Im Euroraum wäre es vermutlich auch schon so gekommen – hätte nicht die Europäische Zentralbank (EZB) interveniert. Sie will verhindern, dass die Banken die Kredit- und Geldmengen zusammenschrumpfen. Dazu muss sie allerdings zu immer drastischeren Maßnahmen greifen. So ist beispielsweise damit zu rechnen, dass die Banken wieder bei Bedarf betrags- und fristenmäßig quasi unbegrenzte Kredite zu Tiefstzinsen angeboten bekommen. Aber nicht nur das würde für ein gewaltiges Anschwellen der Euro-Basisgeldmenge sorgen.
Um die Liquiditätssituation und die Eigenkapitalsituation der Euro-Banken zu verbessern, wird die EZB ihnen wohl noch in ganz großem Stile Kredite und Wertpapiere abkaufen und dafür mit neu geschaffenen Euro bezahlen. Allein um die täglich fälligen Verbindlichkeiten der Euro-Banken zu mit Euro-Basisgeld zu decken, müsste die EZB Papiere im Betrag von mehr als 5 Billionen – das entspräche etwa 50 Prozent der gesamten Staatsverschuldung im Euroraum- schaffen.
Zusätzlich dazu können die Staaten Anleihen ausgegeben, die von der EZB gekauft werden. Die auf diese Weise neu geschaffenen Euro Geld zahlen sie dann als Eigenkapital in ihre heimischen Banken ein. Die Geldhäuser wären nicht nur neu kapitalisiert, die Regierungen hätten fortan auch ein gehöriges Wörtchen mitzureden bei Kreditvergabeentscheidungen der Banken. Damit wäre übrigens auch der Weg zu einer Verstaatlichung der Euro-Banken geebnet – eine Perspektive, die vermutlich für so mache Regierung durchaus politisch verlockend sein könnte.
Die Probleme werden nur noch größer
Die Sorge vieler Investoren, der Euro-Kreditboom könnte nunmehr sein „Endspiel“ erreicht haben, ist zwar alles andere als unbegründet, aber vermutlich doch noch etwas verfrüht. Denn es gibt nicht nur eine machtvolle politische Interesselage – allen voran Staaten, Banken und Großunternehmen –, die ein besonders großes Interesse daran haben, den „Bust“ abzuwehren. Zudem bietet das Fiat-Geldsystem noch immer eine ganze Reihe von Mitteln und Wegen, mit denen man den finalen Kollaps des Kreditboom noch hinauszögern kann.
Grund zum Jubeln ist das nicht. Denn je länger der mit Fiat-Geld angetriebene Kreditboom andauert, je größer werden die volkswirtschaftlichen Schäden, die er anrichtet, und folglich wird auch die letztlich ins Haus stehende Bereinigungskrise immer schwerer. Das betrifft natürlich nicht nur den Euro, sondern auch alle anderen wichtigen Währungen der Welt. Ob nun US-Dollar, Euro, chinesischer Renminbi, japanischer Yen, Britisches Pfund oder Schweizer Franken: Sie alle sind ungedecktes, beliebig vermehrbares Papier- beziehungsweise Fiat-Geld.
Als beliebig, jederzeit per Knopfdruck vermehrbares Fiat-Geld gehen sie alle – die einen schneller, die anderen langsamer – dem Schicksal der Kaufkraftentwertung entgehen. Für den Euro zumindest hat EZB-Präsident Mario Draghi diesen Weg am 26. Juli 2012 unmissverständlich aufgezeigt, indem er sagte, die EZB werde den Euro um jeden Preis erhalten („[T]he ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.“): Da der Euro einen Kreditboom-Kollaps aller Voraussicht nach nicht überstehen würde, vielleicht aber eine Inflationierung, wäre es doch überraschend, wenn die verbliebene Chance nicht genutzt wird. Ein Schrecken ohne Ende erscheint derzeit doch wahrscheinlicher zu sein als ein Ende mit Schrecken.