Reichen Erben in Deutschland droht ein massiver Aderlass. Denn anders als die Erben von Privatvermögen werden Unternehmenserben vom Fiskus weitgehend verschont. Wer einen Betrieb mindestens sieben Jahre fortführt, muss darauf keine Erbschaftssteuer zahlen. Voraussetzung ist, dass das Lohnniveau im Unternehmen in dieser Zeit in etwa gleich bleibt. Der Bundesfinanzhof hält das für eine „verfassungswidrige Überprivilegierung“. Er hat das Gesetz deshalb Ende vergangenen Jahres dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Bis zu einer Entscheidung gelten Steuerbescheide nur vorläufig.
Das umstrittene Recht war vom damaligen Bundesfinanzminister und heutigen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück ersonnen worden. Der hatte wohl schon damals ernste Zweifel, ob das gewählte Konstrukt im Einklang mit der Verfassung steht. Denn bei der Verabschiedung 2009 räumte er ein, dass viele Klagen gegen das Gesetz zu erwarten seien. Überraschend ist das nicht. Denn das Erbschaft- und Schenkungssteuerecht ist eine komplexe Materie. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht der Politik Neuerungen beziehungsweise Veränderungen ins Stammbuch schreiben sollte, ist ungewiss, ob das reformierte Recht dann wirklich einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhält. Schon heute streiten Politiker über Ausnahmen und Verschonungsregeln.
Wie lässt sich das diffuse und scheinbar unlösbare Problem auflösen? „Das Einfachste wäre die Abschaffung dieser Steuer“, sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, Handelsblatt Online. Diesen Schritt seien auch schon einige europäische Staaten wie Österreich gegangen. Aber, relativiert Holznagel seinen Radikalansatz, gesellschaftspolitisch habe eine Abschaffung wenig Aussicht auf Erfolg. Deshalb hätten die Vorschläge des Vize-Präsidenten des Bundesfinanzhofs (BFH), Hermann-Ulrich Viskorf, „durchaus Charme“. Einfache Regelungen könne auch er sich vorstellen, sagte Holznagel. „Allerdings sind die vorgeschlagenen Steuersätze eindeutig zu hoch und die Freibeträge zu niedrig.“
Der Einwand Holznagels skizziert in etwa das Problem, mit dem auch die Politik konfrontiert ist. Wie kann eine Reform aussehen, die reiche Erben nicht übermäßig schröpft, aber dennoch dem Staat die Einnahmen beschert, die ihm gebühren? In Wahlkampfzeiten ist darüber kein Konsens zu erwarten. Dabei dürfte eines klar sein: Die nächste Regierung wird das Thema in Angriff nehmen müssen. Hauen und Stechen ist dabei vorprogrammiert, wie die Debatte darüber jetzt schon zeigt.