Nach Euro-Gipfel Kursfeuerwerk an der Börse - Dax gewinnt fünf Prozent

Die Ergebnisse des Euro-Gipfels und positive US-Daten haben den Dax beflügelt: Der deutsche Leitindex schoss 5,35 Prozent in die Höhe. Bankaktien und ein Automobilhersteller zählen zu den größten Gewinnern.

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Gute Stimmung auf dem Frankfurter Börsenparkett. Der Dax konnte sprang am Donnerstag auf den höchsten Stand seit Anfang August. Quelle: handelsblatt.com

Positive Nachrichten aus Brüssel und den USA haben den deutschen Aktienindex am Donnerstag rasant nach oben befördert. Der Dax legte ganze 321 Punkte zu und schloss bei 6.337 Punkten. Mit einem Plus von 5,35 Prozent gegenüber dem Schlusskurs von Mittwoch erreichte der Leitindex damit den höchsten Stand seit Anfang August.

Börsianer feierten die Ergebnisse des Euro-Gipfels mit einem wahren Kursfeuerwerk: In Brüssel hatten sich die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone darauf geeinigt, dem Rettungsfonds EFSF mehr Schlagkraft zu verleihen. Zudem verzichten die Gläubiger Griechenlands auf einen Teil ihrer Ansprüche - der viel diskutierte Schuldenschnitt kommt. Die Aktien der Banken reagierten euphorisch: Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Banks legte als bester Sektor sieben Prozent zu. Deutsche Bank und Commerzbank lagen zuletzt satte 15 und 16 Prozent im Plus. Noch größer waren die Gewinne bei Frankreichs Banken- und Versicherungstiteln. Die drei wichtigsten Großbanken - Société Générale, BNP Paribas und Credit Agricole - legten zwischen 15 und 23 Prozent zu. Zuvor hatten die Banken angekündigt, ihr Eigenkapital im Gesamtvolumen von 8,8 Milliarden Euro aus eigener Kraft aufzustocken. Der französische Leitindex CAC 40 stieg um fünf Prozent, auch der griechische ASE-Index legte um fünf Prozent zu.

Positive Nachrichten kamen am Nachmittag auch aus Übersee: Die US-Wirtschaft konnte im dritten Quartal ihr Wachstumstempo nahezu verdoppeln. Das Bruttoinlandsprodukt legte vorläufigen Berechnungen zufolge um 2,5 Prozent zu. Dies teilte das Handelsministerium am Donnerstag mit. Experten hatten mit diesem Zuwachs gerechnet. Damit wuchs die Wirtschaftsleistung so kräftig wie seit einem Jahr nicht mehr und deutlich stärker als im Frühjahr (1,3 Prozent). Auch die Verbraucher legten ihre Vorsicht ab und gaben 2,4 Prozent mehr aus. Dies dürfte Sorgen um eine Rezession in der weltgrößten Volkswirtschaft vorerst vertreiben

Die Entscheidungen des EU-Gipfels in Brüssel haben die Märkte am „Tag danach“ zu Riesensprüngen angespornt. Börsianer zeigen sich wagemutig, Experten loben die Fortschritte und warnen vor Euphorie: „Es ist nicht der große Wurf, aber ein Schritt weiter“, erklärte Gustav Horn, Direktor des IMK-Institus. Allein die Tatsache, dass sich die Politiker zu einer Entscheidung durchgerungen haben, gebe Rückenwind, erklärte Roger Peeters, Analyst bei Close Brothers Seydler Bank.

Nicht alle Analysten sehen die Ergebnisse des Euro-Gipfels durchweg positiv. Die Devisen-Experten der Commerzbank warnen: „Es ist nicht sicher, ob der Hebel des EFSF gelingt.“ So könne der „massiv erhöhte Griechenland-Haircut bestehende Ansteckungseffekte verstärken und neue auslösen.“

Erleichtert, aber nicht euphorisch haben die Anleger am Devisenmarkt auf das weitreichende Maßnahmenpaket der Euro-Länder zur Bekämpfung der Schuldenkrise reagiert. Die Gemeinschaftswährung kletterteam Donnerstag um 1,8 Prozent auf 1,4126 Dollar. „Das ist nicht schlecht, aber eine wahre Rally sieht anders aus“, sagte ein Händler. Für HSBC-Trinkaus-Analyst Rainer Sartoris ist der etwas gebremste Anstieg nicht weiter verwunderlich: „Mit den nun verkündeten Maßnahmen rückt eine Stabilisierung der Krisen-Situation zwar näher, aber jedem muss klar sein, dass die Lösung des Schuldendilemmas in der Euro-Zone noch ein weiter Weg ist.“

Auch die Europäische Zentralbank steht weiter vor schwierigen Zeiten: Zwar ist der politische Druck auf die Währungshüter durch den EU-Gipfel nicht weiter gestiegen. Entgegen politischer Forderungen wird das Institut nicht noch stärker Teil der Lösung der Schuldenkrise und auch nicht zum Geldgeber des Rettungsfonds EFSF. Doch aus dem Schneider ist die EZB nach dem Brüsseler Krisengipfel keineswegs. „Sollte Italien wackeln, dann wird auch die Billion, auf die der Rettungsschirm jetzt aufgepumpt wird, nicht mehr reichen. Es hängt an der Politik in Rom, ob der Gipfel ein Erfolg wird und die EZB aufhören kann, Staatsanleihen zu kaufen“, sagte ein enger Vertrauter von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der nicht namentlich genannt werden will. Und Postbank-Chefökonom Marco Bargel macht klar: „Wenn es wirklich hart auf hart kommt, wird die EZB am Ende doch wieder als letzter Kreditgeber einspringen müssen.“

Dax-Konzerne legen positive Quartalszahlen vor

Aller Skepsis zum Trotz: Die Märkte in den USA und Asien haben die Gipfel-Ergebnisse bereits honoriert: Zu Handelsbeginn lag der Dow Jones mit 12.145 Punkten 2,3 Prozent im Plus. Auch der japanische Nikkei legte zwei Prozent zu. Wegen der Unsicherheit vor dem Gipfel hatte der Dax am Mittwoch noch bei 6.016 Punkten geschlossen und lag damit ein halbes Prozent im Minus.

Für Kursgewinne sorgten am Donnerstag auch positive Quartalszahlen einiger Dax-Konzerne. Der Pharmakonzern Bayer hat mit einem Gewinnsprung auf 642 Millionen Euro - im Vergleich zu 285 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum - die Erwartungen der Analysten übertroffen. Die Bayer-Aktie reagierte prompt und legte sieben Prozent zu.

Auch die Aktie des weltgrößten Chemiekonzerns BASF stieg um über sieben Prozent. Zwar hatte der Ausfall libyscher Ölförderanlagen für BASF im dritten Quartal zu einem Ergebnis-Rückgang geführt, der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) vor Sondereinflüssen fiel um 11,3 Prozent auf 1,96 Milliarden Euro (nach 2,21 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum). Analysten hatten jedoch nur mit einem EBIT von 1,85 Milliarden Euro gerechnet.

Zu den größten Gewinnern des Tages zählt die Volkswagen-Aktie, die über zehn Prozent zulegen konnte. Zuvor hatte der Konzern überraschend bekannt gegeben, dass sein operativer Gewinn dank weltweit höherer Auslieferungen im dritten Quartal um 45 Prozent auf knapp 2,9 Milliarden Euro gestiegen ist. Allerdings warnte Konzernchef Martin Winterkorn angesichts der zunehmenden Konjunkturrisiken vor Euphorie. Negative Zins- und Wechselkurseffekte sowie Rohstoffpreise könnten die positiven Effekte aus dem erwarteten Absatzanstieg abschwächen.

Am Donnerstag waren die Dax-Unternehmen Fresenius SE und Fresenius Medical Care die schwächsten Werte im Index.

Auch zahlreiche Unternehmen legten ihre Geschäftszahlen für die Monate Juli bis September vor. Den Anfang machte Daimler. Zwar hat der Stuttgarter Autobauer rekordverdächtig viele Fahrzeuge in aller Welt verkauft. Doch die Kasse klingelte nicht wie erwartet. Die teure Einführung neuer Modelle und hohe Materialkosten ließen das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) auf 1,97 Milliarden Euro sinken. Im Vergleichsquartal des Vorjahres waren es noch 2,42 Milliarden Euro. Die Lufthansa enttäuschte mit einem Ergebnis, das noch unter den Erwartungen der Analysten liegt. Die hatten für das dritte Quartal mit einem operativen Gewinn von 584 Millionen Euro gerechnet. Tatsächlich waren es aber nur 575 Millionen Euro.

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