Euro-Krise Risikofaktor Spanien

Noch stehen Irland und Portugal im Mittelpunkt der Euro-Krise. Doch die wirkliche Gefahr für die Stabilität der Währungsunion geht von Spanien aus. Würden die Investoren das Vertrauen in das große EU-Land verlieren, könnte die Schuldenkrise eine völlig neue Qualität bekommen.

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Stierhatz in Spanien Quelle: AP

Sichtlich ermüdet präsentierte sich Spaniens Premier José Luis Rodríguez Zapatero nach Abschluss des G20-Gipfels in Seoul der Presse. Wieder einmal verhagelt ihm die Nachrichtenlage den Triumph, dass Spanien unter seiner Ägide erneut als Gast zu dem Treffen der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer eingeladen wurde. Stattdessen interessierte die Journalisten vor allem eines: Wird auch Zapateros Land in den Strudel der Schuldenkrise gezogen, die schon Griechenland, Irland und Portugal erschüttert?

Die Märkte beantworten diese Frage mit Ja. Die sich gegenläufig zum Kurs entwickelnde Rendite zehnjähriger spanischer Anleihen ist in diesem Monat rasant auf bis zu 4,6 Prozent gestiegen. Damit lag sie fast so hoch wie auf dem bisherigen Höhepunkt der Euro-Krise im Mai. Die Risikoprämie - der Renditeaufschlag von spanischen zu deutschen Staatsanleihen - lag vergangene Woche mit 2,2 Prozentpunkten schon höher als im Mai, und die Kosten von Derivaten, mit denen sich Anleger vor einem Zahlungsausfall Spaniens schützen können, erreichten ein Allzeithoch. Am Freitag entspannte sich die Lage zwar für alle Euro-Randländer etwas, trotzdem warnen Experten vor einer Zuspitzung der Lage. Denn sollte auch Spanien in den Sog der Marktturbulenzen geraten, hätte das Folgen für die Stabilität der gesamten Währungsunion.

Neue Qualität der Schuldenkrise

"Würden die Investoren das Vertrauen in ein großes EU-Land wie Spanien verlieren, bekäme die Schuldenkrise eine völlig neue Qualität", fürchtet Daniel McCormack von der Investmentbank Macquarie. "Spanien macht zwölf Prozent der Wirtschaftsleistung der Euro-Zone aus, mehr als dreimal so viel wie Irland und Portugal zusammengenommen", rechnet der Volkswirt vor.

"Die Investoren sind nervös, und die Panik kann sich schnell ausbreiten", warnt David Schnautz, Zinsstratege bei der Commerzbank. Sollte die zehnjährige Rendite spanischer Anleihen deutlich über fünf Prozent steigen, könne deshalb rasch der Verdacht aufkommen, dass die Iberer als Nächstes internationale Hilfe brauchen, um ihre Finanzprobleme in den Griff zu bekommen. Am Wochenende liefen die Spekulationen heiß, dass Irland schon bald unter den Rettungsschirm der EU und des Internationalen Währungsfonds schlüpfen muss. Die Risikoaufschläge für irische und portugiesische Staatsanleihen waren in der vergangenen Woche beinahe täglich auf neue Rekorde geschnellt.

"Spanien würde den Rettungsfonds mit seinem hohen Refinanzierungsbedarf im Zweifelsfall sehr stark strapazieren", fürchtet Schnautz. Er erwartet, dass Spanien allein im nächsten Jahr 175 Mrd. Euro an kurz laufenden Geldmarktpapieren und länger laufenden Anleihen an den Markt bringen muss. Der im Mai aufgelegte und bis Mitte 2013 geltende Rettungsfonds ist 750 Mrd. Euro schwer, kann aber nur maximal rund 600 Mrd. Euro an Krediten auszahlen. Grund dafür ist, dass der Fonds einen Puffer einbehalten muss, um von den Ratingagenturen die bestmögliche Bonitätsnote Dreifach-A zu bekommen.

Keine irischen Zustände

Spanien wehrt sich vehement dagegen, in einen Topf mit den Krisenstaaten Irland oder Portugal geworfen zu werden. Wenn überhaupt, dann will sich die Madrider Regierung allenfalls den Vergleich mit Italien gefallen lassen. Spanien müsse für seine Anleihen derzeit zwar etwas höhere Zinsen bieten als Italien, aber deutlich weniger als Portugal und Irland, erläuterte Wirtschafts- und Finanzministerin Elena Salgado in Seoul. Die entsprechenden Dimensionen sprächen für sich: "Italien und Spanien leiden auch unter der Nervosität der Märkte, aber ganz offensichtlich viel weniger als Irland und Portugal."

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