Rein rechtlich

"Made in Germany" – Bundesgerichtshof wertet Label auf

„Made in Germany“ gilt als Qualitätssiegel, hatte in den vergangenen Jahren jedoch Renommee eingebüßt. Der Bundesgerichtshof stellt klar: Das Produkt muss im Wesentlichen in Deutschland gefertigt werden.

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Made in Germany Quelle: dpa

Geklagt hatte ein deutscher Kondomhersteller gegen einen Mitbewerber, der aus Asien importierte Präservative als „Made in Germany“ gekennzeichnet und vertrieben hatte. Lediglich die Endverarbeitung erfolgte in Deutschland, die Produkte wurden einer Qualitätskontrolle nach deutschen DIN-Vorschriften unterzogen, in Folien eingeschweißt, mit einem Beipackzettel versehen und in Faltschachteln aus Karton verpackt. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte nun endgültig klar, dass dies  nicht ausreicht, um mit dem begehrten Gütesiegel zu werben. Er bekräftigte damit seine bisherige Rechtsprechung (Az.: I ZR 16/14).

Irreführende Beschreibung

Ralph Egerer ist Rechtsanwalt und Partner bei Rödl & Partner in Nürnberg mit Fokus auf Marken, Patente und Software im Geschäftsbereich Geistiges Eigentum und Informationstechnologie. Quelle: Presse

Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Hamm, war nach Ansicht der Karlsruher Richter völlig zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verwendung des Hinweises „Kondome – Made in Germany“ durch das Thüringer Unternehmen irreführend und damit wettbewerbswidrig ist. Maßgeblich für diese Einschätzung war, dass die angesprochenen Verbraucher mit dieser Aussage die Erwartung verbinden, dass der wesentliche Herstellungsvorgang in Deutschland erfolgt ist. Wesentlich sind dabei jene Fertigungsschritte, die der Ware die Eigenschaften verleihen, welche für die Wertschätzung durch die Verbraucher im Vordergrund stehen.

Das OLG Hamm hatte gegen diese Entscheidung das Rechtsmittel der Revision nicht mehr zugelassen, da der Streit keine grundsätzlichen Rechtsfragen aufwerfe. Die Beschwerde der Beklagten hiergegen hat der Bundesgerichtshof nunmehr zurückgewiesen. Er hat dies zum Anlass genommen, die Grundsätze klarzustellen, nach denen der Hinweis „Made in Germany“ zulässig oder als irreführend und damit wettbewerbswidrig anzusehen ist.

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Grundlage der Bezeichnung unklar

Entscheidend für die Verwendung von „Made in Germany“ ist nach Auffassung des BGH, dass bei der Herstellung einer Ware jene Leistungen in Deutschland erbracht werden, durch die die Ware aus Sicht des Verkehrs ihre qualitätsrelevanten Bestandteile oder wesentlichen produktspezifischen Eigenschaften erhält. Im Wesentlichen bestätigt der BGH damit seine bisherige Rechtsprechung (BGH vom 23.3.1973 – I ZR 33/72). Angewendet auf den konkreten Fall heißt das, dass die wesentlichen Eigenschaften der Produkte der Beklagten, nämlich die Dichtigkeit und Reißfestigkeit der Kondome, durch die im Ausland hergestellten Rohlinge bestimmt werden. Damit ist die Aussage „Made in Germany“ in Bezug auf die Produkte der Beklagten unzutreffend und somit irreführend.

Die Beklagte hatte demgegenüber argumentiert, dass es auf die von ihr in Deutschland durchgeführte Qualitätsprüfung ankomme, weshalb die Aussage „Made in Germany“ sehr wohl zutreffend und keinesfalls irreführend sei. Der BGH folgt dieser Ansicht nicht, da sich schon der Wortlaut der Formulierung „Made in…“ auf die Herstellung des so gekennzeichneten Produkts bezieht. Die von der Beklagten durchgeführte Qualitätsprüfung betrifft aber gerade nicht die Herstellung des Produkts und seiner Eigenschaften, sondern dient lediglich der Kontrolle, ob die gewünschten Produkteigenschaften bestehen.

Kein reines Qualitätssiegel

Eine klare Absage erteilt der BGH damit der Einordnung von „Made in Germany“ als reines Qualitätssiegel, dessen Funktion lediglich darin besteht, die Einhaltung deutscher Qualitätsstandards oder Produktsicherheitsstandards zu garantieren, ohne dass zugleich auch ein relevanter Herstellungsvorgang in Deutschland erfolgen muss. Vielmehr bleibt „Made in Germany“ in erster Linie eine Ursprungsbezeichnung, welche die physische Herkunft der so gekennzeichneten Produkte in zutreffender Weise zum Ausdruck bringen muss.

Klagen auf Unterlassung drohen

Nach der jüngsten Entscheidung des BGH zur Verwendung von „Made in Germany“ kann an den bisherigen Maßstäben für die rechtskonforme Verwendung dieser Ursprungsbezeichnung festgehalten werden. Auch weiterhin ist bei der Verwendung von „Made in Germany“ daher Vorsicht geboten, schon wegen der Möglichkeit, von Wettbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden wegen einer irreführenden Verwendung von „Made in Germany“ auf Unterlassung und ggf. auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.

Die für die zulässige Verwendung von „Made in Germany“ entscheidende Frage, wann ein Produkt seine wesentlichen spezifischen Eigenschaften in Deutschland erhalten hat, kann im Einzelfall schwierig zu beantworten sein. Bei komplexen Produkten beispielsweise, die zwar in Deutschland endmontiert werden, bei denen aber wesentliche Teile aus einer Vielzahl von Ländern bezogen werden. Nicht ausreichend ist jedenfalls, wenn ein Produkt vollständig im Ausland hergestellt wird. Dies gilt selbst dann, wenn die gesamte Produktentwicklung in Deutschland erfolgt ist oder die letztlich qualitätssichernde Endkontrolle in Deutschland vorgenommen wird.

Ob sich die rechtliche Ausgangslage durch gesetzgeberische Aktivitäten auf europäischer Ebene künftig ändern wird, bleibt abzuwarten. Angedacht ist eine Angleichung der Maßstäbe an die Kriterien des Europäischen Zollkodex, wonach es für die Bestimmung des Ursprungsland darauf ankommt, wo die Ware der letzten wesentlichen und wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen wurde. Praktische Auswirkungen hätte auch eine solche Änderung aber wohl nur in Einzelfällen.

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