Geldanlage Die besten Aktien der Welt

Ein exklusives Ranking von 9000 Aktien weltweit zeigt, welche Unternehmen im Crash und im Boom erfolgreich sind – und welche Papiere Anlegern auch in den kommenden Jahren solide Erträge bringen sollten.

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Die Nadel im Heuhaufen Quelle: Fotolia

VW-Chef Martin Winterkorn gehört in den Club, auch Norbert Steiner, Chef des Düngemittelherstellers K+S. Auffällig viele Exoten sind dabei: Mustafa Koç vom Auto-Auftragsfertiger Tofas Türk Otomobil aus Bursa in der Türkei etwa oder Zhang Hua Wei, Chef des Medizinzulieferers Shandong Weigao. Und alte Bekannte, wie Jeff Bezos von Amazon oder Tim Cook von Apple.

So verschieden ihre Geschäftsmodelle und Produkte auch sind – eines haben diese Manager gemeinsam: Ihre Aktien zählen zu den besten der Welt, ihre Aktionäre sind glücklich. Shandong Weigao aus China etwa stellt Krankenhaus- und Praxisbedarf her: Infusionsbeutel, Spritzen, Katheter und Drainage-Schläuche. Kein besonders appetitliches Geschäft, aber ein einträgliches: Den Aktionären brachte Weigao seit 2006 an Kursgewinnen und Dividenden 93 Prozent Gesamtertrag – pro Jahr. Die Aktionäre von Mediengigant Tencent aus Hongkong wurden Jahr für Jahr um 83 Prozent reicher, die von McDonald’s um 21,3 Prozent – trotz Lehman-Crash 2008.

Die gute Nachricht: „Es wird auch weiterhin Aktien wie Shandong, Tencent oder McDonald’s geben, die Anlegern weit überdurchschnittliche Renditen bringen. Es gab sie sogar in den Dreißigerjahren, mitten in der Großen Depression“, sagt Daniel Stelter, Senior Partner bei der Boston Consulting Group (BCG), die die besten Aktien der Welt ermittelt hat. „Die schlechte: Sie werden sehr viel seltener und dürften schwieriger zu finden sein.“

BCG-Berater sprechen weltweit täglich mit Vorständen, sind in viele Entscheidungen involviert. Ihr Fazit: Umsatzwachstum, höhere Gewinne und damit Kursgewinne mit Aktien zu erzielen wird generell schwieriger. Das Wachstumspotenzial der Weltwirtschaft sei auf Jahre geschwächt, weil Zinslasten und Schuldenabbau die Investitionen der Staaten und den Konsum der privaten Haushalte deckeln.

Weltweit einzigartige Analyse

Umso wichtiger ist es für Anleger, auf die richtigen Aktien zu setzen. Bei der Auswahl helfen kann die BCG-Studie zu den besten Aktien der Welt. Ein internationales Analystenteam um Stelter, Frank Plaschke und Hady Farag hat dazu die Bilanzen und Ertragsrechnungen von über 9000 Unternehmen aus 19 Branchen und 49 Ländern durchkämmt. Die Berater filtern nicht nur Unternehmen heraus, die für Aktionäre den höchsten Gesamtertrag (aus Kursgewinnen plus Dividenden) schaffen. Sie checken auch, wie stark diese Gewinne gerechtfertigt sind:

Wie nachhaltig ist das Gewinnwachstum? Hat das Unternehmen hier noch Potenzial? Oder hat es sich bereits profitabel gespart, etwa durch Kostensenkungsprogramme, die zwar die Gewinnmarge trimmen, aber auch das künftige Wachstum kastriert haben?Hat das Unternehmen Wert durch Schuldenabbau geschaffen, oder hat es Verbindlichkeiten angehäuft?Hat das Management genügend Geld für Aktienrückkauf und Dividenden? Oder hat es die Gewinne der Anleger verwässert durch Ausgabe immer neuer Aktien?Wuchsen Umsatz und Gewinn mit der Börsenbewertung, im Idealfall sogar schneller? Oder sind die Anleger selbst für den Börsenerfolg des Unternehmens verantwortlich, weil sie an der Aktie zunehmend Gefallen fanden und so die Bewertung in die Höhe trieben – und pro Euro Umsatz und Gewinn der Firma an der Börse schließlich immer mehr bezahlten?

Aktien von Fresenius sind Quelle: dapd

In den Ranglisten können Anleger sehen, bei welchen Aktien Kursgewinne auf die meist vergängliche, in jedem Fall aber nicht beliebig steigerbare Beliebtheit an der Börse zurückgehen und welche Firmen nachhaltig wachsen.

Am besten veranschaulicht die Unterschiede ein Beispiel aus dem Dax: Auf den ersten Blick sind ThyssenKrupp und Fresenius gleich attraktiv: Beide schufen seit 2006 einen Gesamtwertzuwachs von rund 15 Prozent pro Jahr, zusammengesetzt aus Kursgewinnen und Dividenden. Nur geht bei ThyssenKrupp die gesamte Wertsteigerung auf die gestiegene Bewertung des Unternehmens an der Börse zurück, während dieser Faktor bei Fresenius rückläufig war.

Die Besten aus allen Branchen

Das bedeutet: Bei Fresenius bezahlen die Anleger für den Euro Umsatz und Gewinn heute sogar vier Prozent weniger als 2006. Der Kursanstieg von Fresenius ist also besser fundamental untermauert und beruht weniger auf einer höheren Bewertung des Unternehmens durch die Börse.

Die Analyse war in den vergangenen Jahren für Anleger schon bares Geld wert: So warnten Stelter und seine Kollegen im Jahr 2000 vor zu hohen Bewertungen, gaben dann aber 2004 das Signal zum Einstieg, als sie erklärten, dass viele Aktien unter ihrem fundamentalen Wert gehandelt würden. Nach der Dax-Rally auf über 8000 Punkte erklärten sie 2007, Gewinne und Margen vieler Unternehmen seien kaum mehr steigerbar. Auch 2010 mahnte der BCG-Report zur Vorsicht: „Die Erholung ist noch nicht nachhaltig.“

Auch derzeit bleiben die BCG-Analysten skeptisch. „2008 war eine Zeitenwende“, sagt Stelter. Von 1982 bis 2007 herrschte ein säkularer Bullenmarkt, getrieben von der Globalisierung, der Industrialisierung der Schwellenländer und billigem Geld. Die Zinsen sanken, der Zugang zu Krediten wurde einfacher, die Regularien und Bonitätsansprüche der Banken immer laxer. Das alles ist vorbei. BCG-Simulationsrechnungen auf Basis eigener Daten und solcher des IWF lassen in den kommenden Jahren nur ein durchschnittliches Weltwirtschaftswachstum von zwei Prozent erwarten; in den vergangenen 25 Jahren lag es im Schnitt bei fünf Prozent.

Ausgerechnet Umsatzwachstum aber, das zeigen die BCG-Analysen, ist der wichtigste Werttreiber für Aktien. Je länger der Betrachtungszeitraum, desto weniger fallen die anderen Werttreiber ins Gewicht. „Die Bewertung beliebter und daher teurer Aktien nähert sich langfristig der Bewertung der Masse der anderen Papiere immer wieder an“, erklärt BCG-Berater Plaschke, „auch die Werttreiber Schuldenabbau, Aktienrückkäufe und Optimierung der Gewinnmarge lassen sich nicht beliebig lange betreiben.“

Kaum Luft nach oben

Wachstum ist also Gold wert, wird aber künftig für die meisten Unternehmen nur sehr schwer zu erreichen sein. „Weil es insgesamt weniger Wachstum zu verteilen gibt, müssen Unternehmen sich bei ihren Wettbewerbern schadlos halten“, sagt Plaschke, „dieser härtere Wettbewerb wird die Gewinnmargen drücken.“ BCG geht daher bis 2020 nur noch von einem durchschnittlichen Wachstum der Unternehmensgewinne von drei bis vier Prozent aus, 1982 bis 2008 waren es im Schnitt 7,6 Prozent pro Jahr.

Ein weiteres Problem: Frühere lange Baissen zeigen, dass die Stimmung auf den globalen Kapitalmärkten generell auf Moll dreht, wenn das Weltwirtschaftswachstum und die Unternehmensgewinne über mehrere Jahre hinweg schwach sind. Folge: Anleger bezahlen für Gewinn und Umsatz an der Börse immer weniger, die Bewertung der Aktien leidet. Die Popularität der Aktie als Anlageform und damit die Höhe der Kurs-Gewinn-Verhältnisse unterliegen langen Wellenbewegungen. Boomphasen lassen sich oft einem technologischen Wandel zuschreiben, der die Gewinne der Unternehmen und die Aufmerksamkeit für Aktien treibt. So legte der Elektronik-Boom der Fünfzigerjahre die Basis für steigende Kurse ebenso wie jener der Informationstechnologie in den Achtziger- und Neunzigerjahren.

Verteilungskampf wird härter

Auf einen Crash folgen dagegen jahrelange Durststrecken, in denen andere Anlageformen wie Gold oder Immobilien der Aktie den Rang ablaufen. „In einer solchen strukturellen Baisse befinden wir uns im Prinzip seit 2008“, sagt Stelter. Große Marktteilnehmer wie Fonds und Pensionskassen scheuten seither zunehmend Risiken und hielten sich als Aktienkäufer entsprechend zurück.

Für Aktien spricht auf der anderen Seite, dass mit sicheren Zinspapieren oder Lebensversicherungen in den kommenden Jahren nach Abzug von Inflation und Steuern kaum noch Kapitalerhalt möglich sein wird. „Gut denkbar ist ein Szenario, in dem die Notenbanken die Zinsen für Staatsanleihen künstlich drücken, die Lebenshaltungskosten aber steigen“, meint Stelter. Dann verlieren Anleger nach Abzug der Steuern und Inflation real Geld. Den durchschnittlichen jährlichen Ertrag auf Aktien kalkulieren die BCG-Analysten immer noch auf knapp sieben Prozent vor Steuern – weniger, als der langjährige Schnitt von zehn Prozent, aber mehr, als andere Anlageformen bringen.

Wer schafft am meisten Wert im Dax?

Welche Aktien aber kann man noch kaufen, wenn man davon ausgehen muss, dass Kursgewinne generell schwieriger zu erzielen sind? Als krisentauglich haben die BCG-Analysen früherer schwerer Finanz- und Schuldenkrisen folgende Attribute ausgemacht, auf die Anleger künftig verstärkt achten sollten:

hohe Mittelzuflüsse (Cash-Flows)attraktive Dividendegeringe Verschuldungstarke Marktposition und Marke (Preissetzungsmacht)günstige Börsenbewertung

Anleger, die die BCG-Analysen berücksichtigen und nur Aktien kauften, deren Wertzuwachs fundamental durch Umsatzwachstum und Dividende untermauert war, hätten in den vergangenen Jahren größere Desaster vermeiden und auf eine deutlich überproportionale Performance kommen können.

Steherqualitäten beweisen

Wer etwa im vergangenen Jahr nur Titel kaufte, deren Wertzuwachs laut BCG nicht hauptsächlich aus der gestiegenen Börsenbewertung, sondern aus den – laut BCG-Credo – nachhaltigen Werttreibern Umsatzwachstum und Dividende stammte, hätte den Crash in diesem Sommer gut überstanden: Ein gleichgewichtetes Depot aus den Siegeraktien AmBev, BAT, Indústrias Penoles, Reckitt Benckiser, Fresenius, FMC, Novo Nordisk, Amazon.com, McDonald’s, Inditex, Apple, China Mobile und Bharti Airtel läge seit zwölf Monaten noch immer gut elf Prozent im Plus, während der Dax rund 14 Prozent verlor. Die Favoriten aus den Branchensiegern für das kommende Jahr finden Sie in den Tabellen.

Fonds fordern Cash

Was viele dieser Aktien interessant macht: Die dahinterstehenden Unternehmen sind reich. Allein die 500 größten börsennotierten US-Unternehmen haben rund 2,5 Billionen Dollar Netto-Cash auf ihren Bilanzen, ein Plus von mehr als 170 Prozent in zehn Jahren.

An diesem Reichtum werden sie ihre Aktionäre künftig stärker teilhaben lassen. „Der Fokus der Anleger dürfte sich in den kommenden Jahren verschieben – weg vom primären Ziel der Kursgewinne, hin zu Dividenden und Kapitalerhalt nach Steuern und Inflation“, meint BCG-Berater Farag. Schon in den Listen der besten Aktien seit 2006 finden sich überproportional viele Aktien, die hohe Dividendenrenditen aufweisen.

„Es bestehen gute Chancen, dass die Firmen künftig größere Teile ihrer hohen Barmittel als Dividende ausschütten. Große Fonds und Pensionskassen werden in einem Umfeld mit höherer Inflation und negativen Realzinsen händeringend einigermaßen lukrative und stetige Erträge suchen, um die Zinszahlungen aus ihren Anleihe-Portfolios aufzuhübschen“, glaubt Stelter. Entscheidend ist nicht die aktuelle Dividendenrendite (Dividende je Aktie durch Kurs), sondern die künftige Dividendenfähigkeit. Dazu sollte das Unternehmen einen gleichbleibend hohen oder stetig wachsenden freien Cash-Flow erzielen – und Dividenden möglichst nicht aus der Substanz, also aus den Mittelzuflüssen von gestern, ausschütten. Auch eine solide Dividendenhistorie (keine großen Schwankungen der jährlichen Ausschüttung) ist hilfreich. Deswegen fallen die meisten der traditionell dividendenstarken Versorger derzeit leider durchs Raster, weil nach etlichen Gewinnwarnungen Dividendenkürzungen im nächsten Jahr drohen.

Microsoft ist immernoch einer Quelle: REUTERS

Unternehmen aus den BCG-Bestenlisten, die diese Anforderungen erfüllen, sind zum Beispiel der Tabakkonzern BAT, Tofas Türk Otomobil, der australische Chemiekonzern Incitec oder der Getränkeriese AmBev. BAT zahlt seit zwölf Jahren ununterbrochen Dividende und hat diese zudem jedes Jahr erhöht, im Schnitt um 14,3 Prozent. Anleger strichen seit 2006 eine Gesamtrendite von durchschnittlich 18,4 Prozent pro Jahr ein; in den Crashphasen 2008 und 2011 hielt die Aktie sich. Seit Beginn des Jahres liegt sie 21 Prozent im Plus.

Außer wegen möglicher Dividenden sind Unternehmen, die in den fetten Jahren Schulden ab- und Cash aufgebaut haben, noch aus anderen Gründen attraktiv: „Sie können Wettbewerber mit interessanter Technologie, denen das Wasser bis zum Halse steht, günstig kaufen und ihre Kapitalkosten niedrig halten, um mehr Geld in Forschung und Entwicklung zu stecken“, sagt Plaschke. Das verschaffe ihnen einen Vorteil im nächsten Boom: „Der Grundstein für die nächsten Boom-Gewinner wird immer in der Baisse gelegt.“

Vorsprung ausbauen

Die Aktien stark verschuldeter Unternehmen sollten Anleger dagegen meiden. Die BCG-Untersuchungen der Siebziger und Fünfziger – zwei Jahrzehnte mit hohen Inflationsraten und negativen Real-Zinsen – zeigen, dass hoch verschuldete Unternehmen auch bei hoher Inflation häufig in Liquiditätsnot kamen.

Absolute Cash-Könige sind heute die beiden US-Riesen Microsoft mit 52,7 Milliarden Dollar und Cisco mit 45 Milliarden Dollar Cash. Beide Aktien sind zudem günstig bewertet und haben – noch – niedrige Dividendenrenditen. VW und Apple dürften ihre Cash-Polster nutzen, um Wettbewerber aus dem Markt zu drängen und ihren Wettbewerbsvorsprung auszubauen. Apple hat netto 12 Milliarden Dollar Cash, VW sogar knapp 20 Milliarden Euro Netto-Cash auf der Bilanz. Geld, das dabei hilft, sich künftig bei CO2-armen Fahrzeugen und Elektromobilität eine gute Position zu erarbeiten und zugleich eine attraktive Dividende zu bezahlen. VW will bis 2016 rund 62 Milliarden Euro in neue Produkte investieren.

Ein weiterer Punkt, auf den Anleger verstärkt achten sollten, sind eine starke Marktstellung und die Fähigkeit, steigende Einkaufspreise auf die eigenen Kunden überzuwälzen. Da dies nur den wenigsten Unternehmen gelingen dürfte, können Anleger auf Profiteure des sogenannten „Trading Down“ setzen: Gemeint sind Unternehmen mit eher günstigen Produkten und der Fähigkeit, ihre Umsätze, Gewinne und Cash-Flows in Zeiten hoher Kosten und knausriger Kunden auszubauen, während die alten Marktführer mit ihren tendenziell hochpreisigen Produkten leiden. Man sucht nach Unternehmen wie Aldi, Tchibo oder Lidl, nur eben börsennotiert. Hintergrund ist die Annahme, dass Konsumenten in Zeiten, da sie mehr Geld für Unverzichtbares wie Essen und Heizung ausgeben müssen, an anderer Stelle sparen werden. „Dieser Prozess ist in so gut wie allen Industrieländern bereits in Gang und wird sich künftig verstärken“, meint Stelter.

Auch Star-Investor Warren Buffett sieht dies so und erwarb zuletzt verstärkt Anteile an US-Billigheimern wie Wal-Mart oder Dollar General. Auch unter den besten Aktien der Welt finden sich Trading-Down-Profiteure: die portugiesische Supermarktkette Jerónimo Martins zum Beispiel. Neben Portugal ist das Unternehmen in Polen Marktführer; im Einkauf sparen die Portugiesen durch enge Produktionskooperationen mit Lebensmittelmultis wie Unilever. In der BCG-Analyse erhalten sie Top-Noten, vor allem für konsequenten Schulden-abbau in den vergangenen Jahren und das überdurchschnittliche Umsatzwachstum.

Die Portugiesen treten so nebenbei auch noch den Beweis an, dass viele Unternehmen inzwischen solider wirtschaften als die Regierungen ihrer Heimatländer.

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