Schuldenverwaltung Spanische Emissionsflut belastet Märkte

Mit umfangreichen Anleiheemissionen riskiert Spanien, die Aufnahmefähigkeit des Markts zu überfordern. Mit dem Staat konkurrieren nicht nur andere öffentliche Schuldner Spaniens, sondern auch Unternehmen aus dem Land.

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Nach Berechnungen der UBS AG hat der spanische Staat den höchsten Finanzierungsbedarf seit 2005. Quelle: Reuters

Die spanische Schuldenverwaltung nimmt schneller als geplant Fremdmittel auf, um die niedrigen Renditen zu nutzen, die im Januar auf ein Zehnmonatstief gefallen sind. Nach Berechnungen der UBS AG hat der spanische Staat den höchsten Finanzierungsbedarf seit 2005. Öffentliche Institutionen, darunter eine staatliche Bank sowie eine Agentur, die Energiekredite garantiert, dürften ebenfalls versuchen, die gestiegene Nachfrage nach spanischen Schuldtiteln zu nutzen.

„Es besteht die Gefahr, dass im spanischen Markt angesichts der ganzen Emissionstätigkeit ein Verdrängungseffekt eintritt”, sagte Craig Veysey, Leiter Festverzinsliche bei Sanlam Private Investments Ltd. in London. “Wenn die Anleger auf Renditejagd gehen - und das war in diesem Jahr bislang der Fall - dann könnte die Nachfrage ausreichen, aber angesichts des noch zu erwartenden Emissionsvolumens und der schwachen Fundamentaldaten glauben wir, dass auf kurze Sicht eher höhere Renditen drohen.”

In der vergangenen Woche gab das spanische Wirtschaftsministerium bekannt, das Land habe bereits knapp 20 Prozent der für dieses Jahr geplanten Einnahmen aus Anleiheemissionen erreicht. Der europäische Anleihemarkt zeigt nach einer langen Rally und umfangreichen Emissionen im Januar erste Symptome einer “Verdauungsstörung”, schrieben die Kreditstrategen Alberto Gallo, Lee Tyrrell-Hendry und Shikhar Sethi von der Royal Bank of Scotland Group Plc in einer Kundennotiz am vergangenen Mittwoch.

„Je mehr die spanische Regierung den Markt anzapft, umso näher kommt der Zeitpunkt, an dem Angebot und Nachfrage umkippen”, sagte Justin Knight, Stratege bei der UBS in London. „Rallies können nur dann nachhaltig sein, wenn die Regierungen sich zurückhalten. Es ist aber nun einmal eine Tatsache, dass die spanische Regierung praktisch jedes Jahr Schuldtitel in Rekordhöhe ausgibt.”

Auch die spanischen Unternehmen haben es eilig, die verbesserte Stimmung der Anleger zu nutzen. Ence Energia & Celulosa SA, ein Anbieter erneuerbarer Energie, kam am 25. Januar erstmals an den Markt und stellte fest, dass die Nachfrage nach seinen Papieren das Angebot um das Vierfache übertraf, wie Unternehmenssprecher Luis Carlos Martinez mitteilte. Telefonica SA beschaffte sich am 8. Januar mit einer Zehnjahres-Anleihe 1,5 Mrd. Euro - nach Bloomberg-Daten die seit Jahresbeginn größte Emission eines spanischen Schuldners von außerhalb der Finanzbranche.

„Die Nachfrage wird hoch bleiben”, sagte Arturo Rojas Parada, Partner beim auf Unternehmensfinanzierung spezialisierten Beratungshaus Analistas Financieros Internacionales in Madrid. “Die Unternehmen versuchen, ihre Finanzierungsquellen zu diversifizieren und sich nicht mehr nur auf Bankkredite zu verlassen - und sie sind bereit, den Preis dafür zu zahlen.”

Spanien will am Dienstag dieser Woche Schatzwechsel mit Laufzeiten von drei und neun Monaten am Markt platzieren. Am 21. Februar sollen Anleihen mit Fälligkeit 2015, 2019 und 2023 folgen.

Die Verschuldung der öffentlichen Hand hat Rekordniveau erreicht. Gegenüber 2008, als sie 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betrug, hat sie sich mehr als verdoppelt. Die Europäische Kommission, die in dieser Woche ihre Prognosen aktualisieren will, rechnet für nächstes Jahr mit einem Anstieg auf 97,1 Prozent des BIP.

Im vergangenen Jahr verzeichnete die Schuldenlast Spaniens ihren steilsten Anstieg, auf über 882 Mrd. Euro oder etwa 84 Prozent des BIP, wie die Tageszeitung El Pais am Sonntag berichtete. Die Regierung wird in den kommenden Wochen die Daten für die öffentlichen Schulden und für das Haushaltsdefizit veröffentlichen.

Das Finanzministerium wird den staatlichen Rettungsfonds FLA in diesem Jahr mit 23 Mrd. Euro ausstatten. Im vergangenen Jahr flossen 18 Mrd. Euro an den Fonds, auf dessen Unterstützung Regionen wie Katalonien, Valencia und Andalusien weiterhin angewiesen sind.

Staatliche Agenturen wie der Bankenrettungsfonds FROB, wie der für die Begleichung kommunaler Schulden zuständige FFPP- Fonds oder wie FADE, der die Anleihen von Firmen aus der Energiebranche garantiert, haben nach Daten der Commerzbank AG insgesamt rund 140 Mrd. Euro im Umlauf. 90 Prozent davon werden in den kommenden fünf Jahren fällig.

„Nach den Ankündigungen der Schuldenagentur wollen sie noch eine Menge Anleihen platzieren, und zwar mehr, als der Markt in den letzten Jahren aufgenommen hat”, sagte David Schnautz, Anleihestratege bei der Commerzbank in New York. “Und dann gibt es Konkurrenz für den Staat, denn andere öffentliche Schuldner wollen auch an den Markt. Das Jahr bleibt schwierig.”

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