Steuerstrafrechtler Karsten Randt "Die Toleranzschwelle ist gesunken"

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Wer die Steuerprüfung fürchtet, weil er etwas zu verbergen hat, sollte einen Steuerstrafanwalt um Rat fragen Quelle: bilderbox - Fotolia.com

Man hört immer wieder, dass ausländische Banker ihren Kunden von Selbstanzeigen abraten.

Das kommt leider häufig vor. Ärgerlicherweise ist der ausländische Kundenberater meist der erste Ansprechpartner, weil Steuerhinterzieher sonst mit niemanden reden können: Die Verwandtschaft soll meist sowieso nichts wissen, und auch dem Steuerberater haben sie das Konto im Ausland in der Regel verschwiegen.

Hat nicht auch in Schweizer Banken ein Umdenken stattgefunden?

Auf den Führungsebenen schon. Doch das ist leider noch nicht bei jedem Kundenberater angekommen. Dort ist die Angst immer noch groß, dass Kunden nach einer Selbstanzeige ihr Geld abziehen.

Was empfehlen Banker als Alternative? Das Geld einfach woandershin zu schaffen hilft doch nicht mehr. Es gibt auch in Asien und in der Karibik keine wirklich sicheren Häfen mehr.

Einige Banker raten, das Vermögen so umzuschichten, dass keine steuerpflichtigen Kapitalerträge mehr anfallen – etwa dadurch, dass die Kunden Goldbarren ins Bankschließfach legen. Ist die zehnjährige Verjährungsfrist für Steuernachzahlungen abgelaufen, hat sich das Schwarzgeldproblem erledigt. Allerdings müssen Anleger, die sich dazu überreden lassen, noch lange zittern. Ein weiteres Modell, das bisweilen empfohlen wird, sieht vor, den wahren Eigentümer des Vermögens noch geschickter zu verschleiern – zum Beispiel mithilfe einer anonymen Offshore-Gesellschaft in Panama. Zu solchen Konstruktionen raten Banker gerade bei größeren Vermögen.

Ist das nicht Beihilfe zur Steuerhinterziehung?

Zumindest dürfte in vielen Fällen der – ebenfalls strafbare – Tatbestand der sachlichen Begünstigung erfüllt sein. Denn Banker helfen mit solchen Ratschlägen, Straftaten zu vertuschen und die Vorteile der Hinterziehungen in den Vorjahren zu sichern. Unabhängig davon haben einige Banker schon vorher Beihilfe zur Hinterziehung geleistet, etwa indem sie halfen, Geld über die Grenze zu bringen. Es war früher durchaus üblich, dass ein von der Bank beauftragter Kurier Geld in Deutschland bei den Kunden abholte. In einigen solcher Fälle ermitteln Staatsanwälte bereits. Ich gehe davon aus, dass es auch zu Verurteilungen von Bankern kommt.

Trotz der äußerst fragwürdigen Tipps einiger Kundenberater entschließen sich derzeit immer mehr Anleger zur Selbstanzeige.

Ja, und das ist richtig so. Momentan sind es gerade die großen Vermögen, die legalisiert werden sollen. Das hat auch damit zu tun, dass bei hohen Hinterziehungsbeträgen deutlich härtere Strafen drohen.

Wie kommt das?

Der Bundesgerichtshof hat 2008 sehr deutlich kritisiert, dass Hinterzieher selbst bei großen Summen häufig mit Bewährungsstrafen davonkommen. Wer mehr als eine Million Euro hinterzogen hat, soll dem Urteil zufolge künftig nur noch in Ausnahmefällen nicht ins Gefängnis müssen. Gerade für vermögende Steuersünder ist das Risiko einer Haftstrafe also massiv gestiegen.

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