Immobilien in Frankfurt Höher, kompakter, teurer

Der Frankfurter Wohnungsmarkt boomt seit Jahren. Leerstände tendieren gegen Null. Und auch ohne mögliche Brexit-Zuzügler ist eine Besserung des angespannten Wohnungsmarktes nicht in Sicht.

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Die Frankfurter Hochhäuser sollen nicht nur Büros, sondern zunehmend auch Wohnungen beherbergen. Quelle: dpa

Frankfurt Das Zauberwort am Frankfurter Immobilienmarkt lautet: Verdichtung. Liegt ja auf der Hand, in der einzigen deutschen Stadt, die über ernstzunehmende Wolkenkratzer verfügt. Höher bauen. Höher wohnen. Davon ist Thomas Zabel, Chef der Zabel Property Management, seit Jahren überzeugt: Derzeit vertreibt er Wohnungen in gleich zwei entstehenden Frankfurter Wohntürmen, unter anderem im „Grand Tower“, der mit 172 Meter der höchste seiner Art in Deutschland wird. Und den nächsten Auftrag hat er schon in der Tasche: Der Hamburger Projektentwickler plant ein Ensemble aus drei Wohnhochhäusern in der Stiftstraße. Bis zu 500 Wohnungen sollen dort entstehen. Zabel soll sie an den Mann oder die Frau bringen.

Damit pokern Becken und Zabel hoch. Für viele Deutsche schwingt beim Wohnen in Hochhäusern noch immer der schlechte Ruf aus den Plattenbauten der 1970er-Jahre mit, die eher Wohnsilos ähnelten. Doch Zabel ist sicher: Das ändert sich. „Die Deutschen lassen das schlechte Image von Wohntürmen aus den 1970er-Jahren hinter sich“, sagt er. In Frankfurt nimmt der Trend weiter zu: Allein in Innenstadtnähe nennt der Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle (JLL) knapp 20 Wohnhochhäuser, die entweder schon realisiert oder in Planung sind.

Wenn es um Verdichtung geht, bleibt der Stadt auch kaum etwas anderes übrig, als hoch zu bauen. Ohnehin ist die Situation verfahren: Mieten steigen, Kaufpreise auch. Der Zuzug hält an. Das Angebot bleibt knapp. Frankfurt geht es da nicht anders als anderen deutschen Großstädten. Allein im vergangenen Jahr wurden in Frankfurt 790 Milliarden Euro am Wohnmarkt investiert. Mehr waren es nur in Berlin (2,9 Milliarden Euro). „Gerade in der Innenstadt erkennen wir eine extrem hohe Nachfrage, was sich auch in den Preisen wiederspiegelt“, sagt Michael Bender, Teamleiter im Bereich Wohninvestments Frankfurt bei JLL. Seit 2004 sind die Mieten in der Mainstadt um 29 Prozent gestiegen, die Kaufpreise gar um 73 Prozent.

Besserung ist nicht in Sicht. Seit 2010 wuchs die Stadt im Schnitt um 10.000 Einwohner pro Jahr auf derzeit 730.000. Bis 2030 könnte laut Prognosen der Stadt die Marke von 800.000 überschritten werden. Der steigenden Einwohnerzahl steht allerdings ein sinkender Leerstand gegenüber. Laut JLL liegt er derzeit nur noch bei 0,5 Prozent. Ohne neue Wohnungen ist der angespannten Situation am Wohnungsmarkt nicht gegenzukommen.


„Randthema“ Brexit

Seit Jahren grassiert in den Großstädten eine Debatte um Verdrängung. Die hohen Preise, so die Lesart, vertreibe Geringverdiener aus ihren Wohnungen. Stefan Spilker, Geschäftsführer von Becken Development, Eigentümer des Hochhausprojektes in der Stiftstraße erklärt: „Dort gibt es keine Gentrifizierung oder Verdrängung.“ Becken hat das Grundstück in unmittelbarer Nähe zur Einkaufspassage „My Zeil“ vor einem Jahr von der Telekom abgekauft und will nun bis Anfang 2020 die Wohntürme bauen. Sein Konzept sieht zunächst Wohnungen in der Größenordnung von 50 Quadratmetern vor, die allerdings erweitert werden können. Der Trend am Markt gehe jedoch hin zu kompakterem Wohnen.

Günstig, so viel ist abzusehen, wird das für Mieter und Käufer aber nicht. Zabel etwa erklärt, dass Hochhausbau grundsätzlich nicht günstig sei. Immerhin: Ein Drittel der bis zu 500 Wohnungen soll „mietpreisgedämmt“ sein, wie es Spilker formuliert. Menschen mit Wohnberechtigungsschein sollen dort für 9,10 Euro bis 14 Euro mieten können. Kalt.

Wie hoch letztlich die ungedämpften Miet- und Kaufpreise liegen ist noch nicht beschlossen. Als Orientierung gibt Spilker aber auf den Weg: „Das obere Level der Dämpfung wird das untere Level bei den normalen Mieten sein.“ Kein billiges Vergnügen also. Im Frankfurter Durchschnitt kostet ein Quadratmeter heute bei 13,30 Euro.

Dennoch macht sich Thomas Zabel um den Vertrieb keine Gedanken. „Neben Berlin und Hamburg erkennen wir auch in Frankfurt die klare Tendenz, dass es neben deutschen Käufer zunehmend auch ausländische Käufer gibt“, sagt Zabel. Er betont jedoch, dass dazu auch in Deutschland lebende Ausländer zählen – und keinesfalls nur Finanzinvestoren. Ein Geisterturm aus Wohnungen, die nur aufgrund einer lockenden Rendite verkauft würden, sei kein Ziel. Er peile einen Selbstnutzeranteil von 50 Prozent an.

Dass etwa der Brexit den Vertrieb ankurbeln könne, indem Banker vermehrt nach Frankfurt ziehen, darauf will sich Zabel nicht verlassen. Das sei für ihn ein „Randthema“. Damit scheint er derzeit gut beraten. JLL etwa kann noch keine gesteigerte Nachfrage aus London feststellen. Noch ist die Unsicherheit zu groß, ob Finanzinstitute ihren Zugang nach Europa aus London heraus nicht doch behalten könnten.

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