Das Erscheinen von „Jim Murray’s Whisky Bible 2016“ im November sorgte für Aufregung. Der vielbeachtete Kritiker urteilt in seinem Buch über 4700 verschiedene Whiskys, 1000 davon zum ersten Mal.
Ergebnis: Der beste Whisky - der „Whisky des Jahres“ - ist ein kanadischer Roggenwhisky, namentlich der Crown Royal Northern Harvest. Auch bei der Verleihung der in der Szene bekannten „Malt Maniac Awards“, bei der eine Jury den besten Whisky durch eine Blindverkostung ermittelt, konnten die Schotten nicht recht punkten. Sieger war vielmehr die Destillerie Kavalan, die erst seit 2006 in Taiwan Whisky herstellt.
Das düpiert die schottischen Whiskyfreunde, schließlich ist der aufwendig destillierte und langsam gereifte Whisky seit Jahrhunderten zentrales Kultur- und Wirtschaftsgut, der ganze Stolz Schottlands und weltweit berühmt.
Murray aber gibt sich beharrlich: Alle Kritiker würden verstummen, wenn sie den edlen Tropfen aus Kanada kosten würden. So wäre es schon im Jahr zuvor gewesen, als er einen japanischen Whisky der Marke Yamazaki auf den Thron gehoben hatte. Spitzenwhiskys werden rund um den Globus produziert, sogar einen aus dem Saarland hat Murray in seiner jüngsten Whisky-Bibel ausgezeichnet.
Informationsquellen für Whisky-Liebhaber
Über 9.400 Tasting-Notes vom Single-Malt Guru Serge Valentin:
Prämierter Whisky-Blog:
Michael Jackson, Doling Kindersley: Whisky. Alle Marken und Destillerien der Welt
Michael Jackson: Malt Whisky. Das Standardwerk
Jim Murray's Whisky Bible 2012 (engl., ab Oktober 2011)
Marc A. Hoffmann: Whisky: Marken aus der ganzen Welt
Schon ein altes Sprichwort sagt, es gibt keinen schlechten Whisky, nur guten oder besseren. Ein Single Malt Whisky ist immer hochwertig - wer ihn genießt, wird selten einen Kater erleben. Welcher einem als der Beste erscheint, ist daher vor allem eine Frage des persönlichen Geschmacks. Und ebenso sicher ist es, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist.
Woher die besten Whiskys der Welt kommen, ist also ebenso wenig pauschal zu beantworten wie die Frage nach dem besten Whisky von allen. Doch aller Meisterschaft in fernen Ländern zum Trotz bleibt Schottland das Whiskyland Nummer eins, mit der längsten Tradition und Erfahrung, den meisten Destillerien, der größten Produktionsmenge und nicht zuletzt dem größten Whiskyexport. Wer als Geschenk oder für den Genuss in der Weihnachtszeit einen ganz besonderen Tropfen sucht, dem seien schottische Whiskys schon aufgrund der großen Vielfalt wärmstens empfohlen. Unsere kleine Whiskykunde soll dabei helfen, die richtige Flasche zu finden.
Viel Auswahl, viel Charakter
Wer es einfach mag, geht einfach in den gutsortieren Supermarkt und kauft einen Scotch für weniger als 30 Euro. Dafür bekommt er sicher hochwertigen Whisky – aber er verpasst dafür den großen Geschmacksreichtum, den ein besonderer Whisky zu bieten hat. Es geht hier ausdrücklich nicht um die Blends, für die Whisky aus verschiedenen Destillen gemischt wird und die durch Marken wie Johnnie Walker, Ballantines oder Chivas Regal Whisky zur beliebtesten Spirituose weltweit machen.
Der wahre Whisky-Kenner konzentriert sich vielmehr auf Single Malt Scotch Whisky und seine ganz eigenen Charakteristika. Single Malt darf nur einer einzigen Destille entstammen, in Schottland besteht er aus gemälzter Gerste, Wasser und Hefe, wird in großen Brennblasen destilliert und muss mindestens drei Jahre im Fass verbracht haben. Er darf aber durchaus mit verschiedenen Fässern derselben Destillerie verschnitten sein. Steht ein Alter auf der Flasche, so ist damit immer der jüngste Bestandteil gemeint, es können auch viel ältere enthalten sein. So kann am Ende Whisky unterschiedlichen Alters, diverser Fassgrößen und -reifungen und mit unterschiedlichem Alkoholgehalt in einer Flasche Single Malt Scotch landen.
Schottland zählt mehr als 100 Destillerien, unterteilt in die Regionen Campbeltown, Lowlands, Highlands, Speyside und der Inselgruppe Islay. Zur Freude der Liebhaber, Sammler und Genussfreudigen bieten sie mit ihren zahllosen Abfüllungen, verschiedenen Reifungen, Altersstufen und regionalen Charakteristika schier unerschöpfliches Variantenreichtum. Für den Genusstrinker gibt es somit viel zu entdecken. Winston Churchill sagte über Malt Whisky einmal, er sei „ein Rätsel, verpackt in einem Mysterium und verhüllt von Geheimnissen“.
Drei Faktoren eines guten Whiskys: Geruch, Geschmack, Abgang
Die Auswahl sollte dabei zunächst den persönlichen Geschmack treffen. Die Geschmackbeschreibungen der Hersteller und die Bewertungen der Kritiker bieten bestenfalls eine grobe Orientierung. Sich auf das Urteil eines Whiskykritikers wie Jim Murray blind zu verlassen, wäre ebenso fahrlässig – zumal andere namhafte Kritiker wie etwa Serge Valentin oder der bereits verstorbene Michael Jackson (nicht zu verwechseln mit dem King of Pop) naturgemäß auch zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Die Geschmäcker sind nun mal verschieden.
Kleine Whisky-Kunde
Wie der Single Malt einer Destillerie schmeckt, hängt von vielen Faktoren ab, obwohl die Rohstoffe im Grunde immer gleich sind. Eine Rolle spielen etwa das Quellwasser vor Ort, Qualität und Herkunft der Gerste, die Größe und Form der Kupferbrennblasen, Art und Zahl der Destilliervorgänge, die landschaftliche und klimatische Lage – etwa im Tal („glen“), in den Bergen („ben“) oder an der Küste -, Holzsorte und vorherige Verwendung des Fasses oder die Art der Trocknung der gemälzten Gerste.
Deutschlands beliebteste Spirituosen
Kräuterliköre (zum Beispiel Jägermeister)
2013: 12,2 Prozent
2014: 11,7 Prozent
Quelle: VuMA / Statista
Diese Statistik zeigt das Ergebnis einer Umfrage in Deutschland zu den beliebtesten Spirituosen in den Jahren 2013 und 2014. Die Zahl gibt an, wieviel Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre mindestens einmal pro Monat eine bestimmte Spirituosenart tranken.
Cream-, Sahnelikör
2013: 9,9 Prozent
2014: 9,7 Prozent
Magenbitter (zum Beispiel Underberg, Fernet)
2013: 9,6 Prozent
2014: 9,9 Prozent
Wodka
2013: 9 Prozent
2014: 9 Prozent
Halbbitter (zum Beispiel Ramazotti, Averna)
2013: 8,8 Prozent
2014: 9,3 Prozent
Obstbrände
2013: 8,5 Prozent
2014: 8,4 Prozent
Eierlikör
2013: 7,7 Prozent
2014: 7,3 Prozent
Korn, Doppelkorn
2013: 7,4 Prozent
2014: 7,3 Prozent
Whiskey
2013: 7 Prozent
2014: 7 Prozent
Weinbrand
2013: 6,7 Prozent
2014: 6,8 Prozent
Torfig oder lieber fruchtig?
Unterscheiden sollte man zwischen torfig-rauchigen Sorten und solchen ohne Rauch. Urheber der Rauchnoten ist die Trocknung der gemältzten Gerste. In den Brennereien der Inselregion Islay oder in Campbeltown zum Beispiel wird die Gerste traditionell über Torffeuer gedarrt und sorgt so für rauchige Aromen.
Regionale Eigenheiten
Manche Regionen sind für ihre torfig-rauchigen Whiskys bekannt. Viele Scotch-Freunde lieben die typisch rauchigen Whiskys aus den Regionen Islay und Campeltown mit Destillerien wie Ardbeg, Lagavulin, Bowmore, Bunnahabhain, Coal Ila oder Laphroig. Rauchige Destillate finden sich dennoch überall in Schottland. Immer häufiger bieten Destillerien, die sonst ohne Raucharomen daherkommen, auch spezielle rauchige Varianten („peated malt“) an, um sich diesem Trend anzuschließen.
Die größte schottische Whiskyregion, Highlands, bietet praktisch alle Facetten, von Whiskys mit und ohne Rauch, mit salzigen Noten der Destillerien an der Küste bis hin zu den fruchtigen Aromen des Inlands. Hochburg der schottischen Whiskyproduktion und quasi Teil der östlichen Highlands ist die Region Speyside, wo sich entlang des Flüsschens Spey auf seinem Weg zur Küste die Destillerien nur so aneinanderreihen. Speyside-Brennereien wie Glenfiddich, Glenlivet, Glenfarclas, Glen Grant, Macallan, Aberlour und andere sind bekannt für malzige, süssliche, sehr runde Single Malts und genießen hohes Ansehen.
Sherry, Wein oder Bourbon-Finish
Die Farbe sowie den größten Teil der Aromen gewinnt ein Whisky durch die lange Lagerung im Holzfass. Das Holz gibt Tannin, Vanillin und viele weitere Geschmacksnoten an das Destillat ab, zugleich verdunstet ein Teil des Alkohols, der sogenannte „Angel’s Share“, wodurch Geschmack und Duft noch intensiver werden. Wichtig für die Geschmackrichtung ist daher die Herkunft des Fasses. Standardmäßig werden Eichenfässer verwendet, in denen zuvor schon Bourbon oder Sherry heranreifte. Einige Hersteller verwenden auch Wein, Portwein oder sogar Rum- und Bierfässer, andere lassen den Whisky in verschiedenen Fässern reifen, etwa erst in neuer Eiche, später in kleinen Madeira-Fässern. Die Wahl der Fässer und Dauer der Fassreifung hat großen Einfluss auf den Whisky-Charakter.
Je oller, je doller
Die Altersangabe eines Whiskys bezieht sich immer auf die Reifezeit im Fass. Generell werden Whiskys mit zunehmendem Alter immer komplexer, die Charakteristika immer deutlicher – und der Whisky damit immer teurer. Allerdings kann man nicht behaupten, dass ältere Whiskys automatisch besser sind. Zum einen, weil der Reifeprozess abhängig von den Witterungsverhältnissen und vom gewählten Fass unterschiedlich schnell voranschreitet – in kleinen Fässern reift er schneller.
Zum anderen, weil die Malt Master in den Destillerien durchaus Fässer unterschiedlichen Alters für eine Abfüllung miteinander vermählen. In den vergangenen Jahren tauchen daher immer mehr Single Malts ohne Altersangabe auf. Die meisten Brennereien lassen ihren Brand jedoch mindestens zehn Jahre im Fass reifen. Einmal abgefüllt und versiegelt, verändert sich der Whisky nicht mehr.
Originalabfüllung oder unabhängiger Abfüller
Für Sammler und Anleger sind die Originalabfüllungen der Destillerien meist wertvoller, auch wenn die Flaschen unabhängiger Abfüller ebenso gut oder besser sind. Die unabhängigen Abfüller verfügen ihrerseits nicht selten über besondere Fässer und viel Know-how was die Fassreifung angeht.
Abfüller wie Signatory, Gordon & MacPhail, Cadenhead, Adelphi oder Murray McDavid haben daher immer wieder besondere Abfüllungen aus einzelnen ausgesuchten Fässern (single casks) und geben dem Reifeprozess mehr Zeit. So haben die unabhängigen Abfüller oftmals Kostbarkeiten im Programm, die 19 Jahren und mehr im Fass verbrachten und die die Destillerie in dieser Form nicht oder nicht mehr anbietet. Genießer finden bei den unabhängigen Abfüllern durchaus Spitzenwhiskys, die als Originalabfüllung kaum noch erschwinglich oder schon lange nicht mehr erhältlich sind.
Trink- oder Fassstärke
Grundsätzlich darf Whisky auch mit Wasser – meist aus der Brennerei-eigenen Quelle – auf eine Trinkstärke von 40 Prozent Alkohol verdünnt werden. Kommt er unverdünnt in die Flasche, sprechen die Hersteller von Fassstärke – mit bis zu 60 Prozent Alkohol. Hier empfiehlt es sich, selbst noch einige Tropfen Wasser im Glas hinzuzufügen – schon allein, damit der Alkohol seine Schärfe verliert und sich das reiche Bukett entfalten kann. Eine 0,7-Liter-Flasche in Fassstärke kann so durchaus knapp einem Liter in Trinkstärke entsprechen.
Probierabend
Bis eine treffsichere Auswahl gemäß der eigenen Vorlieben möglich ist, braucht es entweder etliche Probierflaschen – Händler bieten viele sogenannte Samples mit 4 cl Inhalt zum Testen an – oder viel Ausdauer. Schneller geht es mit einem Whisky-Tasting, wie es viele Whisky-Händler oder spezielle Whisky-Bars anbieten. Dort bekommt man schon einen guten Eindruck von der Vielfalt und kann für vergleichsweise wenig Geld viele verschiedene Malts kosten.
Zum Beispiel beim schon traditionellen Nikolaus-Tasting des Kölner Händlers Cadenhead’s, der die Produkte des gleichnamigen unabhängigen Abfüllers und viele mehr vertreibt. Passend zum Weihnachtsgebäck gibt es hier etliche Raritäten zum Probieren. Zum Auftakt gab es in diesem Jahr einen Hazelburn der Destillerie Springbank aus der Region Campbeltown. Der 13 Jahre alte Whisky in Fassstärke mit 50,8 Prozent Alkohol bietet mit etwas Wasser verdünnt die Aromen von Torfrauch, Zitrusfrüchten, Nuss und Banane. Als Einzelfassabfüllung ist dieser Hazelburn limitiert auf 288 Flaschen. Die Cadenhead-Abfüllung kostet 75 Euro.
Es kam noch besser: Ein 26 Jahre alter Blair Athol, gereift im Sherryfass und limitiert auf 216 Flaschen, macht noch deutlich mehr Freude mit den Geschmacksnoten von Orange, Zimt, Vanille, Leder und Karamell. Mit etwas Wasser verdünnt krönt ein langer Abgang den Genuss. Für solch eine Flasche muss der Liebhaber 175 Euro berappen.
Der Star des Tastings war ein Macallan aus der Region Speyside. Dieser Whisky der Kult-Destille, die nach ihrem Verkauf leider alte Pfade verließ und mehr auf Massenproduktion setzte, schlummerte 26 Jahre in einem kleinen Bourbonfass. Der Macallan entfaltet Geschmacksnoten von Marzipan und Zitrusfrüchten, schmeckt harmonisch, cremig und ist mit einem sehr langen wärmenden Abgang gesegnet. Weil die älteren Macallan-Jahrgänge sehr begehrt und dieser Malt auf 162 Flaschen limitiert ist, kostet er bereits 245 Euro. Ungeöffnete Flaschen dürften in den nächsten Jahren sicher noch teurer werden.
Gutes muss nicht viel kosten, darf es aber
Einerseits gibt es hervorragende Single Malts schon für weniger als 50 Euro, selbst Einzelfassabfüllungen in Fassstärke und mit mehr als 15 Jahren Reifezeit sind unter 100 Euro zu bekommen. Seltene und gesuchte Flaschen kosten leicht einen dreistelligen Betrag, besondere Exemplare erzielen wie ein berühmter und rarer Wein auch vier-, fünf-, oder sogar sechsstellige Beträge. Dass derlei Flaschen ungeöffnet an Wert verlieren, ist eher unwahrscheinlich, zumal sie in der versiegelten Flasche gut 100 Jahre unverändert überstehen und der Bestand durch stetigen Genuss weiter schwindet.
Passend zum Fest bieten einige Brennereien und Abfüller auch spezielle Geschenksets oder Christmas-Abfüllungen an. Von Glenfarclas etwa, der letzten Destillerie in Familienbesitz, gibt es den „Glenfarclas Christmas Malt Vintage 1991/2015“ – ein 23 Jahre alter Single Malt aus dem Oloroso-Sherryfass, gebrannt in den Highlands. Für rund 90 Euro gibt noch einige Flaschen der auf 1200 Flaschen limitierten Abfüllung. Da Glenfarclas bei Sammlern recht beliebt ist, dürfte die Flasche in einigen Jahren nur noch zu Liebhaberpreisen den Besitzer wechseln.
Die Destillen haben sich aber auch jenseits besonderer Anlässe auf die Sammler eingestellt. Aus Islay stammt zum Beispiel der “Bowmore The Devil´s Casks Batch III” – eine streng limitierte Abfüllung ausgesuchter Fässer in Fassstärke mit 56,3 Prozent Alkohol, gereift in verschiedenen erstbefüllten Sherry-Fässern. Dieser Whisky kommt ohne Altersangabe daher, dürfte aufgrund des Renommees, der kleinen Auflage – 360 Flaschen kamen in den deutschen Handel – und als dritter Teil einer Spezialitäten-Reihe jedoch schnell Abnehmer finden. Wer im Handel noch eine Flasche ergattern kann, muss mit einem Preis von 230 Euro rechnen.
Wem es weniger um den Sammler- und Wiederverkaufswert geht, bleibt immer noch die schönste Option: mit Genuss trinken. Und wer eine Flasche geleert hat, die nicht mehr zu bekommen ist, muss sich nicht grämen: Es gibt reichlich Nachschub in Form neuer, spannender Abfüllungen.