Shareholder Value ist eine Beteiligungsgesellschaft. Das hört sich zunächst nicht gerade berauschend an. Ihre Aktien werden an der Börse gehandelt. Das klingt schon besser. Ihr Kurs hat sich seit Anfang 2009 verfünffacht. Na bitte, offenbar gibt es in Deutschland noch so etwas wie eine Aktienkultur. Um das zu unterstreichen, lud die Analystenvereinigung DVFA zu ihrer diesjährigen Konferenz mit dem Schwerpunkt Aktienspezialitäten als Hauptredner den Shareholder Value-Vorstand Frank Fischer ein. Sein Thema „Vom Unsinn effizienter Kapitalmärkte“ ließ scheinbar einen theoretischen Vortrag darüber erwarten, ob man mit Aktien Geld verdienen kann oder nicht, also die Kernfrage im besonders unter Akademikern verbreiteten Streit um die Effizienz - an sich schon eine absurde Fragestellung, denn jede(r) kann das, vorausgesetzt, er oder sie hat den richtigen Riecher. Damit entzieht sich das Thema der akademischen Effizienz-Diskussion.
Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln
Gegen die größer werdenden Unwägbarkeiten sollte man sich zuallererst mit einer Strategie wappnen: Wer an kräftiges Wachstum in Deutschland glaubt, an einen anhaltenden Boom der Schwellenländer und hohen privaten Konsum, kann weiter am Aktienmarkt investieren. Wer skeptisch ist, sollte seine Bestände hingegen nicht aufstocken.
Eng verbunden mit der ersten Regel: Immer wieder kommt es vor, dass sich Dinge anders entwickeln, als man erwartet hat. Es ist wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und nicht jeder Entwicklung hinterherzulaufen. Eine solche Reaktion zeugt nicht von einem geringen Vertrauen in die eigene Strategie. Es kostet meist auch Geld, weil die Masse schon vorher diese Richtung eingeschlagen und das Gros an Rendite eingefahren hat.
Groß oder klein, spekulativ oder konservativ, liquide oder illiquide, dividendenstark oder dividendenschwach, Substanz oder Wachstum: Bei Aktien ist die Auswahl riesig. Der richtige Mix aus spekulativen und konservativen Titeln hilft, Schwankungen zwischen guten und schlechten Zeiten auszugleichen. Nicht zu unterschätzen sind starke Dividendenzahler, die Jahr für Jahr den Grundstock für eine solide Rendite legen.
Keine Frage, die Börsen haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt als in allen Dekaden zuvor. Das wird so bleiben, mit wachsendem Computerhandel sogar noch zunehmen. Wer sein Risiko minimieren will, baut Barrieren ein – sogenannte Stopps. Gerne werden Stopps bei 20 Prozent über und unterhalb des aktuellen Kurses gewählt. Dann wird automatisch verkauft, wenn diese Grenzen erreicht sind. Kommt eine Phase überraschend steigender Kurse mit anhaltendem Aufwärtstrend, lässt sich die Barriere leicht nach oben verschieben. Wichtig ist dann, auch die Barriere am unteren Ende nachzuziehen.
Wichtig in Phasen überraschender Kurssteigerungen oder -stürze ist es, das Verhalten der Masse zu beobachten. Ist es noch nachvollziehbar oder völlig irrational? Häufig ist es irrational. Dann hilft meist die zweite Regel: Widerstandskraft zeigen. Nach einigen Monaten kehrt die Rationalität von ganz allein zurück. Der Kurssturz aus dem vergangenen Jahr und die jüngste Entwicklung beweisen das gerade wieder.
Sind Aktien wie seit Jahresbeginn schon um 30, 40 oder gar 50 Prozent gestiegen, dann sind Anschlussgewinne in der Regel nur noch schwer zu erzielen. Phrasenverdächtig ist zwar die alte Weisheit: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand zugrunde gegangen.“ Richtig ist sie trotzdem.
Firmenchefs haben einen gewaltigen Vorteil gegenüber normalen Aktionären. Sie wissen weit mehr als jeder Analyst oder Kommentator, wie es in ihrem Unternehmen aussieht. Insider nennt man sie deshalb. Sie melden ihre Orders innerhalb von fünf Handelstagen an die Börsenaufsicht Bafin. Das Handelsblatt veröffentlicht alle zwei Wochen das sogenannte Insider-Barometer, das aus der Summe aller Kauf- und Verkaufsorders Schlüsse für den weiteren Verlauf in Dax & Co. zieht. Jüngste Tendenz: Vorstände und Aufsichtsräte verkaufen mehr als sie kaufen. Vorsicht also!
Terroranschläge und Naturkatastrophen kommen unerwartet. Politische Konflikte wie aktuell zwischen Israel und dem Iran schwelen meist länger. Entscheidende Wahlen wie jüngst in Russland und in diesem Jahr noch in Frankreich und den USA sind vorhersehbar und haben immer Einfluss auf die Börse. Dabei gilt generell: Wahljahre sind gute Börsenjahre.
Mit Optionsscheinen oder Bonus-Zertifikaten lässt sich zwar aus einem Aufwärtstrend ein noch größerer Profit schlagen. Dies sind jedoch in der Regel Wetten ohne realen Hintergrund. Aktien sind reale Werte.
Vor allem Aktien einzelner Branchen unterliegen immer wieder gewissen Moden. Doch die wechseln wie im realen Leben, und manchmal geht das schneller, als man denkt. Das bekommt gerade die einst angesehene Solarenergie-Branche bitter zu spüren.
Fischer ließ denn auch von Beginn an keinen Zweifel daran, wie und wo es mit Aktien langgeht: Anleger sind getrieben von Angst und Gier. Doch bevor jemand im Publikum daraus schließen konnte, an der Börse gehe es nur irrational zu, behauptete er: Aktien sind historisch betrachtet langfristig die beste Geldanlage, unter ihnen ganz besonders Spezialitäten aus der zweiten, dritten und vierten Reihe. Es gelte, deren Kursschwankungen als Chance zu begreifen. Solche Schwankungen ergeben sich in der Regel daraus, dass Aktien zu bestimmten Zeiten unterbewertet, in anderen Zeiten dagegen überbewertet sind. Geht es nach dem aktuellen Cash-Bestand von Shareholder Value in Höhe von 40 Prozent des Vermögens, sind sie derzeit offenbar überbewertet.
Warum es sich am Ende dennoch – auch für private Anleger – auszahlen dürfte, jetzt Aktien auf die Beobachtungsliste zu setzen, ohne sie allerdings schon zu kaufen, hat einen einfachen Grund: Nur wer rechtzeitig mit ihren – zum Teil irrationalen - Kursschwankungen vertraut ist, entwickelt ein Gespür dafür, wie diese sich am besten nutzen lassen. Was da zunächst wie eine harte Nuss erscheint, ist indes mit einigen Überlegungen zu knacken: Die DVFA hat laut Jahresbericht 2013 stattliche 1402 persönliche Mitglieder, überwiegend Analysten, die sich neben Aktien auch Anleihen und anderen Geldanlagen verschrieben haben. Was Aktien betrifft, widmen sie sich primär den 30 Dax-Werten, also der ersten Reihe, vielfach auch noch den 50 MDax-Werten aus der zweiten Reihe. Für die dritte und vierte Reihe, 50 SDax- und 30 TecDax-Werte, bleibt nicht mehr allzu viel Analysekapazität übrig.
Seitwärtsbewegung mit Folgen
Damit sind wir bei insgesamt 160 Aktien angelangt. Hinzu kommen noch unzählige aus General und Entry Standard sowie sonstige mit derart dünnen Börsenumsätzen, dass ihre Kurse alles andere als effizient sein können. Schon unter den 160 Aktien dürfte nur ein Bruchteil dauerhaft im Visier der Analysten sein, weil es sich nicht lohnt, sie zu verfolgen. Das heißt, ihre Kursentwicklung bleibt weitgehend dem Zufall überlassen – oder eben der Angst und der Gier. Um diesen Effekt auszuschalten oder wenigstens zu dämpfen, lassen die Manager kleiner und mittlerer Aktiengesellschaften wie aus Anlass der eingangs erwähnten jährlichen DVFA-Konferenz ihre Muskeln spielen. Die es tun, verschaffen sich bei institutionellen und privaten Anlegern einen Vorsprung. Insofern dürfte besonders unter ihnen die eine oder andere kommende Kursrakete zu finden sein. Wer diese Aktien kennenlernen will, klickt im Internet dvfa.de an, dann Konferenzen und Foren, Small Cap Forum/Frühjahrskonferenz und scrollt nach unten, wo alle Namen auftauchen.
Die Vorarbeit anderer kann für Anleger von Nutzen sein
Das ist eine von mehreren Methoden, um auf interessante Aktien zu stoßen, die man vorsorglich schon jetzt ins Visier nehmen sollte, um sie später zu kaufen, wenn - womöglich im Zuge einer allgemeinen Abwärtsbewegung - auch ihre Kurse für kurze Zeit Federn lassen sollten. Bei dieser Methode verlässt man sich darauf, dass die Initiative der Manager von Aktiengesellschaften in Verbindung mit positiven Analystenurteilen auf Dauer gut für die kommende Kursentwicklung sein dürfte. Also auf die Vorarbeit anderer. Um gleich einige Aktien zu nennen, die während der DVFA-Konferenz diesbezüglich besondere Aufmerksamkeit erregten: aap Implantate, Alphaform, bmp media, con.don Daldrup, Francotyp-Postalia, ifa systems, Manz, Nanogate und Sanochemia.
Sich auf die Vorarbeit anderer zu verlassen, gelingt nicht immer. Beispiel Fonds: Ein Fondsmanager einschließlich des ihm zuarbeitenden Analystenstabs mag noch so gute Arbeit leisten. Geht es an den Börsen allerdings abwärts und geraten Anleger in Panik, zwingen sie mit der massiven Rückgabe von Fondsanteilen auf niedrigem Kursniveau ihre Fondsmanager, Aktien zur Unzeit zu verkaufen. Umgekehrt, wenn an der Börse Euphorie vorherrscht, zwingen Anleger ihre Fondsmanager, indem sie ihnen Geld nur so zuschaufeln, zu Aktienkäufen auf hohem Kursniveau.
Daran und dementsprechend an Übertreibungen nach oben wie nach unten wird sich nichts ändern, solange es Börsen gibt. Und wenn Kurse – bei allem kurzfristigen Hin und Her – tendenziell seitwärts gerichtet sind wie zurzeit der Durchschnitt der 30 Dax-Aktien, ist der Ausbruch aus der Seitwärtsbewegung erfahrungsgemäß so gut wie programmiert – je später, desto heftiger. Nach oben oder nach unten? Falls EZB-Chef Mario Draghi den Geldhahn noch einmal massiv aufdreht, ist nach oben noch etwas Luft. Falls er allerdings nach wie vor nur auf die Kraft seiner Worte baut, dürften Börsianer ihm das für übel nehmen und zu umfangreichen Aktienverkäufen schreiten. In beiden Fällen empfiehlt sich für Anleger das Abwarten – nicht zuletzt im Bewusstsein, dass es genug Aktien aus der zweiten, dritten und vierten Reihe gibt, die man später immer noch zu günstigen Kursen kaufen kann und die das Zeug zu Kursraketen in sich haben.