Digitale Währung Prognose sieht Bitcoin bei 6000 Dollar

Bitcoin-Hype und kein Ende: Wie hoch steigt der Kurs der digitalen Währung? Immer neue Prognosen sehen immer höhere Kurse voraus – gleichzeitig wächst die Furcht vor einer Blase. Belastbar sind viele Schätzungen nicht.

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Der Kurs der Digitalwährung entwickelt sich – trotz wiederholter Rückschläge – aufwärts. Wie lange kann es so weitergehen? Quelle: Reuters

Düsseldorf Wall-Street-Analyst Thomas J. Lee ist eigentlich für vorsichtige Prognosen bekannt. Der frühere Anlagestrategie der größten US-Bank, JPMorgan Chase, ist bei einer Anlageklasse jedoch optimistisch: bei der Internetwährung Bitcoin. Geht es nach Lee, dürfte deren Kursrallye weitergehen. Der Gründer des Analysehauses Fundstrat Global Advisors prognostiziert einen Kurs von 6.000 Dollar binnen Jahresfrist.

Diese Prognose ist umso optimistischer, als dass der Bitcoin bereits eine beispiellose Kursrallye hinter sich hat. Notierte der Kurs Anfang Januar 2017 noch bei knapp unter 1.000 Dollar, so liegt er inzwischen bei über 4.100 Dollar.

Lees Schätzung fußt auf einer einfachen Rechnung: Der Analyst erwartet einen Anstieg der Nutzerzahlen um 50 Prozent und ein um 30 Prozent höheres Handelsvolumen pro Konto. Jeder zehnprozentige Nutzeranstieg erhöht ihm zufolge den Bitcoin-Kurs um 222 Dollar, jeder gleiche hohe Anstieg der Nutzeraktivität sogar um 274 Dollar. Bis 2022 könne der Bitcoin-Kurs daher auf bis zu 25.000 Dollar steigen, glaubt Thomas J. Lee.

Lee ist nicht der einzige Analyst, der derzeit mit stark optimistischen Kursschätzungen von sich reden macht. Immer mehr Investoren nähern sich dem Thema, darunter auch die ersten Großbanken, die den Kryptowährungen bis dato skeptisch bis ablehnend gegenüberstanden.

In einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg schlossen sich Analysten Lees Preisprognose an: Einige erwarten demnach, dass die 6.000 Dollar zum Jahresende erreicht sein könnten. Roannie Moas von Standpoint Research sieht sogar einen Anstieg auf 7.500 Dollar im Jahr 2018 und Dave Chapman von Octagon Research aus Hongkong hofft auf einen Kurs von 10.000 Dollar am Jahresende. „Ich glaube überhaupt nicht, dass wir auf eine Blase schauen. Der Bitcoin wird erwachsen“, so Chapman. Das zeige etwa der Einstieg institutioneller Investoren, also von Fondsmanagern und Privatbanken.

Ob es so kommt, ist allerdings fraglich. Der letzte Rekordstand des Bitcoin lag bei 4.477 Dollar in der vergangenen Woche, seitdem hat der Kurs um rund sieben Prozent nachgegeben. Vielen Investoren ist die Rallye offenbar nicht geheuer – die Angst vor einer neuen Blase, der Krypto-Blase, geht um. Und paradoxerweise könnten dazu auch die jüngsten Jubel-Prognosen beigetragen haben.

Der amerikanische Milliardär und Investor Howard Marks vergleicht den aktuellen Hype mit der Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende, deren Platzen er vorhergesagt hatte. „Digitale Währungen sind eine Modeerscheinung“, so Marks. Kritisch urteilt auch der Chef der österreichischen Bank Erste Group, Stefan Dörfler: Der Bitcoin sei zwar ein „spannendes Phänomen“, aber kein offizielles Zahlungsmittel und „hoch spekulativ“, sagte er kürzlich der Tageszeitung „Österreich“.

Tatsächlich erwarten selbst optimistische Analysten eine Korrektur in den kommenden Monaten – und einen Kursverfall, sobald der Bitcoin die Marke von 4.500 bis 4.800 Dollar geknackt hat. Wie lange eine solche Konsolidierung anhalten könnte, ist umstritten. Ein Goldman-Sachs-Report sieht einen Preisrückgang von bis zu 40 Prozent voraus.


Von Mondprognosen und wackligen Bewertungen

Der deutsche Blockchain-Forscher und Professor an der Frankfurt School of Finance and Management, Philipp Sandner, hält von den aktuell zirkulierenden Preisprognosen gar nichts.

„Der Bitcoin und die Blockchain-Technologie haben Substanz. Aber der Knackpunkt ist, dass sich noch gar keine Bewertungsmethode für den Bitcoin-Kurs herauskristallisiert hat. Zwar kann man Annahmen treffen, den Bitcoin etwa mit dem US-Dollar oder mit dem Rohstoff Gold vergleichen, etabliert sind solche Schätzungen aber nicht“, warnt Sandner gegenüber dem Handelsblatt. „Je nach Methode kommt man zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen.“ Da die Prognosebasis wacklig sei, kann bei den aktuellen Schätzungen ihm zufolge praktisch jeder Kurs zwischen null und hunderttausend Dollar pro Bitcoin herauskommen.

Sicher scheint im Moment nur eines zu sein: Der Kurs bleibt volatil. Politische Unsicherheiten, etwa das Säbelrasseln auf der koreanischen Halbinsel, könnten die Digitalwährung in den kommenden Monaten stützen. Viele asiatische Anleger haben zur Absicherung in Bitcoin investiert. Auch die Tatsache, „dass die großen amerikanischen Banken beginnen, das Thema für sich zu entdecken, verschafft dem Bitcoin eine gewisse Bedeutung“, glaubt Forscher Philipp Sandner.

Für Euphorie allerdings ist wenig Platz. Dafür ist der Markt der Kryptowährungen zu unreglementiert, sind die Zukunftsaussichten zu ungewiss. Bereits im November steht der Bitcoin vor dem nächsten Lackmustest: Sollte die jüngst verabredete Programmcode-Reform bis dahin doch noch scheitern, dann droht eine weitere Spaltung der Währung, fürchten Insider.

Eine Gruppe allerdings lässt sich von derlei Skepsis nicht aus der Ruhe bringen: die Hardcore-Fans. Wie einfach es ist, im wilden Markt der Digitalwährungen mit fantastischen Preisprognosen durchzudringen, zeigt ein Blick in die Foren der Kryptowährungs-Szene. Der Kurs-Fantasie ist dort keinerlei Grenzen gesetzt. In einem vielzitierten Statement träumt etwa der Snapchat-Investor Jeremy Liew von einem Mondpreis von 500.000 US-Dollar je Bitcoin.

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