Gold aus der NS-Zeit gibt Forschern Rätsel auf
Es scheint sich alles gegen das Gold verschworen zu haben: Der Dollar, die Zinsen, die Rohstoffe, die Inflation, die Spekulanten, die Goldfonds – und jetzt auch noch die Chinesen. Der Goldpreis ist heute so tief wie zuletzt vor fünf Jahren. Im asiatischen Handel durchschlug er kurz die Marke von 1100 Dollar je Unze nach unten. In Europa wurden wieder über 1110 Dollar für die 31,1 Gramm gezahlt.
Der kurzfristige Absacker am Montag früh hatte weniger mit den erwähnten Faktoren zu tun, sondern war anscheinend ausgelöst durch kurzfristig orientierte Trader. Schon in den Vorwochen hatten die spekulativen Positionen, die an den wichtigen Terminbörsen auf einen Preisverfall setzen, hohe Werte erreicht. Außerdem lagen im Bereich 1140 bis 1150 Dollar wichtige Unterstützungslinien, die in der jüngeren Zeit immer gehalten hatten. Werden Niveaus verletzt, löst das Anschlussliquidationen aus. „Der plötzliche Sturz scheint ausgelöst durch Stop-loss-Verkäufe, die nichts mit den Fundamentaldaten zu tun haben“, sagte deshalb ein Händler in Schanghai.
Die wichtigsten Fakten zu Gold
Die gesamte Goldnachfrage im dritten Quartal 2014 betrug 929,3 Tonnen. Damit ist die Nachfrage um 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 952,8) gefallen.
Quelle: World Gold Council
Die weltweite Nachfrage nach Schmuck betrug im dritten Quartal 2014 insgesamt 534,2 Tonnen und ist damit um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q3'13: 556,3) gefallen.
Die Nachfrage des Technologiesektors belief sich im dritten Quartal 2014 auf 97,9 Tonnen und fiel, verglichen mit den 103,1 Tonnen im dritten Quartal 2013, um fünf Prozent.
Die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen ist im dritten Quartal 2014 deutlich gesunken – auf 245,6 Tonnen. Ein Minus von 21 Prozent im Vergleich zu 2013 (Q3: 312,3).
Dass die Gesamtnachfrage nach Gold gefallen ist, ist auch auf die Abflüsse aus Gold-EFTs zurückzuführen. Im dritten Quartal 2014 beliefen sich diese auf 41,3 Tonnen. Allerdings ist das deutlich weniger als im Vorjahr. Im dritten Quartlal 2013 betrugen sie noch 120,2 Tonnen.
Die Nettoeinkäufe von Zentralbanken betrugen im dritten Quartal 2014 92,8 Tonnen. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Rückgang von neun Prozent (Q3'13: 101,5).
Die Goldnachfrage im Investment belief sich im dritten Quartal 2014 auf 204,4 Tonnen. Das ist eine minimale Steigerung von sechs Prozent, im Vorjahresquartal waren es 192 Tonnen.
Die sinkende Beliebtheit bei den Investoren spiegeln auch die weiter fallenden Bestände bei den großen Goldfonds wider. Vom Top von knapp über 2600 Tonnen vor drei Jahren sind heute nur noch 1600 Tonnen übrig. Die Differenz entspricht etwa einem Drittel der jährlichen Minenproduktion. Der Trend gibt einen Hinweis auf die sinkende Popularität breiter Anlegerkreise, die hier schnell bei Gold ein- und aussteigen können – ohne mit den Problemen des physischen Erwerbs wie Lieferzeiten, Lagerung, Versicherung kämpfen zu müssen.
China und Iran dämpfen die Stimmung
Die Abwärtsdrift hatte sich bereits in der vergangenen Woche angedeutet. Sie wurde ausgelöst durch eine Bestätigung der US-Notenbankchefin Janet Yellen, sie werde die Leitzinsen noch in diesem Jahr erhöhen. „Die damit verbundene Stärkung des Dollars setzte den Goldpreis unter Druck“, urteilt Philip Klapwijk, Leiter der Beratungsfirma Precious Metals Insights in Hongkong. Die Verbindung Dollar-Zinsen-Gold ist so zu erklären: Höhere Zinsen machen den Dollar als Anlagewährung attraktiver, darunter leidet Gold, dem Metall, das als Alternativwährung zur Weltleitwährung angesehen wird. Bereits am Freitag war der Goldpreis auf ein neues Fünfjahrestief gefallen.
Die Stimmung am Freitag drückten auch die Bekanntgabe der chinesischen Goldbestände. Das werteten Beobachter als wichtiges Indiz für die Attraktivität des Edelmetalls für die Regierung des Landes – zuletzt waren diese Bestände vor sechs Jahren beziffert worden. Die aktuelle Menge von 1658 Tonnen fiel allerdings geringer aus als von manchen Fachleuten erwartet.
Die geschwundene Angst der Investoren vor Inflation ist ein weiterer belastender Faktor in der jüngeren Vergangenheit gewesen. In der großen Hausse dieses Jahrtausends bis zum Top-Preis bei 1900 Dollar je Unze vor vier Jahren hatten die Schuldendiskussion und Sorge vor höherer Geldentwertung die Nachfrage nach Gold angefacht. Doch diese Ängste sind gewichen.
Stattdessen sind disinflationäre Sorgen in den Vordergrund gerückt. Ganz aktuell „auch durch den Börsen-Kollaps in China und die Iran-Annäherung“, meint Ronald-Peter Stöferle, Partner beim liechtensteinischen Vermögensverwalter Incrementum. Mit der Annährung des Westens an den Iran dürfte das wichtige Öl-Erzeugerland mehr von dem Energie-Rohstoff exportieren und so möglicherweise den Preis weiter drücken.
Über die reine Nachfragebetrachtung hinaus scheint auch auf der Angebotsseite keine Verknappung sichtbar. Im Gegenteil. Die Analysten von Vontobel Asset Management halten es für unwahrscheinlich, dass die Minen ihre Produktionsmenge senken. Fazit der Schweizer: „Somit wird das Überangebot in einer Zeit schleppender Anlegernachfrage wahrscheinlich ein Problem bleiben.“