Fusionen und Übernahmen Brexit verdirbt Investmentbankern das Geschäft

Großbritannien war einmal der wichtigste Markt für Fusionen und Übernahmen in Europa. Seit dem Brexit geht es auf der Insel bergab – und eine andere Region steigt auf.

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Regenwolken über der Londoner City: Lust auf Firmenkäufe schwindet dahin. Quelle: dpa

Die Briten haben auch gut einen Monat nach der Brexit-Abstimmung immer noch keine genaue Vorstellung, wie und wann sie die EU verlassen wollen. Die britische Notenbank senkte wegen der wirtschaftlichen Schwäche nun erstmals seit 2009 den Leitzins. Diese Unsicherheit drückt auf die Stimmung der Experten für Fusionen und Übernahmen – im Fachjargon M&A abgekürzt.

Laut einer Studie von Intralinks unter weltweit 1000 Profis für solche Transaktionen gehen 70 Prozent davon aus, dass das Fehlen eines genauen Zeitplans die Zahl der globalen Zusammenschlüsse von Unternehmen beziehungsweise Konzernkäufe drücken wird. Außerdem glauben gut zwei Drittel der Experten, dass nicht nur die Anzahl, sondern auch das Volumen der Deals bis Ende des Jahres abnehmen wird.

„Einige Deals, die aus unterschiedlichsten Gründen schon bei der due diligence – also der wirtschaftlichen Detailprüfung - wackelig erschienen, sind mittlerweile ganz gestoppt“, sagt Matthias Hentzen, Partner bei der Kanzlei Hengeler Mueller. Laut dem Informationsanbieter Thomson Reuters war die Lage schon vor der Brexit-Abstimmung ziemlich schlecht, das M&A-Volumen mit Übernahmezielen in Großbritannien war um 53 Prozent eingebrochen – weltweit lag das Minus nur bei 22 Prozent. Das bedeutet nach Branchenschätzungen vor allem für die führenden Investmentbanken, wie etwa die Deutsche Bank, JP Morgan oder Morgan Stanley, dass das Geschäft nach dem Referendum nicht leichter wird.

Dabei gibt es global gesehen aber ganz unterschiedliche Einschätzungen über die Folgen des Brexits. In Nordamerika und im asiatisch-pazifischen Raum glaubt man, dass die eigene Wirtschaft von der strukturellen Schwäche Europas profitieren werde. 73 Prozent der europäischen Professionals und 82 Prozent der Macher in Großbritannien erwarten dagegen negative Auswirkungen. „Die Käufer wenden sich von Europa ab – in Richtung Asien“, sagt Philip Whitchelo, Vice President Strategy & Product Marketing bei Intralinks.

Während also der ferne Osten leuchtet, nimmt die Skepsis für den alten Kontinent zu. 66 Prozent der M&A-Experten weltweit halten einen Nachfrage-Einbruch bei Unternehmenskäufen und -fusionen in den nächsten sechs Monaten für wahrscheinlich. Die Deutschen sind sogar noch skeptischer: 77 Prozent der Experten rechnen mit einem Rückgang.
Auch bezüglich der politischen Konsequenzen sind die Dealmaker eher skeptisch. 61 Prozent glauben, dass nach Großbritannien im nächsten Jahr weitere Länder die EU verlassen wollen. Lediglich bei der Meinung zur globalen Konjunkturentwicklung sind die Pessimisten unterlegen. Nur gut jeder Dritte glaubt an eine weltweite Rezession wegen des Brexits.

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