Die Unsicherheit an den Märkten wächst: Die Aktienindizes notieren auf oder Nahe ihrer Rekordhochs. Gerade erst hat der Dax die Marke von 13.000 Punkten überwunden – das erste Mal in seiner Geschichte. Die Bewertungen deutscher aber vor allem amerikanischer Aktien sind nicht mehr günstig, wenn auch nicht überteuert. Getrieben wurde die Rally, die mittlerweile in ihrem neunten Jahr läuft, von der Geldpolitik der weltweiten Notenbanken. Und genau die bereitet Anlegern mehr und mehr Sorgen.
Die deutsche Finanzbranche ist sich geschlossen darüber einig (92 Prozent), dass sich Blasen an den europäischen Finanzmärkten durch die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) gebildet haben oder bilden werden, wenn die EZB diese Politik fortsetzt. Das hat eine aktuelle Umfrage des Center for Financial Studies, einem Forschungsinstitut der Goethe-Universität in Frankfurt, ergeben. Auch politische Risiken bereiten Investoren zusehends Sorgen. Diese halten immerhin 79 Prozent der im „European Senior Fixed-Income Investor Survey“ der Ratingagentur Fitch für hoch. Die Märkte steigen trotzdem weiter.
Sind Anleger vielleicht doch zu sorglos? Warren Buffett warnte einst: „Der dümmste Grund eine Aktie zu kaufen ist, weil sie steigt.“ Und was für Einzelaktien gilt, das gilt in der Regel auch für den Gesamtmarkt. Aber stimmt die Börsenweisheit des Superinvestors überhaupt? Ja, sagt Lars Edler, Co-CIO der Deutsche-Bank-Tochter Sal. Oppenheim. Was allerdings nicht stimme, sei der Umkehrschluss. „Es kann durchaus sinnvoll sein, eine Aktie zu kaufen, die steigt“, sagt er. „Dies sollte aber nicht der Kaufgrund sein.“
Die Aktien-Dauerbrenner der letzten 10 Jahre
Branche: Touristik
Land: Thailand
Jährlicher Gesamtertrag: 57 Prozent
(Jeweils der Gesamtertrag für Aktionäre u. a. aus Kursgewinnen und Dividenden von 2001 bis 2016 und 2006 bis 2016. Unternehmen über zehn Milliarden Dollar Börsenwert)
Quelle: BCG
Branche: Medien
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 42 Prozent
Branche: Medien
Land: China
Jährlicher Gesamtertrag: 41 Prozent
Branche: Luftfahrt
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 33 Prozent
Branche: Finanzen
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 27 Prozent
Gehört zu den Empfehlungen der WirtschaftsWoche
Branche: Technologie
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 27 Prozent
Branche: Technologie
Land: China
Jährlicher Gesamtertrag: 26 Prozent
Branche: Finanzen
Land: Vereinigte Arabische Emirate
Jährlicher Gesamtertrag: 20 Prozent
Branche: Konsumgüter
Land: Südkorea
Jährlicher Gesamtertrag: 19 Prozent
Vielmehr sollten die Fragen nach zu niedrigen Bewertungen für bestimmte Titel, nach vorne gerichtete Erwartungen über das Geschäftsmodell, eine gesunde Bilanzstruktur, aber auch die relative Attraktivität von Aktien gegenüber anderen Anlageklassen im Vordergrund stehen. „Wenn diese Faktoren für einen Kauf sprechen, dann ist es auch nicht ‚schlimm‘, wenn die Aktie bereits steigt“, so Edler.
Steigende Kurse locken Anleger an. Nicht umsonst heißt eine weitere Börsenweisheit von Warren Buffett: „Steigen die Kurse, kommen die Privatanleger. Fallen die Kurse, gehen die Privatanleger.“ Das Gegenteil des antizyklischen Handelns. Vor allem Rekorde ziehen Anleger an. Wenn die anderen feiern, dann will man dabei sein. Leider kaufen diese Anleger dann häufig, wenn die Party eigentlich schon vorbei ist und die Korrektur droht. Aber das muss natürlich nicht sein. Wann eine Börsenrally endet, weiß niemand. Crashs kommen meistens sehr plötzlich und überraschend.
Die Aktien-Dauerbrenner der letzten 10 Jahre
Branche: Medien
Land: China
Jährlicher Gesamtertrag: 61 Prozent
(Jeweils der Gesamtertrag für Aktionäre u. a. aus Kursgewinnen und Dividenden von 2001 bis 2016 und 2006 bis 2016. Unternehmen über zehn Milliarden Dollar Börsenwert)
Quelle: BCG
Branche: Finanzen
Land: Indien
Jährlicher Gesamtertrag: 47 Prozent
Branche: Finanzen
Land: Indien
Jährlicher Gesamtertrag: 37 Prozent
Branche: Handel
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 42 Prozent
Branche: Pharma
Land: China
Jährlicher Gesamtertrag: 28 Prozent
Branche: Konsumgüter
Land: USA
Jährlicher Gesamtertrag: 22 Prozent
Und das nicht nur, wenn Märkte gerade Rekorde feiern. „Die Gefahr auf dem Hoch eines Marktes einzusteigen besteht immer, also unabhängig davon, auf welchem Stand wir uns befinden“, sagt Andreas Wex, Leiter Kapitalmarktanalyse im Privatkundengeschäft der Commerzbank. „Aber wir erwarten nicht, dass wir uns aktuell auf einem derartigen Hoch befinden.“ Das fundamentale Umfeld sei dafür einfach zu stabil und es gebe weiterhin kaum attraktive Alternativen zum Aktienmarkt.
Das heißt aber nicht, dass Kursrücksetzer – auch heftigere – ausgeschlossen sind. „Die Gefahr kurzfristiger Korrekturen am Aktienmarkt besteht immer“, sagt Edler. Daher gehören sie auch zu den risikobehafteten Anlageklassen. „Die gegenüber Rentenpapieren höhere Risikoprämie, die mit Aktieninvestments üblicherweise einhergeht, soll den Investoren ja gerade für dieses höhere Risiko kompensieren.“ Momentan sei das größte Risiko für die Aktienmärkte der Entzug von Liquidität durch die Zentralbanken. Sollte dieser zu stark oder zu plötzlich ausfallen, droht Ungemach.