Die am Freitag vergangener Woche verhängten US-Sanktionen gegen einige Putin-nahe russische Geschäftsleute und deren Unternehmer lassen die Märkte weiter taumeln. Am Mittwoch sank der Rubel um mehr als 1,8 Prozent. Zwischenzeitlich kostete ein Euro mehr als 80 Rubel. Zuletzt durchbrach die russische Währung Anfang 2016 diese Marke.
Die Investoren sind nicht nur wegen der Sanktionen verunsichert. Auch die Eskalation im Syrien-Konflikt lässt sie aus der russischen Währung fliehen. Zuletzt sorgten konkurrierende Resolutionsentwürfe Russlands und der USA für Streit im UN-Sicherheitsrat, weil sich die beiden Vetomächte gegenseitig blockierten.
Auch schätzen Experten die Wahrscheinlichkeit eines Militärangriffs auf Syrien in den kommenden Tagen als sehr hoch ein – die europäischen Flugsicherungsagentur Eurocontrol warnte am Dienstag Airlines vor Flügen über den Mittelmeerraum, weil sie mit Luftangriffen in den kommenden 72 Stunden rechne.
Putin lenkt Russlands Politik seit 18 Jahren
Putin übernimmt die Führung des Landes von Boris Jelzin. Sein erstes Mandat ist geprägt vom Tschetschenien-Krieg und vom Vorgehen gegen Oligarchen. Der prominenteste Fall ist der des Ölmanagers Michail Chodorkowski.
Putin konsolidiert seine Macht. Auch der Personenkult festigt sich. Bei einer scharfen Rede in München 2007 zeichnet sich der Konflikt Russlands mit dem Westen ab.
Nach der Verfassung darf Putin nach zwei Amtszeiten nicht wieder kandidieren. Sein Vertrauter Dmitri Medwedew übernimmt und wird Präsident, Putin Regierungschef. 2012 vollziehen sie eine „Rochade“, Putin wechselt wieder an die Staatsspitze.
Putins Rückkehr in den Kreml wird überschattet von Massenprotesten, die schon nach der Parlamentswahl 2011 begonnen hatten und auch nach der Präsidentenwahl aufflammten. International steht sie im Zeichen der Krim-Annexion 2014 und der schärfsten Spannungen mit dem Westen seit dem Ende des Kalten Kriegs.
Unterdessen scheint die russische Führung sich nicht weiter um die Währung zu sorgen. Die russische Zentralbankchefin sehe derzeit keinen Grund zum Eingreifen, auch wenn ihre Behörde eine Reihe von Maßnahmen in petto habe, um die Märkte zu stabilisieren, sagte sie am Dienstag. Es sieht so aus, als würden die Ereignisse als eine Art Markttest für die Stabilität der russischen Wirtschaft begriffen. So sagte auch der Pressesekretär der Regierung, Dmitrij Peskow, dass der Ausverkauf an den Börsen vor allem eine emotionale Reaktion auf die US-Sanktionen sei und dass es eine Korrektur an den Märkten geben werde, ohne jedoch auf mögliche Stabilisierungsmaßnahmen für die Märkte einzugehen.
Anders sehen die Situation die russischen Verbraucher sowie Firmen. So habe die Bevölkerung sich zum Kauf und Verkauf von Euro und Dollar in die Bankenfilialen aufgemacht, sagten Vertreter von Sberbank in russischen Medien. Dabei betrug der Abstand zwischen Kauf- und Verkaufskursen der ausländischen Währungen bis zu zehn Rubel – was ebenfalls auf eine Verunsicherung der Marktteilnehmer schließen lässt.
Auch bekommen die russischen Verbraucher die Währungsturbulenzen bei Käufen von Kühlschränken, Waschmaschinen und anderen Elektrogeräten zu spüren. So seien die russischen Verkäufer von Elektrogeräten von ihren europäischen Partnern über Preiserhöhungen zwischen fünf und zehn Prozent gewarnt worden, schreiben die Zeitungen „Vedmosti“ und „Kommersant“. Betroffen sollen unter anderem die russischen Niederlassungen von Media Markt sein. Die russischen Verbraucher haben wiederum auf die drohenden Preiserhöhungen mit einem gesteigerten Interesse an Haushaltstechnik reagiert. So hätten sich die Besuche von Online-Shops, die mit Elektronik handeln, seit Montag um rund 15 Prozent erhöht, sagte der Chef des russischen Verbands für Internethandel, Aleksej Fedorow. Die Situation erinnert stark an die Reaktionen auf den Rubel-Verfall nach der Krim-Annexion und die daraufhin verhängten Sanktionen durch Europa und die USA. Damals gab es einen Ansturm auf Ikea-Filialen, russische Zeitungen rieten ihren Lesern, sich möglichst schnell mit Haushaltsgeräten, Autos und Kleidung einzudecken, um wenigstens zum Teil drohenden Preiserhöhungen zu entgehen.