WM-Anlagen Riskantes Spiel mit Jogis Jungs

Sportliche Großereignisse sind für die Finanzbranche ein willkommener Anlass, um mit auf das Event zugeschnittenen Anlageprodukt auf Kundenfang zu gehen. Die Fußball-WM in Südafrika macht da keine Ausnahme. Vorsicht ist jedoch angesagt: Die meisten Angebote der Banken sind eher Marketingprodukt als lohenende Anlage. Andere bergen sogar hohe Velrustgefahr.

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Joachim Löw mit WM-Pokal. Anlegern, die bei der WM auf mehr als sportliche Erfolge hoffen, haben Banken zahlreiche Produkte aufgelegt. Doch Vorsicht ist geboten. Quelle: dpa

HB FRANKFURT. Noch knapp acht Wochen bis zum Anstoß der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika am 11. Juni - doch die Finanzbranche ist schon längst am Start und hat kreative Anlageprodukte rund um das Gastgeberland auf den Markt gebracht. Das Angebot ist zwar nicht so riesig wie zur WM 2006 in Deutschland. Trotzdem locken eigens aufgelegte Südafrika-Zertifikate und-Fonds sowie der erste WM-Sparbrief einschließlich geschenktem WM-Ball.

Die meisten Finanzangebote zur WM seien eher Marketinggag oder Glücksspiel und zur ernsthaften Geldanlage wenig geeignet, mahnt Marco Cabras von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) zur Besonnenheit. Für eingefleischte Fans sei eine Finanzwette womöglich reizvoll. Wer aber an der Börse auf einen echten Rendite-Kick mit Jogi Löws Truppe hofft, werde jetzt kaum noch einen Volltreffer landen.

Den Ball schön flach halten lautet auch der Rat von Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Geldanlagen mit Fußballbezug seien "keine Basis für Investitionsentscheidungen", winkt der Fachmann ab.

Mit den Sportzertifikaten, die in Kürze an der Berliner Börse Tradegate gehandelt werden können, hat das Thema Sportwetten jetzt auch den Kapitalmarkt erreicht. Wer kauft, setzt gezielt auf den Ausgang einzelner Spiele, also ob die deutsche Nationalmannschaft zu einem bestimmten Termin gewinnt oder ob die Gegner als Sieger vom Platz gehen. Liegt man richtig, kriegt man eine vorher bekannte Summe ausgezahlt. Tippt man daneben, ist das Investment komplett weg.

Anders als sonst beim Glücksspiel können Sportzertifikate noch vor Laufzeitende wieder an der Börse verkauft werden. Zertifikate sind Schuldverschreibungen von Banken. Als Basiswert liegen ihnen normalerweise Aktien oder Aktienindizes zu Grunde, deren Kursverlauf sie folgen.

Aktionärs- wie Verbraucherschützer raten bei Sportzertifikaten zur Vorsicht. Der Kauf gleiche dem Gang ins Kasino, gibt Nauhauser zu bedenken.

Völlig anders funktioniert beispielsweise das "South Africa 2010 Select Basket"-Zertifikat der WestLB. Es ist zwar auch speziell zum Top-Ereignis in Südafrika ausgestellt, aber ohne Spielkick. "Sinnvoller, mit strategischerem Ansatz", sagt Cabras. Das Spezialpapier läuft seit 2005 und endet, wenn die WM beginnt. Der Anleger setzte schon vor Jahren darauf, dass sich die Aktien von elf ausgesuchten Firmen Südafrikas prächtig entwickeln.

Bislang brachte das WM-Investment am Kap den Investoren ein Plus von 22,87 Prozent, erläutert Zertifikate-Experte Frank Haak von der WestLB. Im Jahr 2000 hatte die Bank erstmals im Vorfeld eines WM-Turniers ein Zertifikat ausgegeben, das bis 2006 stolze 260 Prozent abwarf.

Etwas spät könnten Anleger dran sein, die so kurz vor dem Großereignis noch in Einzeltitel von Sportartikelgrößen wie Adidas oder Puma einsteigen wollen. Oder die auf Aktienfonds setzen, die südafrikanische Firmen oder Branchen wie Goldminen abbilden. Der Markt sei in den vergangenen Monaten längst gelaufen, winkt Nauhauser. "Nur wenn der Anleger genau wüsste, dass Adidas ein sensationelles Geschäft macht bei der WM, sollte er jetzt noch investieren."

Mit dem WM-Sparbrief der PSD-Bank Berlin-Brandenburg in limitierter Auflage kann man wenigstens kein Geld verlieren. Im Angebot: Ein Zinssatz zu 2,75 Prozent im Jahr, Laufzeit vier Jahre. Das Schmankerl: Ein Gratis-Ball für Kunden, die mindestens 7.500 Euro festlegen. Die Zinsofferte sei trotzdem nicht gerade meisterlich, sagt Max Herbst von der unabhängigen Finanzberatung FMH.

Die Deutschen sollten sich darauf einstellen, dass es schon bald von vermeintlich attraktiven WM-Zinsangeboten für Tages- und Festgeld nur so wimmelt. Schon 2006 galt: Je besser die deutsche Elf spielt, desto höher die Verzinsung für den Fan. "Frühestens im Mai ist es wieder so weit", so Herbst. Fürs eigene Konto werde auch aber auch diesmal nicht viel rumkommen, gibt der Zinsexperte zu bedenken. Die Zinsboni gebe es in der Regel wieder nur für wenige Wochen.

DSW-Sprecher Cabras rät grundsätzlich dazu, die persönliche Geldanlage nicht mit Sportereignissen zu koppeln. Wer gern auf das deutsche Teams wetten will, sollte das lieber im Bekanntenkreis tun oder im Wettbüro.

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