Zinsentscheide mehrerer Notenbanken Die Angst vor dem Ende des billigen Geldes

Gleich drei international bedeutende Notenbanken entscheiden in dieser Woche über ihre Geldpolitik. Am japanischen Markt sorgten die Geldwächter bereits für dramatische Veränderungen.

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Die Währungshüter in Tokio haben ihre expansiven Instrumente bereits stark ausgereizt. Quelle: Imago

Tokio, Washington und London: In diesen drei Städten tagen in dieser Woche die jeweiligen Notenbanken. Der Beschluss dürfte in allen Städten der gleiche sein: Die Höhe des Zinses wird nicht angetastet, er bleibt so niedrig.
„Wenige Tage vor der US-Wahl wird die Fed nicht mit einer unerwarteten Zinsanhebung für Volatilität sorgen wollen“, sagt Volkswirt Christoph Balz von der Commerzbank. Im Dezember dürfte es nach Meinung der Experten dann aber so weit sein. Denn die Konjunktur in der größten Volkswirtschaft der Welt läuft gut, vor allem der Arbeitsmarkt brummt. „Nur sehr negative Daten können einen Zinsschritt im Dezember noch verhindern“, ist sich Balz sicher.

Auch die Notenbank in Japan wird nach Ansicht von Experten erst einmal die Füße still halten. Die Bank of Japan (Dienstag) hat ihrer ultra-lockeren Geldpolitik erst bei der vergangenen Sitzung im Dezember eine neue Stoßrichtung gegeben. Und damit den Anleihenmarkt komplett verändert.

Denn das durchschnittliche tägliche Handelsvolumen von Staatsanleihen hat sich beinahe halbiert, nachdem die Bank of Japan Renditekurvenstrategie bekannt gab, berichtet das Wall Street. Der Handel mit den Staatsanleihen im zweitgrößten Anleihemarkt der Welt fiel im Oktober gegenüber dem Vormonat um fast 50 Prozent, so der Datenanbieter Quick Corp.

Der Rückgang zeigt, wie Händler und Anleger auf die jüngsten geldpolitischen Manöver der Bank of Japan reagieren: indem sie an der Seitenlinie sitzen. „Für jemanden wie mich, der gerne Handel treibt, sind wir nun in einer,calm period‘“, sagte Tadashi Matsukawa, Leiter Festverzinsliche bei Pine Bridge Investments in Tokio. „Jetzt müssen wir als langfristiger Investor agieren anstatt wie früher, als wir aktiver Tageshändler waren“.

Die BoJ hatte am 21. September angekündigt, die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen auf dem Niveau von null Prozent zu halten – eine überraschende Ankündigung für eine Notenbank. Zu diesem Zeitpunkt war die Rendite für diese Anleihen negativ. Ihre Politik, bekannt als „Rendite-Kurve-Kontrolle“, wurde entwickelt, um die langfristigen Zinssätze in Japan zu erhöhen. Das soll Banken und Versicherer helfen, profitabler zu wirtschaften.

Dieser unkonventionelle Schritt offenbart auch die Probleme, vor denen die globalen Zentralbanken wie beispielsweise die Europäische Zentralbank (EZB) gegenübersehen. Denn auch die EZB hat ein Anleihenkaufprogramm in Höhe von 80 Milliarden Euro aufgelegt und kauft ebenfalls staatliche Bonds.


Rückgang der Volatilität belastet japanische Banken

In Japan bewegte sich seit der Ankündigung der BoJ die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen von minus 0,05 Prozent bis in die Nähe des Zentralbank-Ziels. Mittlerweile liegen die Renditen von Staatsanleihen mit kürzeren Laufzeiten im Negativbereich, was zu einer steileren Zinsstrukturkurve führt. Diese Kurve stellt am Rentenmarkt die Zinsen zu verschiedenen Laufzeiten dar.

Das Problem für Investoren ist, dass die BoJ mit ihrer Entscheidung den Handel unattraktiv macht. Händler haben nur noch wenig Anreiz, auf eine Bewegung der Kurse am Anleihenmarkt zu setzen. Die BoJ besitzt fast ein Drittel der Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren oder mehr.

Entsprechend ist die Volatilität der Zehnjährigen seit Jahresbeginn auf das niedrigste Niveau gesunken. Ein schlechtes Signal für Händler, die von volatilen Märkten profitieren. Die geringen Handelsaktivitäten in zehnjährige Staatsanleihen könnten laut Wall Street Journal zudem einige unbeabsichtigte Konsequenzen haben. Erstens könnte dadurch das Ziel der Zentralbank in Gefahr sein, die langfristigen Zinssätze zu erhöhen. Während der Handel mit Zehnjährigen abgestürzt ist, hat sich der mit längerfristigen Anleihen wie mit 30 Jahren Laufzeit relativ gut gehalten. Diese Anleihen haben immer noch eine positive Rendite und die ist sogar innerhalb eines Monates von 0,462 Prozent auf 0,518 Prozent gestiegen. Sollten die Investoren weiterhin auf solche Langläufer setzen, würde dadurch die Zinskurve abgeflacht.

Der zweite Punkt: Die Gewinne, die Banken und Wertpapierfirmen aus dem Handel mit Staatsanleihen, dürften deutlich sinken. „Ein Rückgang der Volatilität macht es für Banken schwieriger, Handelsgewinne zu erzielen“, meint Kentaro Kogi, Bankanalyst bei der Citigroup in Tokio.

In den vergangenen fünf Jahren kamen rund die Hälfte der Anleihegewinne bei den zwei größten japanischen Banken, Mitsubishi UFJ und die Mizuho, vom Handel mit Staatsanleihen, sagte Kogi. Investoren hingegen überdenken ihre Strategien. Laut Matsukawa von Pine Brases erwägen bereits viele, nächstes Jahr inflationsgebundene Anleihen oder hochverzinsliche Unternehmensanleihen für nächstes Jahr zu kaufen.

Als dritte Notenbank tritt in dieser Woche die Bank of England in Aktion. Aber auch die britischen Währungshüter werden ihren Leitzins am Donnerstag wohl ebenfalls unverändert bei 0,25 Prozent halten. Die Wirtschaft des Landes verlor seit dem Votum für einen Austritt aus der Europäischen Union entgegen der Erwartungen kaum an Fahrt. „Damit kann die Bank of England getrost stillhalten und die weiteren Entwicklungen abwarten“, sagt Commerzbank-Devisenexpertin Antje Praefcken.

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