Brent-Öl über 70 Dollar Eine beeindruckende Preisrally

Öl kostet erstmals seit 2014 wieder 70 Dollar je Barrel. Marktbeobachter schließen sogar 80 Dollar nicht mehr aus. Das sorgt jedoch für neue Sorgenfalten bei der Opec. Weshalb die Rally nicht von Dauer sein wird.

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Dass der Ölpreis steigt, bedeutet nicht, dass sich das Thema Schieferöl-Förderung erledigt hat. Die Technik wird immer beliebter. Quelle: dpa

Frankfurt Gut sechs Monate hat die aktuelle Ölpreisrally gebraucht, um eine lange nicht dagewesene Marke zu knacken: Der Preis für ein Fass (159 Liter) des Nordseeöls Brent ist am Donnerstagabend erstmals seit Dezember 2014 wieder kurzzeitig über 70 Dollar gestiegen. Das ist bei Weitem keine Randnotiz für Nordseeöl. Brent ist die wichtigste Preis-Orientierungsmarke am Ölmarkt, an ihr richten sich die Verkaufspreise von mehr als der Hälfte allen weltweit gehandelten Öls.

Auch die Tatsache, dass der Preis am Freitag wieder leicht nachgab und unter 70 Dollar fiel, soll nicht über die überraschende Rally hinwegtäuschen. Treiber des derzeitigen Ölaufschwungs sind allen voran die starke globale Nachfrage und die Ölförderkürzungen der Organisation erdölexportierender Staaten (Opec). Ging die Opec zu Beginn des vergangenen Jahres noch von einem Nachfrageanstieg von 1,2 Millionen Barrel pro Tag aus, standen Ende 2017 unter dem Strich mehr als 1,5 Millionen Barrel.

Noch vor einem Jahr hätte kaum jemand einen Heller darauf verwettet, dass Öl so schnell so teuer wird. Zum Vergleich: Im Juni kostete ein Barrel Brent gerade einmal 46 Dollar. Glaubte man den Prognosen der Analysten damals, sollte Brent heute bei 59 Dollar stehen – also weit von den tatsächlichen Preisen entfernt.

Zunichte gemacht hat die Prognosen, neben der großen Nachfrage, auch die Opec. Gemeinsam mit zehn weiteren Ländern, darunter Russland, entzieht das Kartell dem Markt derzeit 1,8 Millionen Barrel Öl am Tag. Damit will das Kartell das lange Zeit vorherrschende Überangebot am Markt und die hohen Lagervorräte abbauen. Der Plan geht offenbar auf: Seit Monaten sinken die Vorräte in den OECD-Staaten und in den USA.

In der vergangenen Woche machte die wenig überraschende Nachricht die Runde, dass die Rohöl-Bestände in den USA auf den niedrigsten Stand seit August 2015 gefallen seien – das gab dem Ölpreis dann den jüngsten Schub über 70 Dollar. Mancher Analyst, etwa jene der Citigroup oder Byron Wien von Blackstone, schließt angesichts der anhaltend guten Laune nicht mehr aus, dass sich Öl auf 80 Dollar verteuern könnte.

Derart hohe Preise waren eigentlich undenkbar. Die Masse an Schieferöl aus den USA hatte zwischen 2014 und 2016 den Ölpreis von mehr als 110 auf unter 30 Dollar einbrechen lassen. Schieferöl wird mithilfe eines Gemischs aus Wasser, Sand und Chemikalien aus porösem Gestein gesprengt.

Steigende Ölpreise bedeuten aber nicht, dass sich das Thema Schieferöl erledigt hat. Im Gegenteil: Die Internationale Energieagentur geht davon aus, dass 80 Prozent des gesamten neuen Ölangebots bis 2025 aus Schieferöl stammen wird. Allein in diesem Jahr gehen Experten davon aus, dass die Schieferölproduktion um eine Million Barrel steigt und die Ölproduktion der USA deutlich über 10 Millionen Barrel schiebt.

Steigt der Ölpreis weiter, lohnt sich der Einstieg in den Ölmarkt für immer mehr Schieferölproduzenten. Die Freude über die Preisrally hält sich bei der Opec daher in Grenzen. Der iranische Ölminister, Bijan Namdar Zanganeh, beklagte jüngst, dass dem Kartell eher an einem Preis um die 60 Dollar gelegen ist, eben aus Furcht vor einer neuen Schieferölschwemme.

Jeff Currie, Chef-Rohstoffanalyst von Goldman Sachs, geht daher davon aus, dass die Opec schon bald reagieren muss. Die Förderkürzung des Ölkartells läuft offiziell zwar noch bis Ende des Jahres. Allerdings werde das Kartell schon ab Juli allmählich wieder mehr Öl fördern. Damit könnte es den Preis senken, zusätzliche Konkurrenz aus den USA auf Abstand halten und die gute Nachfrage intakt halten. Denn je teurer Öl wird, desto größer wird auch die Gefahr, dass die Nachfrage wieder geringer wird.

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