Finanzmärkte Sorge vor neuer Euro-Krise

Zum Wochenausklang macht sich an den europäischen Börsen Nervosität breit. Der Grund: Das Referendum in Italien. Derweil wird in den USA eine Leitzinserhöhung im Dezember immer wahrscheinlicher.

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Euro-Symbol in Frankfurt: Vor der Abstimmung der Italiener über ihre Verfassungsänderung und die Bundespräsidenten-Wahl in Österreich steigt die Nervosität der Investoren in Europa. Quelle: dapd

Frankfurt Das nächste politische Großereignis wirft seine Schatten an den Börsen voraus: Am Sonntag stimmen die Italiener über eine von Ministerpräsident Matteo Renzi vorangetriebene Verfassungsreform ab. Renzi hat für den Fall einer Niederlage mit seinem Rücktritt gedroht. Das Ergebnis könnte vor allem die Europa-Kritiker stärken und damit wieder die Furcht vor einer Euro-Krise befeuern.

Die europäischen Börsen beendeten ihre Handelswoche mit Kursverlusten im Minus. Der deutsche Leitindex Dax gab am Freitag um 0,2 Prozent ab auf 10513 Punkte. Damit verlor der Index über die Woche 1,5 Prozent. Der führende Euro-Zonen-Index Euro Stoxx50 gab in der vergangenen Woche 0,3 Prozent ab.

Ohne Reformen sei Italien nicht wettbewerbsfähig, mahnt Edgar Walk, Chefvolkswirt bei Metzler Asset Management in Frankfurt. Italien würde dann aufgrund der fehlenden Wettbewerbsfähigkeit immer weiter den Anschluss an die anderen EU-Länder verlieren und langsam aber sicher zum Armenhaus Europas werden, mahnt er. Trotz der Wichtigkeit der Reformen zeigten die Umfragen im Vorfeld des Referendums, dass eine Mehrheit der Wähler das Referendum ablehnen möchte.
Auch die Bundespräsidentenwahl in Österreich beunruhigt die Investoren. Sollte der Kandidat der rechtspopulistischen FPÖ, Norbert Hofer, die Wahl gewinnen, könnte dies anti-europäische Kräfte weiter stärken, meinen Analysten.

Ansonsten stand der Ölpreis im Blick der Investoren: Eine Einigung der Vereinigung erdölproduzierender Staaten Opec auf Förderkürzungen sorgte für einen starken Preisanstieg an den Ölmärkten. So verteuerte sich Nordseeöl der Sorte Brent auf rund 54 Dollar je 159-Liter-Fass von rund 47 Dollar vor einer Woche.

An der New Yorker Wall Street beschäftigten Anleger sich neben dem Italien-Referendum mit Spekulationen um die nächste US-Leitzinserhöhung. Auf die am Freitag veröffentlichten überraschend positiven Arbeitsmarktdaten reagierten Anleger verhalten. Der Leitindex Dow Jones gab um leichte 0,1 Prozent ab auf 19.170 Punkte, was einem Wochenplus von 0,1 Prozent entspricht.

Im November waren in den USA außerhalb der Landwirtschaft mit 178.000 etwas mehr Stellen als mit 175.000 erwartet geschaffen worden. Zugleich fiel die Arbeitslosenquote überraschend mit 4,6 Prozent auf den tiefsten Stand seit mehr als neun Jahren. Damit gilt der Weg für die erste Zinserhöhung der US-Notenbank Fed seit einem Jahr als frei. Die Belebung des Arbeitsmarktes setze sich fort, erklärt Helaba-Analyst Ralf Umlauf. „Eine Zinserhöhung seitens der Fed in diesem Monat gilt als ausgemacht, und die Zahlen untermauern dies auch.“ Die Fed hält ihren Leitzins seit 2015 in einer Spanne von 0,25 bis 0,5 Prozent.


Finanzwerte standen zum Wochenausklang deutlich unter Druck

Jenseits und diesseits des Atlantiks machten Anleger vor allem bei Finanzwerten Kasse – allerdings aus unterschiedlichen Gründen. In den USA hatten Bankenwerte zuletzt besonders von der Aussicht auf weniger Regularien nach der Wahl von Donald Trump zum künftigen US-Präsidenten profitiert. So sackten die Aktien von Goldman Sachs am Freitag zeitweise mehr als zwei Prozent ab. In den vergangenen vier Wochen hatten die Titel rund 27 Prozent zugelegt. Der Dow-Jones-Index hat im gleichen Zeitraum 6,4 Prozent gewonnen.

Auch in Europa waren Bankaktien besonders schwach. Der Sektor gilt als besonders gefährdet, je nach Ausgang des Referendums in Italien. Titel der UBI Banca verloren 4,7 Prozent, der Raiffeisen Bank International gaben 4,1 Prozent ab. Im Dax trugen Aktie der Commerzbank AG und der Deutsche Bank mit je knapp zwei Prozent Minus die rote Laterne. In der Schweiz gaben die Titel der Credit Suisse zwei Prozent ab, Aktien der UBS 1,7 Prozent.

In der kommenden Woche werden Investoren zudem auf die Europäische Zentralbank (EZB) blicken und weitere Hinweise auf die Lage der Welt-Konjunktur bekommen. Die EZB dürfte ihren Leitzins weiterhin rekordtief lassen und die Verlängerung ihres Anleihekaufprogramms ankündigen, sind sich Bankstrategen einig.

Am Montag stehen zudem ISM-Stimmungsdaten für den US-Dienstleistungssektor und Eurolands Einzelhandelsumsätze für Oktober an, die sich minimal verbessert haben könnten. Auch für Auftragseingänge in Deutschland und den USA im Oktober am Dienstag zeigen sich Analysten positiv. Ebenso rechnen sie mit besseren Zahlen zur Industrieproduktion in Deutschland für Oktober und einem leicht gestiegenen US-Verbrauchervertrauen am Freitag.

mit Material von Reuters

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