Für Obdachlose und Asylbewerber Das Jedermann-Konto startet

Banken dürfen künftig niemanden mehr abweisen, der ein einfaches Girokonto eröffnen will. Für die CDU ist die „Rosinenpickerei“ einiger Banken beendet. Von dem Gesetz profitieren auch die Behörden.

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Von dem Gesetz profitieren auch die Behörden. Die Bundesregierung erwartet, dass die Abwicklung staatlicher Sozialleistungen erleichtert wird, wenn das Geld nicht mehr bar ausgezahlt werden muss. Quelle: dpa

Berlin Kreditinstitute müssen vom 19. Juni an auch Obdachlose und Asylbewerber als Kunden akzeptieren und können die Eröffnung eines Basiskontos nur unter sehr engen Vorgaben ablehnen. Die Kreditwirtschaft sieht sich gerüstet: „Das Gesetz gilt, die Banken werden es befolgen“, hieß es beim Bankenverband. Die Sparkassen betonen, für sie ändere sich zum Stichtag im Alltag relativ wenig, denn die Regeln entsprächen „weitgehend“ ihrer Selbstverpflichtung aus dem Jahr 2012. Bereits 250 000 Flüchtlinge hätten ein Konto bei Sparkassen eröffnet.

Mit dem neuen Gesetz wird eine EU-Richtlinie umgesetzt. Es sieht die Einführung eines „Basiskontos“ für alle vor. Dieses einfache Girokonto auf Guthabenbasis soll jeder eröffnen können, der sich legal in der EU aufhält - und zwar bei einer Bank seiner Wahl.

Die Unions-Finanzexpertin Antje Tillmann (CDU) sagte, mit der Einführung des Rechtsanspruches auf ein Girokonto sei ab sofort sichergestellt, dass jeder Mensch am wirtschaftlichen Leben teilhaben könne. Zudem seien alle Banken verpflichtet: „Die „Rosinenpickerei“, die einige Banken in der Vergangenheit betrieben haben, indem sie unliebsame Kunden abgelehnt haben, ist nun vorbei.“

Nach den Worten des Grünen-Politikers Gerhard Schick ist es nach vielen Jahren über eine europäische Richtlinie endlich gelungen, „dieses soziale Recht durchzusetzen“. Das deutsche Gesetz erlaube allerdings unter anderem die Festlegung „angemessener“ und „marktüblicher“ Entgelte, so dass auf diesem Wege unerwünschte Kunden möglicherweise auch weiter abgelehnt werden können.

Von den Verbraucherverbänden wurde der Entwurf im Vorfeld begrüßt. Es sei gut, dass der Verlust des Wohnsitzes nicht mehr automatisch auch den Verlust des Kontos nach sich ziehe, erklärte der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Außerdem müssten Obdachlose, wenn sie über Geld verfügten, dieses nicht mehr ständig bei sich tragen.

Seit 1995 gibt es für die Einrichtung sogenannter Jedermann-Konten in Deutschland eine Selbstverpflichtung der Banken. Die Bundesregierung war mit der Umsetzung dieser freiwilligen Maßnahme jedoch nicht zufrieden.

Von dem Gesetz profitieren auch die Behörden. Die Bundesregierung erwartet, dass die Abwicklung staatlicher Sozialleistungen erleichtert wird, wenn das Geld nicht mehr bar ausgezahlt werden muss. In manchen Bürgerämtern können Gebühren - etwa für die Beantragung eines Personalausweises - inzwischen nur noch bargeldlos bezahlt werden, was zu neuen Problemen für Menschen ohne Girokonto geführt hatte.

Bisher waren wirtschaftlich „unattraktive Kunden“ vor allem bei den Sparkassen gelandet. Diese unterliegen in einigen Bundesländern dem Kontrahierungszwang. Das bedeutet, dass sie jetzt schon verpflichtet sind, ein sogenanntes Jedermann-Konto anzubieten.

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