Musterdepots „Vorsatz oder Fahrlässigkeit?“

Die Autoren sind über den Richtungswechsel der Fed verwundert. Allerdings bewerten sie diesen Schritt unterschiedlich. Janet Yellen will die milliardenschweren Anleihekäufe doch noch länger fortsetzen als geplant.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Daniel Hupfer

Die amerikanischen Aktienmärkte haben die Schwäche der letzten Tage nahezu wieder ausgeglichen. Am Mittwochabend half die Veröffentlichung des Protokolls der letzten Sitzung der US-Notenbank Fed. Aussagen mehrerer Mitglieder des Offenmarktauschusses, dass die jüngste Projektion der Fed die Geschwindigkeit der Leitzinserhöhungen wohl überzeichne, halfen den Aktienmärkten auf die Sprünge.

In Europa sorgte die Ankündigung Griechenlands für Beachtung, nach mehr als vierjähriger Abstinenz am Kapitalmarkt eine fünfjährige Anleihe begeben zu wollen. Die gelungene Platzierung der Anleihe wird das Vertrauen der Anleger in die europäische Peripherie stärken, so dass das Kapitel Eurokrise zunehmend in den Hintergrund tritt. Letzteres ist aber auch auf die Reformen zurückzuführen, die in vielen Staaten der Peripherie angegangen worden sind und sich zunehmend auf die Stabilität der Länder positiv auswirken.

Die sehr erfolgreiche Emission der fünfjährigen Griechenlandanleihe (Rendite: 4,95 Prozent per anno) zeigt den noch immer unvermindert anhaltenden Anlagedruck sehr deutlich. Das Emissionsvolumen beläuft sich auf drei Milliarden Euro und hätte der griechische Staats alle vorhandenen Zeichnungsangebote der Anleger akzeptiert, wäre das Volumen der Anleihe auf mehr als 20 Milliarden Euro angewachsen. Das Risiko eines erneuten Kapitalschnittes wird von den Anlegern in den Hintergrund gedrängt, denn die Probleme in Griechenland sind keinesfalls gelöst. Zudem waren sicherlich einige Trader dabei, die auf kurzfristige Kursgewinne spekulieren, aber ein großer Teil der Anleger wird diese Anleihe auch über einen längeren Zeitraum halten.


Yellen will passgenau in Bernankes Fußstapfen treten

Unberechenbarkeit oder Unvermögen? Vorsatz oder Fahrlässigkeit? Was steckt hinter den Hin-und-her bei der Antwort auf die Frage nach dem wahrscheinlichsten Zeitpunkt für eine Zinswende in den USA, mit dem Janet Yellen die Märkte irritiert?

Erst vor drei Wochen hatte die neue Chefin der US-Notenbank Fed klipp und klar gesagt, es würden nach dem Ende der milliardenschweren Anleihekäufe noch „so was um sechs Monate“ vergehen bis zur ersten Leitzinserhöhung – was deutlich früher war, als die Investoren bis dahin vermutet hatten.

Doch davon wollen die Zentralbanker laut dem am Mittwochabend veröffentlichten Protokoll der letzten Ratssitzung überraschenderweise gar nichts wissen. Vielmehr zeigten sich die Währungs-„Hüter“ laut den Mitschriften besorgt, die Märkte könnten aus den aktuellen Projektionen einen aggressiveren Kurs herauslesen als ihn die Fed zu steuern gedenke.

Die Folge: Investoren sind gezwungen schon wieder umzusteuern und erwarten jetzt, dass die erste Zinserhöhung doch erst ab Juli 2015 ansteht – nicht wie bis vor kurzem noch gedacht bereits in der ersten Hälfte des kommenden Jahres.

Wer Yellens Worte für bare Münze genommen hatte und zum Beispiel auf ein Wiedererstarken des US-Dollars gesetzt hat, ist gekniffen – und gerät in Erklärungsnot: Spiegelbildlich zu dem, was sämtliche Anlagestrategen zuletzt vorausgesagt haben, reagiert nun die US-Währung und verliert an Wert – statt zuzulegen. Im Gegenzug kletterte beispielsweise der Euro auf fast 1,39 US-Dollar – den höchsten Stand seit Ende März.

Die ersten Stellungnahmen am Markt reichen von Verwunderung bis Kopfschütteln: Das Sitzungsprotokoll lasse durchblicken, „dass die Chefin des Hauses wohl nicht ganz die Meinung des Rates kundtat, als sie einen konkreten Zeitpunkt für einen solchen Zinsschritt nach oben ins Spiel brachte“, spöttelt Marktanalyst Niall Delventhal von DailyFX.

Yellen lässt offensichtlich nichts unversucht, um möglichst passgenau in die Fußstapfen ihres Amtsvorgängers Ben Bernanke zu treten. Auch er gilt nicht nur als Befürworter einer im Zweifel lieber überexpansiven Geldpolitik – sondern wurde nach seinem Schlingerkurs im vergangenen Jahr zunehmend als Gefahr für die Glaubwürdigkeit der amerikanischen Zentralbank wahrgenommen.

Fazit für langfristig orientierte Anleger: Wer auf bestimmte Marktentwicklung wie einen sinkenden Eurokurs setzen möchte, sollte derzeit die Finger lassen von hochspekulativen Instrumenten – wie beispielsweise Optionsscheinen und anderen Hebelprodukten. Sonst droht wegen der anhaltenden Willkür der Notenbankpolitik schnell der Totalverlust.


Google wirkt ein wenig desorientiert

Am Donnerstag gerieten die Iberdrola Aktien unter Druck. Der Grund dafür war, dass die verstaatlichte spanische Bankia im Rahmen eines Sanierungsprogramms seine Iberdrola Beteiligung komplett veräußert hat. Wir bleiben selbstverständlich investiert und sehen unter Berücksichtigung deutlicher Unterbewertung und solider Free Cash Flows weiteres Kurspotential beim spanischen Versorger.

Uwe Freier hat einen ausführlichen Kommentar für sein „ETF Werte des ICAX“-wikifolio geschrieben, das sich auf Internet-Werte spezialisiert. Von der „allgemeinen Börsenstimmung“ bleiben natürlich auch die Werte der Internet Content Economy nicht verschont, sie als auslösendes Moment zu sehen bezweifle ich stark, obgleich gerade die von konservativer Seite immer schon mit einem Naserümpfen betrachteten „social network“-Werte wie Twitter und Facebook kräftig unter Druck geraten sind (wobei sich Facebook wirklich tapfer schlägt).

Aber auch schon fast etablierte Börsenwerte wie Amazon und Ebay lassen sich etwas hängen, Google wirkt seit dem Aktiensplit ein wenig desorientiert und trägt damit sicherlich auch nicht zur Stabilisation bei, und den chinesischen Werten spielt die Wirtschaftslage im Heimatland nicht wirklich gut in die Hände. Wobei man Dangdang da separat sehen muss, die sich nach einem Kurssprung im März von 7,50 auf fast 13,50 Euro jetzt wieder auf einem moderaten Niveau einpendeln. Sicherlich war die Situation schon mal besser, aber momentan ist das noch „Motzen auf hohem Niveau“ und weitere Rücksetzer keinesfalls ausgeschlossen. Deshalb sollte man einem derartigen Investment Zeit geben, um am mittel- bis langfristigen Wertanstieg zu partizipieren.

Die Beiträge stellen keine Anlageberatung dar, insbesondere geben sie keine Empfehlung zum Kauf der genannten Wertpapiere. Sie sollen einen Anreiz zum Nachdenken und zur Diskussion über Marktentwicklungen und Anlagestrategien geben.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%