Rohstoffe Kakao wird zum braunen Gold

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Termingeschäfte ohne Lieferung

Was diesen Deals gemein ist: Bei einem Termingeschäft vereinbaren Käufer und Verkäufer, eine bestimmte Menge Kakao für einen vereinbarten Preis zu einem festgelegten Termin zu liefern.

Geliefert wird in der Regel aber nicht.

Der physische Handel mit Kakao läuft parallel zu den Börsendeals. An der Börse wetten Käufer und Verkäufer nur auf den Preis bei Lieferung. So sollen Verluste im physischen Handel mit Gewinnen an der Börse kompensiert werden. Da jede Wette eine Gegenseite braucht, sind Spekulanten wie Hedgefonds oder Banken in diesem Geschäft unerlässlich.

Kakao zieht Spekulanten an, weil der Weltmarkt mit etwa zwölf Milliarden Dollar vergleichsweise klein ist. Zum Vergleich: Bei Weizen ist der Markt 140 Milliarden Dollar schwer. Hinzu kommt, dass 70 Prozent der Ernte aus Westafrika stammen. Schlechte Nachrichten, etwa Bürgerkrieg oder Ebola, sowie gute Nachrichten, etwa optimales Wetter, aus dieser Region, können den Preis in kurzer Zeit kräftig nach oben oder nach unten schnellen lassen. Starke Preisschwankungen aber fördern die Wetten der Hegdefonds.

Kakao-Futures an der New Yorker Börse (zum Vergrößern bitte anklicken)

Wettkönig beim Kakao ist der britische Hedgefondsmanager Anthony Ward; Spitzname Schokofinger. Mehrfach versuchte er, Millionengewinne abzuschöpfen, indem er große Mengen Kakao kaufte. Seine Handelsabteilung für Agrarrohstoffe verkaufte er 2013 an die schweizerische Ekom. Das Zocken aber kann Ward nicht lassen. Sein Fonds CC+ wettet nach wie vor auf Kakao und Kaffee.

Gefährlich wird das, wenn ein Hedgefonds versucht, in den physischen Handel einzugreifen, um die eigenen Wetten zu pushen. Ebenso kritisch ist es, wenn Termingeschäfte vorab ausgekungelt werden – zum Schaden übriger Marktteilnehmer. So verurteilte die CFTC im Januar den Kakaokonzern Olam, weil die Handelsabteilungen zweier Tochterunternehmen sich bei ihren Börsendeals abgesprochen haben sollen.

Zehn Paletten für die Börse

Normalerweise haben Finanzinvestoren kein Interesse an physischem Kakao. Sie wickeln ihre Termingeschäfte ab, bevor die Ware ausgeliefert wird. In der Zwischenzeit liegt der Kakao in einem Lager wie dem des Hamburger Logistikers Cotterell. Die an der Börse gehandelten Kakaosäcke sind an den weißen Zetteln an jeder zehnten Palette zu erkennen. Zehn deshalb, weil auf jeder Palette etwa eine Tonne liegen. Zehn Tonnen sind die kleinste Handelsgröße für Kontrakte an der Londoner Kakaobörse. Palettenware wird bis zu 100 Tonnen, Schuttgütware bis zu 1000 Tonnen je Termingeschäft an der Börse gehandelt.

Mehrfach wechselt dieser Kakao den Besitzer, bevor er physisch ausgeliefert wird. Wer an der Börse Kakao kauft, weiß zunächst nicht, woher die Ware stammt. Laut Vorgaben der Londoner Börse sollen die Lagerhäuser in der Nähe der für den Kakaohandel wichtigen Häfen, darunter Amsterdam, Antwerpen, Hamburg und Liverpool, stehen. Der in Europa gelagerte Kakao kommt in einen Pool, der an der Börse gehandelt wird.

„Für die Kakaoverarbeiter ist dieser Pool eine eiserne Reserve für den Fall, dass die im physischen Handel georderte Menge nicht ausreicht“, sagt Thomas Cotterell. Er hat gerade seinen Tesla von der Ladestation genommen und fährt über das Hamburger Hafengelände zu einer seiner sieben Lagerhallen für Rohkakao. Dort schiebt ein Radlader seine mannshohe Schaufel in den mehrere Hundert Tonnen schweren Berg aus Kakaobohnen. Es staubt und knirscht. Die Arbeiter tragen Mundschutz, ihre blauen Overalls sind braun vom Staub. „Kakao ist ein Naturprodukt und immer dreckig“, sagt Thomas Cotterell.

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