Die Federal Reserve, unsere Zentralbank in Washington, hat mit ihrer Politik des billigen Geldes Erfolg gehabt – oder jedenfalls viel mehr Erfolg als ihr Gegenstück in Frankfurt, die Europäische Zentralbank. Quantitative Easing (QE) hat sich in der amerikanischen Version viel besser bewährt als in der Variante, die wir in der Euro-Zone sehen. Aber warum ist das so? Das ist eine wissenschaftliche Frage, die zu einer ganz praktischen geldpolitischen Frage führt: Wird es die EZB je schaffen, mit QE stärkeres Wirtschaftswachstum und höhere Inflation zu erreichen?
Quantitative Easing – das bedeutet, dass eine Zentralbank Anleihen mit langer Laufzeit in großen Mengen aufkauft und gleichzeitig verspricht, die kurzfristigen Zinsen über längere Zeit niedrig zu halten. Die amerikanischen Notenbanker hatten diese Politik begonnen, nachdem sie zu dem Schluss gekommen waren, dass die heimische Volkswirtschaft auf traditionelle geldpolitische Maßnahmen nicht wie erhofft reagierte - und auch nicht auf die 2009 von der US-Regierung begonnene ausgabenfreudige Fiskalpolitik, den so genannten fiskalischen Stimulus. Wie Ben Bernanke argumentierte, der damalige Präsident der Fed, sollte seine unkonventionelle Geldpolitik die Langfristzinsen nach unten treiben und so die Investoren motivieren, von Anleihen bester Qualität auf Aktien und andere eher riskante Wertpapiere umzuschichten. Das wiederum würde die Kurse dieser Papiere in die Höhe treiben, damit die Vermögen der Privathaushalte erhöhen und auf diesem Weg die Konsumneigung der amerikanischen Verbraucher.
Zur Person
Martin Feldstein ist Professor an der Harvard-Universität. Der renommierte US-Ökonom schreibt jeden Monat exklusiv für die WirtschaftsWoche und wiwo.de.
Die Strategie ging in den USA auf. Allein im Jahr 2013 stiegen die Aktienkurse um durchschnittlich 30 Prozent, die Immobilienpreise um 13 Prozent, so dass das Nettovermögen der amerikanischen Privatleute gleichzeitig um zehn Billionen Dollar stieg. Der Wohlstandsgewinn führte dazu, dass die Verbraucher mehr Geld ausgaben, und das löste den üblichen Multiplikatorprozess aus: Das amerikanische Bruttoinlandsprodukt stieg 2013 um 2,5 Prozent und die Arbeitslosenrate fiel von acht auf 6.7 Prozent. Die wirtschaftliche Expansion ist seitdem weiter gegangen, und im Augenblick verzeichnen wir eine Arbeitslosenrate von fünf Prozent. Bei Hochschulabsolventen sind es sogar nur 2,5 Prozent..
Aber was tut sich in Europa? Die EZB verfolgt seit längerem eine ähnliche Strategie wie die Fed: Wertpapierkäufe im großen Stil und extrem niedrige (ja sogar negative) kurzfristige Zinssätze. Frankfurt tut also dasselbe wie Washington. Nur der Zweck ist ziemlich verschieden, und das Ergebnis auch.
Stimmen zur Zinswende der Fed
"Die heutige Entscheidung der Fed, die Zinsen zum ersten Mal seit fast zehn Jahren zu erhöhen, ist ein historischer Moment. Die Zinsanhebung markiert das offizielle Ende der globalen Finanzkrise für die USA und bildet den Auftakt zu einer Normalisierung der amerikanischen Geldpolitik. Dieser Schritt wurde allgemein erwartet. Vor dem Hintergrund, dass auf dem US-Arbeitsmarkt nahezu Vollbeschäftigung herrscht und im kommenden Jahr ein Anstieg der Inflation erwartet wird, war eine Anhebung der Zinsen längst überfällig. Diejenigen, die die Zinsanpassung kritisch sehen, lassen außer Acht, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durchaus Zinssätze zwischen zwei und drei Prozent und eine Fed-Bilanz ohne Überschussreserven rechtfertigen - eine Zinspolitik, die weit entfernt vom Krisenmodus ist, der selbst heute noch dominiert."
"Diese Entscheidung der Fed war fällig. Angesichts der guten wirtschaftlichen Situation können die USA einen langsamen Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes gut verkraften. Die Auswirkungen auf die Schwellenmärkte dürften begrenzt bleiben, solange die Notenbank nur moderat an der Zinsschraube dreht. Insgesamt wird die Erhöhung zwar nicht ganz ohne kurzfristige Folgen bleiben. Allerdings sind diese leichter verkraftbar als die Risiken neuer Finanzmarktblasen.
Die Entscheidung der Amerikaner dürfte es zudem der EZB erleichtern, ihren übertriebenen Aktionismus der letzten Monate zu überdenken. Denn Geld zum Nulltarif allein lässt die Unternehmen hierzulande nicht investieren, dazu brauchen sie vielmehr bessere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen."
"Klar ist, dass sich im Zuge der Normalisierung des Zinsniveaus die Preisblasen an Anleihe-, Aktien- und Immobilienmärkten zurückbilden werden. Bei diesem Prozess lauern erhebliche Gefahren eines sprunghaften Verlaufs, nicht zuletzt auch für die Devisenmärkte und die in US-Dollar verschuldeten Schwellenländer. Es nützt aber nichts, aus Furcht davor den Ausstieg aus der ultra-expansiven Zentralbankgeldversorgung immer weiter hinauszuzögern. Je länger die künstlich niedrigen Zinsen bestehen bleiben, umso mehr Verzerrungen entstehen und desto schmerzhafter würde eine noch spätere Korrektur. Von einer Normalisierung ist die US-Geldpolitik immer noch meilenweit entfernt. Entscheidend wird jetzt sein, wann die Marktteilnehmer den nächsten Schritt erwarten."
"Wir sind auf dem Weg in die Normalität. Die US-Konjunktur läuft solide, der Arbeitsmarkt hat Vollbeschäftigung erreicht und die Kerninflation ist jetzt schon hoch genug, um mit dem Zinserhöhungszyklus zu starten. Mit dem Zinsschritt beginnt die Fed, Handlungsspielraum für neue Herausforderungen zurückzugewinnen. Denn ein langfristig starker Dollar und ein dauerhaft niedriger Ölpreis bringen durchaus Schwierigkeiten für die US-Wirtschaft."
"Mit der Zinsentscheidung der Fed ist der lange erwartete Einstieg in eine restriktivere Geldpolitik da. Für nächstes Jahr ist mit weiteren Zinsschritten zu rechnen. Gleichwohl wird die US-Zentralbank unter den Notenbanken der großen Volkswirtschaften wohl erst mal alleine bleiben - die EZB hat ja jüngst sogar ihre expansive Politik noch zeitlich ausgeweitet. Angesichts der Risiken für die Finanzstabilität wäre eine Abkehr von der Politik des billigen Geldes wünschenswert."
"Ich finde die Zinserhöhung angemessen, im Grunde überfällig. Der Pfad der Zinserhöhungen im kommenden Jahr dürfte relativ flach bleiben. Gegenwind von den Finanzmärkten, etwa auch ein stärkerer Dollar, dürften das Tempo der Zinserhöhungen drosseln. Für die EZB heißt der Schritt der Fed erst einmal nicht viel."
"Die Zinserhöhung spiegelt ein begründetes Vertrauen der Mehrheit der US-Notenbanker in die Beschäftigungslage und die Aussichten auf eine mittelfristige Rückkehr der Inflation zur Zielmarke von zwei Prozent wider. Die Fed dürfte jedoch mit einem zweiten Zinsschritt warten, bis sich die Inflation erhöht hat."
"Letztlich möchten die US-Währungshüter die Nullmarke bei den Zinsen hinter sich lassen, um beim nächsten Abschwung über die nötige Zinsmunition zu verfügen. Janet Yellen wird im kommenden Jahr sehr behutsam mit weiteren Zinserhöhungen vorgehen. In Anbetracht der fragilen Lage im verarbeitenden US-Gewerbe bleiben weitere Zinsschritte aber eine Gratwanderung."
"Man könnte sich jetzt darüber streiten, ob die sehr kleine Zinsveränderung tatsächlich die große Wende ist - oder nur ein kleines geldpolitisches Trostpflaster für die angespannte Weltwirtschaft. Wie geht es jetzt weiter? Drei Faktoren stehen im Fokus: die US-Inflation, die US-Konjunktur und die Weltwirtschaft."
"Für die EZB hat der Zinsentscheid der Fed keine Signalwirkung - dazu sind auch die konjunkturellen Rahmenbedingungen zu unterschiedlich. Die Kapitalmarktzinsen im Euroraum werden wohl noch für sehr lange Zeit auf ihrem extrem niedrigen Niveau verharren."
"Unstrittig ist (...), dass der Startschuss für die Leitzinserhöhungen das Ende eines historisch einmaligen geldpolitischen Experiments darstellt. Da es keine Blaupausen für die Rückabwicklung einer solch ultraexpansiven Kurssetzung gibt, ist diese per se mit Unsicherheit verbunden und dürfte für Schwankungen an Kapital- und Devisenmärkten sorgen. Anfällig sind dabei traditionell die Volkswirtschaften und Währungen der Schwellenländer."
"Die Entscheidung war längst überfällig. Allerdings hat die US-Notenbank signalisiert, dass sie nur sehr langsam die Zinsen in den kommenden Jahren erhöhen wird. Die Geschwindigkeit der erwarteten graduellen Zinserhöhung könnte sich als zu langsam erweisen und die Risiken für die Finanzstabilität in den USA erhöhen. Die Prognose für die US-Wirtschaft ist gut, die Geldpolitik der USA jedoch für die kommenden Jahre weiterhin sehr expansiv."
"Die Zinserhöhung der US-Notenbank ist eine gute Nachricht: Sie zeigt, dass die Fed dem konjunkturellen Aufschwung in den USA vertraut und die Folgen der Finanzkrise zum größten Teil als überwunden ansieht. Die amerikanische Notenbank hat die Marktteilnehmer sorgfältig auf den Zinsschritt vorbereitet."
"Die Fed betritt mit ihren Zinsschritt ganz klar Neuland: Noch nie hat sich eine US-Notenbank auf den Weg in einen Zinserhöhungszyklus gemacht, wenn die Raten für das Wirtschaftswachstum so niedrig waren und die eigene Bilanz so aufgeblasen. Die Tatsache, dass die Rücklagen von Finanzinstituten bei der Zentralbank seit 2007 von 15 Milliarden auf 2,5 Billionen Dollar angestiegen sind, macht den Weg für die Fed nicht einfacher. Wir erwarten aber nicht, dass die Fed ihre Bilanz zurückfahren wird, bevor sie nicht noch einige Zinsschritte gegangen ist.
Dass die Fed ihren Zinserhöhungszyklus startet, so kurz nachdem die EZB ihre Geldpolitik noch weiter gelockert hat, unterstreicht unseren positiven Ausblick für den US-Dollar, von dem wir glauben, dass er im kommenden Jahr die Parität zum Euro erreichen und auch unterschreiten wird."
"Die Entscheidung der Fed ist eindeutig ein Zeichen der Zuversicht in die US-Wirtschaft. In den kommenden Monaten wird die US-Notenbank genau beobachten, wie die Wirtschaft und die Märkte reagieren werden. Ein entscheidender Faktor wird die Reaktion des US-Dollar sein. Viele Beobachter erwarten, dass höhere Zinsen zu einem festeren Dollar führen. Diese Einschätzung teile ich nicht unbedingt: Sollten wir 2016 nur wenige, beispielsweise zwei Zinsschritte sehen, gehe ich von einem schwächeren US-Dollar aus."
"Die Fed hat endlich damit begonnen, die Zinsen anzuheben. Nachdem jetzt diese eine Unsicherheit aufgelöst wurde, werden sich die Fragen nun um die Geschwindigkeit der Erhöhungen im nächsten Jahr drehen. Die Fed hat für das kommende Jahr vier Erhöhungen in Aussicht gestellt, was bedeutend mehr ist als der Markt erwartet hat. In den vergangenen Jahren, waren es die Vorhersagen der Fed, die falsch waren, und der Markt hatte Recht behalten. Wir könnten letztlich am Wendepunkt stehen, an dem der Markt beginnt, die Vorhersagen der Fed ernster zu nehmen."
Denn in Europa ist Aktienbesitz keineswegs so verbreitet wie in den USA. Quantitative Easing kann bei Ihnen also nicht dazu dienen, die Privathaushalte reicher zu machen. Das weiß auch die EZB. Sie verfolgt mit ihrer Niedrigzinspolitik auch ein anderes Ziel – wichtig, aber nie offen proklamiert: Die Europäische Zentralbank möchte den Netto-Export aus der Euro-Zone stimulieren und sorgt darum für eine Abwertung des Euro. Das haben die europäischen Notenbanker im Prinzip auch geschafft: Gegenüber der amerikanischen Währung sank der Kurs des Euro vom Sommer 2014 bis zum Herbst 2015 von 1,40 auf 1,06 Dollar.
Europas Arbeitslosenquote ist ein Problem
Ich hatte seit Jahren für einen niedrigen Wechselkurs des Euro plädiert, also muss ich diese Strategie loben. Allerdings ist festzustellen, dass der Kursverfall den Netto-Export der Eurozone zwar stimuliert hat, die Auswirkung auf die Exportzahlen der einzelnen Euro-Mitgliedstaaten und ihre Wirtschaftsleistung aber sehr begrenzt sind.
Das lässt sich erklären. Zum einen wickeln die Euro-Länder einen großen Teil ihres Außenhandels mit anderen Ländern der Euro-Zone ab – da verändert der niedrige Außenwert des Euro gar nichts. Hinzu kommt, dass selbst Exporte in die USA wenig vom schwachen Euro tangiert werden, weil europäische Exporteure ihre Lieferungen in der Regel in Dollar fakturieren und diese Dollarpreise nur sehr langsam an den veränderten Wechselkurs anpassen. Gita Gopinath, meine Kollegin in Harvard, hat das voriges Jahr in einem wichtigen Aufsatz nachgewiesen. Auch darum stieg der gesamte Netto-Export aus der Euro-Zone von September 2014 bis September nur um drei Milliarden Euro – eine kaum spürbare Veränderung in einem Wirtschaftsraum mit einer jährlichen Leistung von elf Billionen Euro.
Das sind die Gewinner und Verlierer der Währungsschwäche
Die Geldflut der Europäischen Zentralbank (EZB) hat den Euro auf Talfahrt geschickt. Nach Einschätzung von Analysten könnte ein Euro schon bald weniger als ein US-Dollar kosten - erstmals seit mehr als zwölf Jahren. Ein schwacher Euro hilft Firmen aus der Eurozone, die Waren außerhalb des Währungsraums verkaufen wollen. Denn ihre Autos oder Maschinen werden auf den Weltmärkten günstiger - etwa in wichtigen Märkten wie Asien oder Amerika. Die Nachfrage nach Produkten „Made in Germany“ oder anderen Euro-Staaten dürfte anziehen. Schon 2014 verkaufte Deutschland so viele Waren ins Ausland wie nie zuvor. Allerdings: Immerhin 37 Prozent der deutschen Exporte gehen in die Eurozone. Dort spielt der Wechselkurs keine Rolle.
Mehr Exporte = mehr Produktion = mehr Arbeitsplätze. Ganz so einfach geht es in der Praxis nicht, aber der EZB-Kurs mit Nullzins und Geldschwemme zielt auch in diese Richtung. Allein über den Preis werden Unternehmen aus dem Euroraum dank des niedrigen Eurokurses wettbewerbsfähiger. Somit stehen die Chancen gut, dass sie mehr verkaufen und ihre Fabriken besser ausgelastet sind. Das könnte mittelfristig auch neue Arbeitsplätze schaffen. All das bringt die heimische Wirtschaft voran.
„Das Milliarden-Geschenk“ titelte das „Handelsblatt“ am 22. Januar, als die EZB ihr gigantisches Anleihenkaufprogramm beschloss. Die lockere Geldpolitik der Notenbank könnte exportstarken deutschen Konzernen nach Berechnungen der Commerzbank im laufenden Jahr zwölf Milliarden Euro zusätzlich an Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in die Kassen spülen - allein weil der Euro gegenüber dem Dollar an Wert verliert. Vom Euroverfall profitieren demnach vor allem jene Firmen, die Rechnungen und Löhne in Euro bezahlen, aber in Dollar abrechnen.
Wer Waren oder Rohstoffe aus dem Ausland bezieht, muss sich auf höhere Kosten einstellen. Denn wichtige Rohstoffe wie etwa Öl werden international in Dollar gehandelt. Wenn der Euro im Vergleich zum Dollar an Wert verliert, werden solche Importe für Abnehmer im Euroraum tendenziell teurer. Deshalb sei ein schwacher Euro für die Exportnation Deutschland auch nur auf den ersten Blick erfreulich, kommentiert der Außenhandelsverband BGA: „Ohne die niedrigen Rohstoffpreise würde der schwache Euro tiefe Spuren in unserer Importrechnung hinterlassen und somit auch die Verkaufspreise im Export erhöhen.“ In Deutschland wäre der Preisrückgang bei Benzin und Heizöl in den vergangenen Monaten noch deutlicher ausgefallen, wenn der Eurokurs nicht so stark nachgegeben hätte.
Urlaube in der Schweiz oder in die USA werden teurer, wenn der Euro gegenüber anderen wichtigen Währungen an Wert verliert. Ende Januar rechnete der Bundesverband deutscher Banken (BdB) vor: Die Kaufkraft eines Euro in der Schweiz betrage nur noch etwa 55 Cent. Das heißt: Waren und Dienstleistungen waren dort zu diesem Zeitpunkt im Schnitt fast doppelt so teuer wie in Deutschland. Auch für Reisen in andere Nicht-Euroländer wie Großbritannien oder die Türkei müssen Verbraucher aus Euroländern tiefer in die Tasche greifen. Auf der anderen Seite wird für Amerikaner oder Chinesen ein Trip nach Berlin, Athen oder an die Côte d'Azur attraktiver.
Für den Ausbau ihrer Geschäfte außerhalb des Euroraums müssen Unternehmen aus dem Euroraum tendenziell mehr Geld in die Hand nehmen. Wer etwa eine Fabrik in China oder in den USA errichten will und dies in der jeweiligen Landeswährung bezahlt, legt in Euro gerechnet künftig drauf.
Während die US-Notenbank Fed ihre Geldschleusen absehbar wieder schließen will, fährt die EZB einen genau entgegengesetzten Kurs. Das erhöht die Gefahr, dass es zu einem „Währungskrieg“ kommt. Mit ihren milliardenschweren Anleihenkäufen habe die EZB „eine Tür geöffnet, hinter der die Gefahr eines Abwertungswettlaufes lauert“, kritisierte BGA-Präsident Anton F. Börner. Die Erfahrung zeigt, dass es in solchen Fällen nur Verlierer gibt.
Es gibt ein weiteres Motiv für die Anleihekäufe der EZB: Sie will dafür sorgen, dass die Geschäftsbanken in der Euro-Zone mehr Geld zur Verfügung haben, das sie an Unternehmen und Privatleute ausleihen können. Das funktioniert bisher kaum: Es gibt nur einen sehr schwachen Anstieg solcher Darlehen.
Und dann möchte die EZB die durchschnittliche Inflationsrate in der Euro-Zone mithilfe von QE steigern – auf ihr Ziel von knapp unter zwei Prozent. In den USA hat das funktioniert: QE hat die so genannte Kerninflation – also die Teuerung ohne Berücksichtigung der sinkenden Energie- und Lebensmittelpreise – in den vergangenen zwölf Monaten auf 2,1 Prozent steigen lassen. Das war eine Nebenwirkung des Anstiegs der realen Nachfrage, der sich aus der niedrigeren Arbeitslosigkeit ergab. Die hat inzwischen zu steigenden Löhnen geführt, und so ergibt sich die Teuerung.
In der Euro-Zone kann diese Strategie wahrscheinlich nicht funktionieren, da die Arbeitslosenrate immer noch bei fast zwölf Prozent liegt, ungefähr fünf Prozentpunkte mehr als vor Beginn der Rezession. Mit Quantitative Easing dürfte die EZB eine stärkere Inflation nur auf dem Umweg über höhere Importpreise erreichen, die aus dem Kursverfall des Euro resultieren. Das hat aber nur eine sehr begrenzte Wirkung, und die Kerninflation in der Eurozone liegt immer noch unter einem Prozent.
EZB-Präsident Mario Draghi reagierte letztens auf neue Belege der wirtschaftlichen Schwäche der Euro-Zone und Daten über die extrem niedrige Inflation mit der Andeutung, es sei gut möglich, dass seine Bank bei der nächsten geldpolitisch wichtigen Sitzung im März die Geldpolitik noch weiter lockern werde. Das könnte eine weitere Absenkung von jetzt schon negativen kurzfristigen Zinssätzen bedeuten, auch eine Ausweitung oder Verlängerung des Programms Zum Aufkauf von Wertpapieren..
Die Erfahrungen der vergangenen Jahre und die hier vorgestellten Überlegungen legen nahe, das seine solche Linie sehr wenig zu Wirtschaftswachstum und gewünschter Preisentwicklung in der Euro-Zone beitragen wird. Um wirkliche Fortschritte bei der Belebung ihrer Volkswirtschaften zu machen, dürfen sich die einzelnen europäischen Staaten nicht so sehr auf Quantitative Easing und die EZB verlassen. Sie müssen sich auf Strukturreformen und auf ihre eigenen Haushaltspolitik konzentrieren.