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Einkommensteuer im Todesjahr zählt zu den Nachlassverbindlichkeiten. Außerdem gibt es Neues zum Entschädigungsanspruch bei Pilotenstreiks und Bearbeitungsgebühren in Kreditverträgen.

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Einkommen- und Kirchensteuer können nun vom Erbvermögen abgezogen werden, wodurch die Erben weniger Erbschaftssteuer zahlen müssen Quelle: dpa

Eine Zahlung senkt die andere

Vom Bundesfinanzhof (BFH) kommen gute Nachrichten für Erben. Einkommen-, Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag aus dem Todesjahr des Erblassers zählen jetzt zu den sogenannten Nachlassverbindlichkeiten. Die Steuerüberweisungen mindern dadurch das Vermögen, auf das Erbschaftsteuer fällig wird (II R 15/11). Im besten Fall bleiben Erben dadurch unter den Freibeträgen und müssen gar nichts zahlen. Auf jeden Fall aber werden sie nicht länger doppelt zur Kasse gebeten.

Im Streitfall erbten zwei Schwestern, deren Eltern kurz nacheinander im gleichen Jahr gestorben waren, ein Millionenvermögen. Nachdem sie für das Todesjahr der Eltern noch deren Einkommensteuererklärung abgegeben hatten, mussten sie 1,8 Millionen Euro Steuern nachzahlen. Vorinstanzen hatten es nicht zugelassen, dass die Zahlungen das geerbte Vermögen verringerten.

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Nach der neuen Auffassung der BFH-Richter gehören sie jedoch zu den abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten, obwohl manche Steuerschulden erst nach dem Todestag des Erblassers entstanden waren, weil sie erst später berechnet werden konnten. Entscheidend sei, dass der Erblasser selbst und nicht etwa der Erbe die steuerrelevanten Tatbestände noch verantwortet hat, die später zu den Nachzahlungen führen.

Ob auch Steuerberatungskosten, die nach dem Tod von Angehörigen entstehen, zu Nachlassverbindlichkeiten gehören, muss der BFH in einem anderen Verfahren klären.

Kein Geld bei Streik

Fällt ein Langstreckenflug wegen eines Pilotenstreiks aus, haben die Reisenden keinen Anspruch auf eine pauschale Entschädigung, entschied der Bundesgerichtshof (X ZR 146/11). Am 22. Februar 2010 wollte ein Urlauber von Miami aus zurück nach Düsseldorf fliegen. Lufthansa annullierte den Flug wegen eines Pilotenstreiks, und der Reisende konnte erst am 25. Februar zurückfliegen. Zwar kam die Lufthansa für Unterkunft und Verpflegung des gestrandeten Urlaubers auf, der jedoch wollte auch eine finanzielle Entschädigung.

Da die Piloten-Gewerkschaft den Streik angekündigt habe, hätte Lufthansa ausreichend Zeit gehabt, Ersatz für das Flugpersonal zu beschaffen, argumentierte er. Die Richter stellten aber klar, dass ein Streik für eine Fluglinie nicht beherrschbar sei. Lufthansa sei gezwungen gewesen, den Flugplan neu zu organisieren. Solange eine Fluglinie alles dafür tue, die Zahl ausgefallener Flüge zu minimieren, müsse sie die Fluggäste nicht entschädigen. Wäre der Flug von Miami nach Düsseldorf wegen eines technischen Defekts ausgefallen, hätte Lufthansa dagegen pauschal 600 Euro zahlen müssen.

Bearbeitungsgebühren/ Krankenversicherung/ Praxisgebühr

Bild Sparkasse Quelle: Dirk Krüll für WirtschaftsWoche

Sparkasse drückt sich vor Gebühren-Urteil

Im letzten Moment entzog sich eine Sparkasse in der vergangenen Woche einem brisanten Urteil: Bevor das höchste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH), über die umstrittenen Bearbeitungsgebühren in Kreditverträgen entscheiden sollte, hat die beklagte Sparkasse ihre Revision zurückgezogen. Damit ist ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden rechtskräftig (8 U 562/11), das die Entgelte für unwirksam erklärte, aber ein Grundsatzurteil fiel aus.

Schnellgericht Aktuelle Urteile kompakt

Die Praxis, dass Versicherungen und Banken ihre Revisionsanträge vor Gericht zurücknehmen, wenn die Gefahr besteht, dass die Kunden und nicht das Unternehmen recht bekommen, kritisierte bereits der Versicherungsombudsmann und frühere BGH-Richter Günter Hirsch. Der Gesetzgeber sei gefordert, eine Revision „im Interesse des Rechts“ zuzulassen.

Die Bearbeitungsgebühren haben inzwischen so viele Oberlandesgerichte für ungültig erklärt, dass Kunden gute Chancen haben, wenn sie sie zurückfordern. Die Begründung der Richter war in allen Fällen ähnlich: Die Entgeltklauseln sind ungültig, weil die Bearbeitung des Kredits beispielsweise mit einer Kreditwürdigkeitsprüfung keine Leistung für den Kunden darstelle, sondern allein der Bank diene.

Zu Unrecht abgerechnete Gebühren sollten Kreditnehmer zurückfordern, rät Achim Tiffe vom Institut für Finanzdienstleistungen in Hamburg. Es könnten noch bis Ende dieses Jahres Rückzahlungsansprüche aus Verträgen geltend gemacht werden, die seit dem 1. Januar 2002 geschlossen wurden. Sind die Banken nicht zur Erstattung bereit und landet die Auseinandersetzung vor Gericht, tragen meist Rechtschutzversicherungen die Kosten.

Arbeitsloser im Basistarif

Ein Selbstständiger war bis Mai 2000 privat krankenversichert. Danach verzichtete er auf den Versicherungsschutz. 2011 musste er sein Geschäft aufgeben und war arbeitslos. Im Januar 2012 versuchte er bei einer privaten Krankenversicherung einen Basistarif abzuschließen. Der bietet in etwa die Leistungen der gesetzlichen Kassen.

Obwohl der arbeitslose Unternehmer alle Krankenakten eingereicht hatte, verlangte der Versicherer weitere ärztliche Untersuchungen, die der Versicherte selbst bezahlen sollte, wie eine große Blutuntersuchung, ein EKG, eine kardiologische Untersuchung sowie Selbstauskünfte zu Wirbelsäulen- und Augenkrankheiten. Anderenfalls müsse sie den Antrag ablehnen. Gegen diese Bedingung klagte der frühere Unternehmer. Schließlich sei der Versicherer gesetzlich verpflichtet, ihn aufzunehmen. Das Landgericht Dortmund sah es genauso (2 O 159/12).´

Zählt nicht als Vorsorge

Die Praxisgebühr können gesetzlich Krankenversicherte nicht als Sonderausgaben von der Steuer abziehen (Bundesfinanzhof, X R 41/11). Es handle sich nicht um Ausgaben, die im Zusammenhang mit dem Versicherungsschutz stünden und der Vorsorge dienten. Die Beiträge zur Krankenversicherung sind abziehbar, aber die Praxisgebühr als eine Form der Kosten-Selbstbeteiligung nicht.

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