Bundesanleihen Anleihenhändler wollen deutsche Schulden

Investoren müssen bezahlen, wenn sie dem Staat Geld leihen wollen: Bei der Auktion einer Bundesanleihe in der vergangenen Woche sackte die Rendite fast ein Prozent unter die Nulllinie. Und es könnte weiter bergab gehen.

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Die Europäische Zentralbank darf auch kurzlaufende Anleihen mit negativer Verzinsung erwerben. Das weckt Begehrlichkeiten auch bei Anleihenhändlern. Quelle: dpa

London Schuldenmachen wird für Deutschland immer lukrativer. Wertpapierhändlern und Zinsexperten zufolge tragen dazu auch die angepassten Regeln der Europäischen Zentralbank bei, die es der EZB erlauben, kurzlaufende Anleihen mit einer stark negativen Verzinsung zu erwerben. Die Folge: Erstmals wurde in dieser Woche bei der Auktion einer zweijährigen Bundesanleihe eine Negativ-Rendite von minus 0,92 Prozent erzielt. Das bedeutet, dass Investoren in Deutschland fast ein Prozent dafür bezahlen, dem Staat Geld leihen zu dürfen.

„Jeder Händler will diese Papiere erwerben, weil er sie der Zentralbank weiterverkaufen will“, erklärt DZ-Bank-Analyst Rene Albrecht. Die Euro-Wächter hatten im Dezember beschlossen, auch Bonds mit einer Laufzeit von einem Jahr zu erwerben und nicht nur solche mit Laufzeiten zwischen zwei und 30 Jahren. Auch für Käufe von Anleihen mit Renditen unter dem sogenannten Einlagenzins von aktuell minus 0,4 Prozent gab der EZB-Rat den Weg frei. Damit hat die Notenbank eine breitere Auswahl. Drohende Engpässe am Markt sollen so verhindert werden. Im Januar wurden dann auch erstmals Bundesanleihen mit Renditen unterhalb des Einlagensatzes in die Bücher genommen.

„Ich glaube, wir werden innerhalb der nächsten Wochen bei zweijährigen Titeln eine Rendite von minus ein Prozent erreichen“, schätzt der Zinsexperte Martin van Vliet von der niederländischen Großbank ING. In der vergangenen Woche hatten solche Titel am Markt mit minus 0,964 Prozent bereits so niedrig rentiert wie noch nie. Viele Banken gehen davon aus, dass die Währungshüter bald an das von ihr selbstgesetzte Limit stoßen, das es ihnen verbietet, mehr als 33 Prozent der Anleiheschulden eines Euro-Landes zu halten.

Bundesbank stößt langsam an Grenzen

„Das Fazit lautet, dass der EZB die zu kaufenden deutschen Anleihen ausgehen und dass das Programm an seine Grenze stößt“, so Kim Liu vom Bankhaus ABN Amro. Sollte die Bundesbank in dem Umfang weiterkaufen wie bisher, könnten die Grenzen bereits im Juni erreicht werden. Allerdings hat der Bund signalisiert, bei Bedarf zusätzliche Anleihen auszugeben, um Verwerfungen an der Börse zu verhindern.

Die EZB kauft seit März 2015 Staatsanleihen der Euro-Länder. Zuletzt wurde das Programm im Dezember verlängert und soll jetzt bis Ende 2017 laufen. Dadurch steigt das Gesamtvolumen inklusive anderer Wertpapiere wie Regionalbonds oder Firmenanleihen um 540 Milliarden auf 2,28 Billionen Euro.

Die Euro-Notenbank könnte in den nächsten Wochen noch weitere Stellschrauben des Programms ändern, um den Umfang kauffähiger Papiere zu erweitern und damit Engpässen vorzubeugen. Die radikalste Option wäre es, den sogenannten Kapitalschlüssel aufzugeben, erklärt Analyst Peter Chatwell vom Bankhaus Mizuho. Nach seiner Einschätzung wird die EZB an diesem Kerngerüst der Käufe jedoch nur im äußersten Notfall rütteln. „Sie werden das nicht abschaffen, ohne dass es eine Krise gibt.“ Dieser Eckpfeiler des Programms sorgt unter anderem dafür, dass mehr Schuldtitel derjenigen Länder erworben werden, die der EZB auch mehr Eigenkapital zur Verfügung stellen. Der Anteil der auf ein Land entfallenden Käufe spiegelt dabei auch die jeweilige Wirtschaftskraft wider. Auf deutsche Titel entfallen deshalb besonders viele Transaktionen.

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