kursgewinne. Zwei Millionen Währungszocker soll es im kleinen Korea geben, die laut Umfragen im Schnitt 5.000 Euro investiert haben.

Die Nachfrage ist zuletzt sogar so hoch gewesen, dass die Koreaner an ihren Börsen bis zu 30 Prozent mehr für die virtuellen Münzen zahlen mussten als die Anleger auf anderen Märkten. Schon diese sogenannte „Kimchi-Prämie“, benannt nach der berühmten koreanischen Essensbeilage aus scharf eingelegtem Weißkohl, stieß der Regierung übel auf. Noch schlimmer waren die zahlreichen Meldungen über Betrugsfälle, bei denen unbescholtene Anleger abgezockt wurden.

Ende 2018 hatte Südkorea einen Betrügerring ausgehoben, der – hinter der Fassade einer vermeintlichen Ether-Mine – über 200 Millionen US-Dollar eingesammelt hatte. Mehr als 10.000 Südkoreaner waren Opfer der Betrüger hinter „Mining Max“ geworden. Als wäre das nicht schon der schlechten Nachrichten genug, lockten darüber hinaus die schlecht geschützten südkoreanischen Börsen auch noch Nordkoreas Staatshacker an, die auf eine Art digitalen Devisendiebstahls spezialisiert sind. Nach einem zweiten Raubzug innerhalb eines Jahres ging im Dezember die Börse Youbit pleite.

Die bisher kaum regulierten Börsen haben daher auf den amtlichen Druck bereits reagiert und ihre Geschäftsbedingungen verschärft. Minderjährige und Ausländer können beispielsweise bei Bithumb keine Konten mehr eröffnen. Doch offenbar reicht die Selbstverpflichtung der Regierung noch nicht.

Den südkoreanischen Banken ist der Handel mit Bitcoin und Co. schon seit längerem verboten. Anfang der Woche kündigte die Regierung nun an, sechs Banken zu inspizieren. Besonders interessiert sind die Behörden an virtuellen Konten der Börsen bei Banken. Die Aufseher wollen damit nicht nur den Boom bremsen, sondern auch Geldwäsche unterbinden. Der Experte Oh Jeong-keun, Professor an der südkoreanischen Konkuk Universität, warnte kürzlich in der Korea Times, dass Südkorea die virtuellen Währungen noch stärker eingrenzen werde. Das genaue Ausmaß der Maßnahmen ist noch nicht absehbar.

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