„Ich bin mit Prognosen immer gut gefahren, ich habe nie welche abgegeben.“ Der Satz wird dem legendären Deutschbanker Hemann-Josef Abs zugeschrieben. Hätten sich die Baufinanzierungs-Vermittler Interhyp und Dr. Klein Abs zum Vorbild genommen, müssten sie sich nun nicht vorwerfen lassen, bei der Vorhersage der Baugeldkonditionen nicht vor steigenden Zinsen gewarnt zu haben.
Tatsächlich steigend die Hypothekenzinsen. Nachdem in den vergangenen Tagen mehrere große Baufinanzierer die Zinsen erhöht haben, zeigen die Hypothekenzinsindizes der FMH-Finanzberatung am Donnerstag für alle vier Zinsbindungs-Laufzeiten – von fünf über zehn und 15 bis zu 20 Jahre – steigende Zinsen an.
Die Auguren der Vermittler-Plattformen hatten ihre Prognosen so geschickt formuliert, dass sie sich nun ohne weiteres herausreden können. „Nachdem die Europäische Zentralbank bei ihrer jüngsten Sitzung Mitte Oktober angekündigt hat, die expansive Geldpolitik fortzusetzen, ist weiterhin nicht mit einer signifikanten Trendwende zu rechnen“, meinte Interhyp-Chef Michiel Goris am 3. November. Noch vor einer Woche, lautete die Prognose der Vermittlungsplattform Dr. Klein: „kurzfristig leicht schwankend“. Dr.-Klein-Vorstand Michael Neumann sah zu der Zeit keine Gefahr für einen „eklatanten Zinssprung“.
Welche Städte Investoren 2016 favorisieren
Region Nürnberg/Erlangen/Fürth (B-Standort): 8 Prozent.
Quelle: Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt 2016 (EY Real Estate)
Köln (A-Standort): 9 Prozent.
München (A-Standort): 10 Prozent.
Düsseldorf (A-Standort): 10 Prozent.
Leipzig/Dresden (B-Standort): 11 Prozent.
Frankfurt (A-Standort): 12 Prozent.
Hamburg (A-Standort): 13 Prozent.
Berlin (A-Standort): 16 Prozent.
Doch was ist signifikant? Was ist eklatant? Aus den FMH-Indizes ist zu ersehen, dass die Aufschläge gegenüber den Zahlen von vor zwei Wochen von 0,08 Prozentpunkten bei den Fünf-Jahres-Konditionen bis zu 0,17 Prozent bei den 20-Jahres-Konditionen reichen. Signifikant und eklatant scheint dies nun nicht gerade zu sein. Auf der anderen Seite bedeuten eine Indexerhöhung von 1,1auf 1,24 Prozent für Hypotheken, dass die Zinsen um mehr als zehn Prozent gestiegen sind.
Auf der anderen Seite: Die von FMH genannten Spannen zeigen, dass Bauherren mit guter Bonität noch immer Darlehen mit zehn Jahren Zinsbindung für weniger als ein Prozent Zinsen bekommen. Wer den Zins für 15 Jahre festschreibt, was bei dem immer noch sehr niedrigen Zinsniveau unbedingt zu empfehlen ist, findet Institute die die eigenen vier Wände für weniger als 1,5 Prozent finanzieren. Für Neumann sind die Zinsansteige innerhalb weniger Tage um 0,2 Prozentpunkte ein Beleg dafür, dass die lang anhaltende Tendenz nach unten gestoppt wurde.
Deutliche Zinssprünge sind weiterhin unwahrscheinlich
Im Grund genommen war der Anstieg der Baugeld-Zinsen absehbar. Denn nach wie vor ist die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe ein sehr guter Indikator für die Entwicklung der Baugeldzinsen. Das bedeutet nicht, dass deren Renditeveränderungen tägliche eins zu eins auf die Baugeldzinsen übertragen werden können. Aber die Richtung stimmt nahezu immer.
Ende Oktober drehte die Rendite der Zehnjährigen nach mehreren Wochen ins Plus. In den vergangenen Tagen war sie kontinuierlich über 0,3 Prozent geblieben und hatte zeitweise ihr Zehn-Monat-Hoch mit knapp unter 0,4 Prozent markiert, ehe sie am Donnerstag wieder unter 0,3 Prozent fiel.
Insofern spricht einiges dafür, dass die Dr.-Klein-Prognose „kurzfristig leicht schwankend“ für Baugeld doch noch eintritt. Wer nun glaubt, den Zeitpunkt für die Finanzierung seines Häuschens verpasst zu haben, sei mit einer Börsenweisheit getröstet: Es gelingt nahezu niemand auf dem niedrigsten Kursniveau einzusteigen und auf dem höchsten auszusteigen. Ohnehin sollte niemand das zweitbeste Objekt kaufen, nur weil die Zinsen gerade besonders günstig sind.
Die größten Wohnimmobiliendeals 2015
Verkäufer: Vonovia
Käufer: LEG
Target: Wohnportfolio Nordrhein-Westfalen
Wohneinheiten: 13.800
Preis: 600 Millionen Euro
Quelle: Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt 2016 (EY Real Estate)
Verkäufer: Westgrund
Käufer: Adler
Target: Westgrund-Übernahme
Wohneinheiten: 16.000
Preis: 790 Millionen Euro
Verkäufer: Obligo (Norwegen)
Käufer: Patrizia
Target: Wohnportfolio mit Schwerpunkt Berlin
Wohneinheiten: 13.500
Preis: 880 Millionen Euro
Verkäufer: Patrizia
Käufer: Deutsche Wohnen
Target: Wohnportfolio mit Schwerpunkt Berlin und Kiel
Wohneinheiten: 13.600
Preis: 1,1 Milliarden Euro
Verkäufer: Patrizia
Käufer: Vonovia
Target: Südewo-Übernahme
Wohneinheiten: 19.800
Preis: 1,9 Milliarden Euro
Verkäufer: Gagfah
Käufer: Vonovia
Target: Gagfah-Übernahme
Wohneinheiten: 144.450
Preis: 8 Milliarden Euro
Wie sich die Baugeldzinsen entwickeln wird letztendlich davon abhängen, wie die Kapitalmärkte auf die US-Politik reagieren. Vor der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten hieß es, unter einer Präsidentin Hillary Clinton werde die Notenbank Fed die Zinsen früher erhöhen als unter Trump. Ändern die Notenbanken die Leitzinsen, schlägt dies auf die Kapitalmarktzinsen durch. Als Indikator für Kapitalmarktzinsen gelten die Renditen langlaufender Staatsanleihen. Doch die Kapitalmarktzinsen warten nicht auf Zinsentscheidungen der Notenbanken. Und so stiegen die Kapitalmarktzinsen in den USA nach dem Wahlsieg Trumps auch ohne Zutun der Fed und zogen die Zinsen in Deutschland mit nach oben.
Langfristig wird Baugeld teurer werden. Da sind die Auguren sicher. Doch bevor sie auf die Frage, wann genau dies geschehen wird und wie hoch der Zinsausschlag sein wird, antworten, erinnern sie sich lieber an Hermann-Josef Abs: „Ich bin mit Prognosen immer gut gefahren, ...“