Schweiz Steuersünder entdecken Selbstanzeige für sich

Der neue Datenaustausch soll verhindern, dass Steuerflüchtlinge in der Schweiz ihr Geld vor dem Finanzamt verstecken. Doch das klappt auch umgekehrt: Tausende Schweizer legen plötzlich ihr Auslandsvermögen offen.

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Die Zahl der in Zürich gemeldeten Selbstanzeigen hat sich 2017 verdreifacht. Quelle: dpa

Zürich Jahrelang kämpften die Schweizer für den Erhalt des Bankgeheimnisses, doch am Ende wurde der internationale Druck zu groß: Ab Jahr 2018 tauschen die Eidgenossen ihre Bankdaten mit 38 anderen Staaten aus. Der so genannte automatische Informationsaustausch (AIA) soll verhindern, dass Bürger ihre Vermögen im Ausland vor dem Fiskus verstecken. In der Schweiz, wo Hunderte Banken um das Vermögen ausländischer Kunden buhlen, ist das Abkommen hoch umstritten.

Doch der Datenaustausch hat nun einen unerwarteten Nebeneffekt, von dem auch die Eidgenossen profitieren. Denn die Bankdaten fließen in beide Richtungen. Im Vorfeld des Datenaustauschs haben sich deshalb viele Schweizer selbst angezeigt – und ihre Vermögen im Ausland offengelegt.

Allein das Steueramt in Zürich meldet für das Jahr 2017 rund 6150 Selbstanzeigen. Das waren dreimal so viele Fälle wie im Vorjahr – und damit ein neuer Rekord. „Die außerordentliche Zunahme ist auf den bevorstehenden Start des grenzüberschreitenden Automatischen Informationsaustauschs (AIA) zurückzuführen“, frohlockt die Behörde.

Durch die Selbstanzeigen ergaben sich bislang zusätzliche Steuereinnahmen von 104 Millionen Franken (88 Millionen Euro). Insgesamt wurden ausländische Vermögen über rund 1,3 Milliarden Franken (1,1 Milliarden Euro) aufgedeckt. Die Summe dürfte sogar noch steigen, denn bislang haben die Zürcher erst rund die Hälfte der Anzeigen abgearbeitet. Um die Flut an Selbstanzeigen zu bewältigen, hat die Behörde mehr Personal abgestellt.

Viele Zürcher hätten Immobilien in Italien, Portugal und Spanien gemeldet, teilte das Steueramt weiter mit. Häufig stünden die Liegenschaften in Verbindung mit einem in der Schweiz ebenfalls nicht deklarierten Konto. Laut Schweizer Recht müssen die Betroffenen bei einer Selbstanzeige zwar die Steuern für die vergangenen zehn Jahre zahlen. Eine Buße bleibt ihnen jedoch erspart.

Auch im Kanton Luzern stieg die Zahl der Selbstanzeigen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet, flossen dort immerhin rund 15,5 Millionen Franken (13 Millionen Euro) an zusätzlichen Einnahmen in die Kassen. Die Daten weiterer Steuerämter stehen bislang noch aus.

In Deutschland hatte die Zahl der Selbstanzeigen schon im Jahr 2015 einen Höhepunkt erreicht. Damals gingen insgesamt knapp 40.000 Anzeigen ein. Danach war die Zahl der Selbstanzeigen stark zurückgegangen, weil die Regeln verschärft wurden. Daten für 2017 liegen noch nicht vor.

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