Instabile politische Lage S&P senkt Ägyptens Kreditwürdigkeit

Ägyptens Präsident Mohammed Mursi hat zwar beim Verfassungsreferendum einen Sieg errungen, doch das Land ist seitdem tief gespalten. Das hat negative wirtschaftliche Folgen. S&P hat Ägyptens Kreditwürdigkeit gesenkt.

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Ägyptens Wirtschaft war einst der Liebling der Investoren. Dies hat sich geändert. Quelle: Reuters

Kairo S&P hat Konsequenzen aus den politischen Grabenkämpfen in Ägypten gezogen und die Bonität des Landes um eine Stufe auf „B-“ gesenkt. Zugleich kündigte die Ratingagentur am Montag an, es seien weitere Herabstufungen möglich, sollten die Unruhen zunehmen und sich negativ auf die Wirtschaft auswirken. Dabei führten die Bonitätswächter einen Rückgang der ausländischen Währungsreserven an.

Angesichts der fragilen Wirtschaft wird Ägyptens Präsident Mohammed Mursi wenig Zeit haben, seinen Sieg beim umstrittenen Verfassungsreferendum zu feiern. Nach Einschätzung von Ökonomen muss Mursi schnell handeln, um das riesige Haushaltsdefizit mit Hilfe von Sparmaßnahmen unter Kontrolle zu bringen.

Doch Beobachter befürchten, dass die neue islamistisch geprägte Verfassung, der nach inoffiziellen Hochrechnungen 64 Prozent der Wähler zustimmten, die Gesellschaft zu stark gespalten hat, um gemeinsam die Wirtschaftsprobleme anzugehen.

„Für Sparmaßnahmen benötigt man politischen Konsens in einer Zeit, in der das politische System geöffnet und Millionen das Wahlrecht erhalten“, sagt Wirtschaftsexperte Amr Adly. Einsparungen sind unter anderem nötig, um den Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 4,8 Milliarden Dollar sicherzustellen.

Seit dem Sturz von Hosni Mubarak vor fast zwei Jahren kämpft die ägyptische Wirtschaft mit gesunkenen Touristenzahlen und verschreckten Investoren. Laut Adly werden die Gegner Mursis nach dem verlorenen Referendum versuchen, Kapital aus unbeliebten Sparmaßnahmen zu schlagen und öffentlich entsprechende Schritte kritisieren, um die Bevölkerung gegen die regierenden Muslimbrüder aufzubringen.


Ägypten kein Liebling der Investoren mehr

„Was Mursi getan hat, hat uns vereint“, sagt Ahmed Said von der Nationalen Heilsfront über die bis vor Kurzem zerstrittene Opposition in Ägypten. Bereits in etwa zwei Monaten stehen Parlamentswahlen an. Bezüglich der Wirtschaftsreformen kritisiert Said, dass Mursi noch nicht um Gespräche gebeten habe, obwohl die notwendigen Maßnahmen den Rückhalt aller benötigten.

Besonders schwierig dürfte es für Mursi werden, Steuern zu erhöhen und die beliebten Kraftstoff-Subventionen abzuschaffen. Einen Vorgeschmack auf die Probleme, vor denen er stehen könnte, bekam er bereits kurz vor dem Referendum.

Damals musste er höhere Mehrwertsteuern auf Alkohol, Zigaretten oder auch Handygespräche, nach massiver Kritik aus den Medien und von Gegnern wieder zurücknehmen. Dies führte umgehend zu einer Verzögerung des IWF-Kredites, der jetzt wohl erst im Januar genehmigt wird.

Ägyptens Wirtschaft war einst der Liebling der Investoren. Dies hat sich gewandelt. Im laufenden Haushaltsjahr wird sich das Haushaltsdefizit wohl auf elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts belaufen. Die massiven Schwierigkeiten seit Mubaraks Sturz haben auch die Währungsreserven um die Hälfte auf etwa 15 Milliarden Dollar schrumpfen lassen.

Auch den Muslimbrüdern scheint klar zu sein, dass es leichter wird, die Probleme anzugehen, wenn alle an einem Strang ziehen. „Wir sehen uns wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen gegenüber und dies ist die Zeit, um Initiativen zu präsentieren und an einem nationalen Dialog teilzunehmen“, sagt Farid Ismail von den Muslimbrüdern.

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