Ausblick 2010 Optimisten sehen Dax bei 7 500 Punkten

In der Kapitalmarkt-Prognose 2010 äußern sich die meisten Banken und Investmenthäuser vorsichtig - zu frisch sind die Erfahrungen der Finanzkrise. Der Mittelwert verdeckt allerdings die große Kluft zwischen den höchsten und den niedrigsten Erwartungen. Worauf sich Optimisten freuen - und was Pessimisten fürchten.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Gerade erst ist der Dax über die viel beachtete Marke von 6 000 Punkten geklettert, schon erwarten manche Experten weit höhere Werte. Im Durchschnitt sehen die Banken und Investmenthäuser aber vorsichtiger ins neue Jahr. Quelle: dpa Quelle: handelsblatt.com

FRANKFURT. Nach zwei Jahren, in denen sich die Experten der in- und ausländischen Banken von der Finanzkrise nicht schocken ließen, sind sie für 2010 nur noch verhalten optimistisch. Die Kapitalmarktakteure sehen den Deutschen Aktienindex (Dax) in den nächsten zwölf Monaten nur leicht zulegen. Dass die Wirtschaft zuletzt wieder langsam auf Trab gekommen ist, hilft da wenig. Die erwartete Zinsentwicklung belastet, da die Analysten und Volkswirte mit deutlich anziehenden Renditen rechnen. Vom Dollar als wichtigen Maßstab für die exportlastige deutsche Wirtschaft außerhalb des Euro-Raums gehen keine Impulse aus - weder in positiver noch in negativer Hinsicht. Das ist das Ergebnis der Umfrage des Handelsblatts unter 37 Kreditinstituten aus dem In- und Ausland.

Im Durchschnitt der Vorhersagen sehen sie den Dax Ende 2010 bei 6 340 Punkten. Das entspräche einem kleinen Gewinn von 5,65 Prozent gegenüber dem aktuellen Stand. Der Durchschnitt verdeckt aber einmal mehr die stark auseinanderklaffenden Prognosen. Während sechs Banken dem Aktienmarkt nicht viel zutrauen und ihn unter der Marke von 6 000 Zählern sehen, liegen fünf Optimisten über 7 000 Punkten oder knapp darunter. Aktuell steht der Aktienindex bei 6 001 Zählern.

Experten erwarten deutlich steigende Zinsen

Steigende Zinsen werden sich den Experten zufolge als Belastung für die Aktienkurse erweisen. Die Notenbanken haben den Markt mit Geld überschwemmt und die Leitzinsen auf historische Tiefststände geschleust. Das drückte 2009 die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen zeitweise unter die Marke von drei Prozent. Zum Jahresende notieren sie bei 3,35 Prozent. Im Laufe des kommenden Jahres sehen die Experten diesen Zinssatz um rund ein Achtel auf 3,76 Prozent steigen. Die zehnjährige Bundesanleihe gilt als Stimmungsbarometer für den Euro-Rentenmarkt, der angesichts der vorhandenen Liquidität und der Qualität des Schuldners Bundesrepublik einen guten Einblick in die Lage bei Renten bietet.

Den Euro-Kurs sehen die Analysten und Volkswirte bei 1,45 Dollar. Der Euro wäre damit etwas teurer als sein aktueller Kurs von 1,44 Dollar. Trifft die Vorhersage zu, dann werden Wechselkurse im kommenden Jahr eine untergeordnete Rolle für die Unternehmen spielen, die große Teile ihrer Produktion ins außereuropäische Ausland exportieren.

Ohnehin ist die Abhängigkeit der Unternehmen vom Dollar in den vergangenen Jahren geschwunden. Das liegt nicht nur an Währungsabsicherungsgeschäften, die große Konzerne wie Lufthansa vornehmen. In vielen Fällen versuchen die Gesellschaften dem Auf und Ab des Dollars zu entkommen, indem sie im Dollar-Raum eigene Fertigungsstätten aufbauen.

Eine stärkere Veränderung sehen die Experten im Dollar-Yen-Verhältnis: Von gegenwärtig 92 Yen je Dollar wird die japanische Währung nach ihren Schätzungen auf 98 Yen je Dollar nachgeben.

Aktionäre erlebten 2009 ein Wechselbad der Gefühle

Nach dem Tiefschlag von 2008 ging es im zu Ende gehenden Jahr für Aktien zügig aufwärts. Im Laufe des Jahres stiegen die Kurse um rund ein Viertel und stiegen zum Jahresabschluss noch über die wichtige Marke von 6 000 Punkten. Wie stark es wirklich aufwärts ging, zeigt sich aber erst so richtig, wenn man den Tiefstand von 3 588,89 Punkten am 9. März 2009 als Maßstab nimmt. Dann errechnet sich ein Kursanstieg um 67 Prozent.

Dabei bescherte der Aktienmarkt den Anlegern ein Wechselbad der Gefühle. Zwar erreichte die Finanzkrise ihren Höhepunkt bereits im Herbst 2008 mit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers. Aber sie hatte die heimische Börse bis in den März hinein fest im Griff und sorgte teilweise für Kursverluste panikartigen Ausmaßes. Die Verwerfungen der Bankenbranche rissen auch die Realwirtschaft mit in den Abwärtsstrudel. Die Unternehmen gerieten in eine Schockstarre. Plötzlich legten alle gewerblichen Unternehmen größten Wert auf Liquidität, ein Vertrauensverlust trat ein, die Nachfrage brach ein.

Vergleiche mit der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre wurden gezogen. Der Auftragseingang der deutschen Industrie fiel um rund 40 Prozent und lag damit auf dem Niveau von vor zehn Jahren. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt brach im ersten Quartal um annualisiert 13,4 Prozent ein. Regierungen und Notenbanken mussten den Märkten mit milliardenschweren Notoperationen helfen.

Gute Prognosen 2009 angesichts schwieriger Entwicklung

Während die Realwirtschaft im Tal der Tränen war, ging es für die Aktien nach dem März-Tief wieder aufwärts. Verbesserungen bei konjunkturellen Frühindikatoren wie dem Auftragseingang schlugen durch. Einen starken Impuls setzten dann die Ergebnisse der Banken im ersten Quartal: Milliardengewinne drehten die Stimmung für Finanztitel.

Angesichts der schwierigen Entwicklung im vergangenen Jahr, die niemand voraussehen konnte, liegen die Prognosen für 2009 mit einer durchschnittlichen Abweichung von rund 15 Prozent gar nicht so schlecht. Fast eine Punktlandung legten die Bank of America, die DZ Bank und die UBS mit ihren Vorhersagen von 6 000 Punkten hin. Dagegen waren die Privatbanker von M.M.Warburg mit erwarteten 3 600 Zählern viel zu pessimistisch.

HSBC Trinkaus liefert die mutigste Prognose

Die mutigste Prognose für 2010 kommt von HSBC Trinkaus. Die Analysten des Bankhauses erwarten einen Dax-Stand von 7 500 Punkten Ende des Jahres. Das entspräche einem neuerlichen Plus von 25 Prozent. Nicht weit entfernt davon folgt die Bank of America mit 7 300 Zählern. Zum Lager der Optimisten zählen auch Haspa, Commerzbank und JP Morgan.

Für die Experten bei HSBC Trinkaus ist die Sache klar: Ein starkes Wirtschaftswachstum in den kommenden Quartalen werde positive Gewinnüberraschungen bringen. Unterstützung böten eine anhaltend lockere Geldpolitik, begleitet von reichlich Liquidität. Gleichzeitig profitierten die Märkte von recht moderaten Bewertungen. "Deutschland sollte wegen der starken Ausrichtung auf Investitionsgüter und relativ solider Unternehmensstrukturen im globalen sowie im europäischen Kontext outperformen", sagt HSBC Trinkaus voraus.

Mit so viel Optimismus kann sich Union Bancaire Priveé überhaupt nicht anfreunden und sieht den Dax Ende 2010 bei 4 500 Punkten. Für die Analysten ist die Kreditkrise nicht ausgestanden. Das große Problem sei das weltweite Verschuldungsniveau. Auslöser für neue Probleme könne der Ausfall eines wichtigen Landes sein. Zu den Pleite-Kandidaten zählen die Experten neben Griechenland und Irland, Großbritannien, aber auch den US-Bundesstaat Kalifornien.

Schulden werden bald teurer

Analysten und Volkswirte befürchten kräftig steigende Zinsen. Die an der großen Kapitalmarktumfrage des Handelsblatts teilnehmenden 37 in- und ausländischen Banken und Investmenthäuser erwarten im Schnitt einen kräftigen Zinsanstieg auf 3,76 Prozent. Das entspräche einer Erhöhung um 41 Basispunkte im Vergleich zur derzeitigen Rendite zehnjähriger Bundesanleihen, die als Barometer für die Stimmung in Euro-Land gelten. Lediglich drei Banken erwarten, dass die Zehnjährige Ende 2010 bei rund drei Prozent stehen wird. Dagegen rechnen elf Institute mit vier Prozent und mehr.

Die DZ Bank gibt mit 4,40 Prozent die mit Abstand höchste Prognose ab und begründet dies mit der Stabilisierung der Konjunktur, leicht anziehenden Preissteigerungsraten, hoher Kapitalnachfrage von Staatsseite und dem Entziehen von Liquidität durch die Notenbanken. In der zweiten Jahreshälfte werfe vor allem die zum Jahresende 2010 erwartete Leitzinswende ihre Schatten voraus. Ganz anders sieht das die Weberbank, die von drei Prozent ausgeht.

Bei ihrer Prognose für 2009 lag der Durchschnitt der Banken mit geschätzten 3,56 Prozent noch gar nicht so schlecht. Bei den Einzelbewertungen vergaloppierten sich vor allem JP Morgan mit erwarteten 2,58 Prozent und Unicredit, die 4,35 Prozent vorhergesagt hatten.

Der Euro kommt zur Ruhe

Den Euro sehen die Analysten im kommenden Jahr zur Ruhe kommen: Mit 1,45 Dollar Ende 2010 werde er kaum verändert gegenüber dem aktuellen Kurs von 1,44 Dollar gehandelt. Extremwerte in ihren Schätzungen bieten das Bankhaus Hauck & Aufhäuser mit 1,60 Dollar und die National-Bank mit 1,25 Dollar. Für die Privatbanker bleibt der Dollar in einer strukturellen Schwächephase. Außerdem würden "verstärkte Diskussionen über den Leitwährungsstatus des Dollars seinen Außenwert mindern", so die Experten. Ganz anders die National-Bank, die mittel- bis längerfristig Wertaufholungspotenzial für den Dollar sieht.

In ihren Schätzungen für 2009 lagen insbesondere die Landesbank Baden-Württemberg sowie die Landesbank Berlin goldrichtig. Dagegen wagten sich Hauck & Aufhäuser mit 1,57 sowie das Schweizer Bankhaus Syz & Co mit erwarteten 1,10 Dollar je Euro zu weit vor.

Beim Kurs des Dollars zum Yen sieht die Bilanz für das laufende Jahr mager aus, denn im Vergleich zu Ende 2008 hat sich nicht viel getan. Die durchschnittliche Prognose lag mit 105 Yen je Dollar weit neben dem aktuellen Kurs von 92 Yen. Für das nächste Jahr zeigen sich die Analysten vorsichtiger und erwarten den Dollar bei 98 Yen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%