Dax-Umfrage „Es fehlt ein zündender Funke“

Die Wahl des neuen US-Präsidenten ist das beherrschende Thema für Börsianer, die Unsicherheit ist derzeit groß. Eine exklusive Analyse zeigt, welche Auswirkungen das Votum auf die Aktienmärkte haben dürfte.

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Kommt es nach den US-Wahlen zu einem Feuerwerk an die Aktienmärkten. Laut der Sentimentanalyse stehen die Zeichen für eine Jahresendrally gut.

Düsseldorf Vor einer Woche schloss Sentimentexperte Stephan Heibel ein nachhaltiges Überspringen der 10.800 Punkte im Dax aus. Obwohl der Dax am Montag diese Marke überwand und damit ein neues Jahreshoch erreichte. Viele Anleger jubelten und freuten sich: Nun muss die Jahresendrally losgehen, oder?

Doch schon bei 10.810 Punkten war vor genau einer Woche Schluss. Am Dienstag früh folgte der nächste Versuch, diesmal ging es bis 10.823 Punkte. Doch erneut blieben Folgekäufe aus – genau wie Heibel im Rahmen der Sentimentanalyse vor einer Woche in Aussicht gestellt hatte. „Der Optimismus unter Vorbehalt, der sich nur auf eine begrenzte Zeit bezieht, dürfte zu Kursen über 10.800 Punkte schon bald für Gewinnmitnahmen sorgen“, sagte er am vergangenen Montag.

Basis für Heibels Prognosen ist die wöchentliche Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment unter mehr als 2300 Anlegern. Die Qualität seiner Vorhersagen ist sehr gut: So hatte der Inhaber des Analysehauses Animusx beispielsweise Mitte September 2016 zum schrittweisen Einstieg geraten, als der Dax bei 10.300 Punkten stand und sich anschließend deutlich erholte. Und Mitte Oktober hielt er nach einer Umfrage mit der Überschrift „Der Oktober-Crash fällt aus“ einen Dax-Rutsch unter die Marke von 10.200 Zählern für unwahrscheinlich, was sich ebenfalls als richtig erwies.

Aktuell spricht die Saisonalität nun für einen Ausbruch des Dax aus der mehrmonatigen Handelsspanne zwischen 10.200 und 10.800 Punkten nach oben. Und zwar jetzt. Von November bis April werden die größten Kursgewinne am Aktienmarkt erzielt, während in den Sommermonaten bis Oktober traditionell eher die Crashs kommen. Aber reicht denn der leichte Rückschlag im Dax vergangene Woche, um den Bullen genügend Munition für den nächsten Ausbruchsversuch zu liefern?

Die Stimmung hat laut der Umfrage vom Wochenende durch den gescheiterten Ausbruchsversuch einen Dämpfer bekommen. Nur noch 17 Prozent (minus zwölf Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche) betrachten die aktuelle Bewegung im Dax als Aufwärtsimpuls, zwölf Prozent (plus sechs Prozentpunkte) sehen einen Abwärtsimpuls. Die meisten akzeptieren die Seitwärtsbewegung im Dax (plus sieben Prozentpunkte auf 59 Prozent).

Die große Neutralität in der Stimmung spiegelt sich auch in der Selbstzufriedenheit wider – ablesbar an den Antworten auf die Frage, ob sich die Erwartungen zum Dax in der vergangenen Woche erfüllt haben. Denn nur sieben Prozent (minus vier Prozentpunkte) der Umfrageteilnehmer geben an, auf diese Entwicklung im Dax spekuliert zu haben, zwölf Prozent (plus vier Prozentpunkte) wurden auf dem falschen Fuß erwischt.

Die meisten geben entsprechend ihrer neutralen Stimmung an, die Entwicklung so zum größten Teil (minus 15 Prozentpunkte auf 48 Prozent) oder kaum (plus 14 Prozentpunkte auf 33 Prozent) erwartet zu haben. „Damit zeigt sich zwar keine Verunsicherung unter den Anlegern, aber immerhin schon eine stark angeschlagene Selbstzufriedenheit“, erläutert Heibel.


Privatanleger sichern sich ab

Für die künftige Dax-Entwicklung sind die Teilnehmer der Handelsblatt-Umfrage unschlüssig, der Zukunftsoptimismus ist nach dem gescheiterten Ausbruchsversuch zurückgegangen. Einen Aufwärtsimpuls erwarten für den Dax in drei Monaten nur noch 30 Prozent, einen Abwärtsimpuls 24 Prozent. Den größten Zulauf hat diese Woche das Lager der Neutralen mit plus fünf Prozentpunkten auf 32 Prozent erhalten.

Und so wollen nun nur noch 23 Prozent (minus drei Prozentpunkte) in den kommenden zwei Wochen ihre Aktienpositionen ausbauen, zwölf Prozent wollen reduzieren. Zwei Drittel der Anleger wollen abwarten.

Für extrem wichtig hält Heibel derzeit die Entwicklung des Dax-Sentiments an der Stuttgarter Börse Euwax. Dieser Indikator spiegelt das Verhalten von Privatanlegern wider und basiert auf marktnahen Orders in Hebelprodukten auf den Dax. Ein positiver Wert bedeutet, dass die Mehrheit der Anleger auf steigende Kurse setzt, während ein negativer Wert bedeutet, dass die Mehrheit der Anleger eher von einem sinkenden Markt ausgeht. Das Euwax-Sentiment ist eher als ein Kontraindikator zu sehen.

„Anfang September bis Mitte Oktober gab es eine allzu große Sorglosigkeit“, erläutert der Animusx-Geschäftsführer. Damals hatte der Index einen positiven Wert, Privatanleger hatten übermäßig in Call-Optionen investiert, also auf steigende Kurse gesetzt. Diese optimistische Stimmung habe nach Heibels Meinung einen nachhaltigen Dax-Ausbruch über die Marke von 10.800 Punkten verhindert.

Doch in dieser Woche hat sich das Verhältnis umgedreht, jetzt setzen Privatanleger auf fallende Kurse oder sichern sich gegen Kursverluste ab. Heibels Interpretation: „Damit ist eine Basisbedingung für einen Ausbruch nach oben gegeben.“

Auch in den USA haben sich die Sentiment-Daten verbessert. Der „Angst-und-Gier-Index“, der auf technischen Marktdaten basiert, ist auf 32 Prozent gefallen gefallen und notiert damit im moderat angstvollen Bereich. Die Investitionsquote der institutionellen Anleger bleibt bei moderaten 66,5 Prozent (Vorwoche 63,7 Prozent). Damit ist die Investitionsquote nun wieder so niedrig wie vor der Brexit-Entscheidung – passend zur US-Präsidentschaftswahl haben Institutionelle also ihre Engagements zurückgefahren.


Was die US-Wahl für die Börse bedeutet

Amerikanische Blogger und Börsenbriefschreiber bleiben moderat gestimmt und geben zu 38,5 Prozent Kaufempfehlungen aus. US-Privatanleger sind mit 24,8 Prozent Bullen ebenfalls moderat optimistisch. Damit ist die Stimmung in allen Belangen sowohl in den USA, als auch in Deutschland deutlich zurückgekommen.

Der wichtigste Termin für die Börse ist die US-Präsidentschaftswahl am 8. November. Donald Trump hat schon angekündigt, die Wahl anzufechten, sollte der Wahlausgang knapp zu seinen Lasten ausfallen.

Sollte hingegen Clinton mit großem Vorsprung gewinnen, würde eine Eroberung der Demokraten im Senat und Repräsentantenhaus große Sorgen über die Umsetzung vieler Wahlversprechen von Hillary Clinton hervorrufen. Und sollte Trump gewinnen, werden die Märkte aus Verunsicherung über diesen Testosteron-Macho im Weißen Haus ohnehin ausverkauft werden. Das Fazit für Börsianer: Es gibt eigentlich nur Gründe, im Vorfeld der Wahlen nicht zu investieren.

Doch Heibel sieht das komplett anders: „Das alles wurde von den meisten Anlegern jedoch bereits beherzigt, entsprechend ist die Gefahr eines nachhaltigen Ausverkaufs aus Sicht der Sentimentanalyse relativ gering.“ Das Überraschungspotential stecke derzeit also eher auf der Oberseite. Sollte der Ausverkauf nicht heftig erfolgen und anschließend steigende Kurse nach sich ziehen, könnten viele Anleger in Zugzwang geraten und steigenden Kursen hinterher laufen.

„Ich interpretiere die Enttäuschung bei unseren Umfrageteilnehmer, dass die Voraussetzung für nachhaltig steigende Kurse gegeben ist“, meint der Börsenexperte. Nun fehle nur noch ein Ereignis, das die neutrale Stimmung zum Positiven auflöst, ein zündender Funke. „Wie wäre es beispielsweise mit einem sich abzeichnenden knappen Wahlerfolg Clintons, der dennoch ausreicht, um Trump von einer Anfechtung abzuhalten?“, fragt Heibl rhetorisch.

In seinem Börsenbrief Heibel-Ticker hat er eine Reihe von Spekulationen ausgearbeitet, die in Folge der US-Präsidentschaftswahl meiner Einschätzung nach erfolgsversprechend sind. So gibt es eine Reihe von Gründen dafür, dass Banken, Biotech- und Pharma-Aktien im Vorfeld der Wahlen unter Druck waren. Je nach Wahlausgang gebe es für eine Reihe von Aktien in diesem Umfeld nach den Wahlen Nachholbedarf.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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