Die regelrechte Klagewelle, die später zu Fällen wie WBG und BFI anrollte, blieb bislang jedoch erfolglos. Von mehr als 3000 IFG-Auskunftsklagen seit Ende 2011, seien 2962 abgeschlossen, berichtet Gabriele Förster, Vorsitzende Richterin des VG Frankfurt. Ein Urteil, das die BaFin zu Auskünften verpflichte, sei ihrer Erinnerung nach nicht dabei gewesen. „Rund 200 Verfahren sind noch offen“, sagt Fischer.
Beyer betont, der Hessische Verwaltungsgerichtshof habe in vielen Fällen die Berufung zugelassen. Allerdings seien die Verfahren bis zur EuGH-Entscheidung ausgesetzt worden. Während der Klagewelle, so Fischer, seien die Schreiben aus Jena zeitweise „kistenweise in der Poststelle eingegangen“. Und man habe sich „gewundert“, dass nicht zunächst ein Pilotverfahren geführt wurde. Beyer begründet das Vorgehen damit, dass kein Mandant bereit gewesen sei, als Musterkläger zu fungieren. Zudem sei die BaFin trotz eines entsprechenden Vorschlages nicht bereit gewesen, auf „die Einrede der Verjährung“ zu verzichten, was Staatshaftungsansprüche angeht.
Zweifelhafte Mandantengewinnung per Rundbrief
PWB ist nicht die einzige Kanzlei, die mit umstrittenen Methoden Kritik auslöst. So warnt die Verbraucherzentrale Hessen, dass geschädigte Anleger immer wieder Rundbriefe mit fragwürdigen Empfehlungen erhielten – und somit Gefahr liefen, erneut Geld zu verlieren; diesmal in Form von unnötigen Anwalts- und Gerichtskosten.
Doch selbst, wenn Kanzleien wie etwa PWB Auskunftsansprüche durchsetzen – etwa im Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht –, müssten sie noch eine weitere Hürde überwinden: Staatshaftungsansprüche durchsetzen. Dieses Ansinnen sei „absurd“, meint der Leipziger Anwalt Ali Al-Zand. „Es steht klar im Gesetz, dass die BaFin einzelnen Anlegern gegenüber nicht haftet.“
Al-Zand hat Strafanzeige gegen Beyer und zwei weitere PWB-Anwälte eingereicht, nachdem sein Großvater 2015 ein Schreiben der Kanzlei erhalten hatte. Anleger, die im Betrugsfall WBG Leipzig-West Geld verloren haben, hieß es darin, könnten sich das Geld womöglich vom Staat zurückholen – bräuchten aber Informationen von der BaFin, um Ansprüche zu prüfen. „Mir liegen inzwischen noch andere Werbeschreiben vor, in denen die Anwälte für ein rechtliches Vorgehen geworben haben, bei dem es meines Erachtens von vornherein praktisch sicher war, dass der Mandant draufzahlen würde“, sagt Al-Zand.
Vorwurf gewerbsmäßigen Betrugs gegen Anwälte
Die Staatsanwaltschaft Gera ermittelt infolge seiner Anzeige wegen des Verdachts auf „gewerbsmäßigen Betrug“ (Aktenzeichen: 201 Js 35033/15), wie Staatsanwalt Jens Wörmann der WirtschaftsWoche bestätigte. Wann das Verfahren abgeschlossen wird, sei noch „nicht absehbar“. Beyer und seine Kollegen halten die Strafanzeige für „rechtlich haltlos“, wollen angesichts der laufenden Ermittlungen aber „keine vertiefte Stellungnahme abgeben“. Das gilt auch für das Beschwerdeverfahren, das Al-Zand bei der Rechtsanwaltskammer Thüringen in derselben Angelegenheit angestrengt hat. „Wir nehmen die Vorwürfe ernst und prüfen sie derzeit“, sagt Jan Helge Kestel, Rechtsanwalt und Präsident der Thüringer Kammer.
Zum aktuellen Stand könne er wegen der Verschwiegenheitspflicht aber nichts sagen. „Wann das Verfahren abgeschlossen ist, ist ebenfalls noch nicht absehbar.
Klar ist schon jetzt: Der Fall wird Aufschlüsse liefern, wie weit Rechtsanwälte bei der Mandanten-Akquise gehen dürfen – und wann Versprechen aus juristischer Sicht zu vollmundig sind.