Börse New York Heiße Woche für US-Anleger

Schafft die es die größte Volkswirtschaft der Welt wieder ein ordentliches Wirtschaftswachstum? Zahlreiche Konjunkturdaten geben Auskunft. Die Spannung bei den Anlegern steigt.

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Händler in New York. Quelle: dpa

Den erfolgsverwöhnten Börsen könnte in der nächsten Woche vorübergehend die Luft ausgehen. Investoren fürchten nämlich allzu gute Arbeitsmarktdaten aus den USA. Sie könnten das Ende der lockeren Geldpolitik einläuten, die seit Monaten die Aktienmärkte von Rekord zu Rekord treibt.

Einen Vorgeschmack erlebten die Börsen in der vorletzten Woche, als US-Notenbankchef Ben Bernanke eine Einschränkung der Anleihekäufe andeutete, was die Kurse nach unten trieb. Die Markteilnehmer, die auf billiges Geld setzten, stünden möglicherweise vor dem Ausstieg, sagt Quincy Krosby von Prudential Financial.

Die Stunde der Wahrheit schlägt den Börsianern, wenn am Freitag die US-Arbeitsmarktdaten für Mai veröffentlicht werden. Für Volkswirte ist ein stetiger Anstieg der Beschäftigtenzahl um mindestens 200.000 pro Monat notwendig zum Abbau der hohen Arbeitslosigkeit.

Von Reuters befragte Ökonomen gehen im Schnitt davon aus, dass die US-Firmen rund 168.000 Menschen neu eingestellt haben, was leicht über dem April-Plus von 165.000 liegen würde. Commerzbank-Volkswirt Bernd Weidensteiner zufolge geben die US-Arbeitsmarktdaten den weiteren Kurs vor. "Je stärker die Zahlen ausfallen, desto schneller wird sich die Fed zu einem Kurswechsel durchringen."

Am Montag stehen mit dem ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe weitere wichtige Industriedaten aus den Vereinigten Staaten an. "Die Marke von 50 Punkten ist weniger realwirtschaftlich als psychologisch wichtig, da kommt es für die Anleger genau auf die Nachkommastelle an", sagt Stratege Basse. Genau beäugen werden die Anleger auch frische Konjunkturindikatoren aus China. Der bereits am Samstag vorgelegte offizielle Einkaufsmanagerindex wies leicht nach oben. Zuletzt hatten enttäuschende Daten aus China heftige Gewinnmitnahmen an den weltweiten Börsen ausgelöst.

Die Wall Street ist am Freitag mit deutlichen Verlusten aus dem Handel gegangen. Viele Anleger wollten kurz vor Handelsschluss ihre Positionen zum Monatsende bereinigen, erklärten Analysten das Minus. "Sie denken sich, warum nicht ein paar Gewinne einstreichen nach der ordentlichen Rally diesen Monat und in diesem Jahr", sagte Joe Saluzzi von Themis Trading.


Kräftige Kursgewinne

Den Mai beendeten die US-Aktienmärkte dennoch den siebten Monat in Folge mit Kursgewinnen. Damit widersprachen sie der alten Börsenweisheit "Sell in May and go away" ("Verkauf im Mai und verabschiede dich"). Der Mai gilt traditionell als schwacher Börsenmonat. Zuvor hatten sich die Börsianer über weite Strecken des Tages zunächst ein munteres Pingpong-Spiel geliefert. Während die einen Gewinne mitnahmen, gingen andere nach jedem Kursrückgang auf Schnäppchenjagd.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte ging 1,4 Prozent tiefer mit 15.116 Punkten aus dem Handel. Der breiter gefasste S&P-500 verlor ebenfalls 1,4 Prozent auf 1630 Zähler. Der Technologie-Index Nasdaq fiel ein Prozent auf 3455 Stellen. Der Dax verabschiedete sich 0,6 Prozent schwächer mit 8348,84 Punkten ins Wochenende.

Auf Wochensicht betrug das Minus für den Dow 1,2 Prozent, für den S&P 1,1 Prozent und für die Nasdaq 0,1 Prozent. Dagegen rückte der Dow im Monatsvergleich 1,9 Prozent vor, der S&P gewann 2,1 Prozent und die Nasdaq 3,8 Prozent. Der S&P 500 legte zudem mit einem Plus von über 14 Prozent seit Januar den besten Jahresstart seit 1997 hin.

Die Frage, wann die US-Notenbank ihre Konjunkturhilfen zurückfahren wird, sorgt dennoch unter den Investoren für große Unsicherheit. Gemischte Konjunkturdaten deuteten darauf hin, dass die Fed den Geldhahn noch eine Weile offen lassen wird: So gingen die Konsumausgaben im April überraschend erstmals seit knapp einem Jahr zurück.

"Die Daten bestätigen, dass die Fed noch weit davon entfernt ist, die Zinsen zur Kontrolle der Inflation erhöhen zu müssen", erklärte Tim Ghriskey von der Solaris Group. Dagegen spricht der Konjunkturindex der Chicagoer Einkaufsmanager, der im Mai unerwartet auf 58,7 Punkte von 49 Zählern im Vormonat kletterte. Damit stieg die Stimmung der US-Verbraucher auf den höchsten Stand seit Juli 2007.


Jetzt noch einsteigen?

Das Umfeld sei für die Aktien im Grunde ideal, sagte Kristina Hooper, Chef-Portfoliostrategin bei Allianz Global Investors in New York. Die Wirtschaft erhole sich zwar, aber nicht so stark, dass die US-Notenbank Fed die Zügel in ihrer Geldpolitik bald anziehen werde.

Die Fed kauft derzeit Anleihen und Immobilienpapiere im Volumen von 85 Milliarden Dollar monatlich, um damit die heimische Konjunktur anzukurbeln. Sie will damit so lange fortfahren, bis die Arbeitslosenquote auf 6,5 Prozent von derzeit 7,5 Prozent gefallen ist. In den vergangenen Wochen hatten einige Fed-Vertreter allerdings laut darüber nachgedacht, die Käufe zu drosseln, sollte sich die US-Konjunktur deutlich erholen.

Unter den Einzelwerten standen unter anderem Palo Alto Networks im Blick, die zehn Prozent abrutschten. Der Spezialist für Netzsicherheit hatte einen enttäuschenden Ausblick vorgelegt.

Dagegen gehörten Krispy Kreme zu den größten Gewinnern. Dank eines Quartalsergebnisses über Markterwartungen und eines angehobenen Ausblicks schossen die Aktien des Betreibers von Doughnut-Bäckereien um 21 Prozent in die Höhe.

Lions Gate kletterten um knapp drei Prozent, weil der Produzent der "Twilight"-Trilogie und des Films "The Hunger Games - Die Tribute von Panem" mit seinem Quartalsergebnis ebenfalls positiv überraschte.

An der New York Stock Exchange wechselten rund 1,13 Milliarden Aktien den Besitzer. 458 Werte legten zu, 2572 gaben nach und 72 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 1,83 Milliarden Aktien 693 im Plus, 1787 im Minus und 117 unverändert.

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