Fondsschließungen Sturmwarnung für Immobilienfonds

Mit dem Morgan-Stanley-Fonds "P2 Value" wurde gestern der dritte Immobilienfonds binnen weniger Wochen geschlossen: 130.000 Anleger stehen vor den Ruinen ihrer Investition. Der Traum von Sicherheit durch Anlagen in Immobilienfonds ist damit auch für Morgan-Stanley-Kunden geplatzt.

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Sturmwarnung: Drei Quelle: dpa

Das war ein schwarzer Tag für Marc Weinstock und sein Team. Der 43-Jährige sitzt seit Juli in der Geschäftsführung einer deutschen Immobilientochter der US-Bank Morgan Stanley. Gestern musste Weinstock bekanntgeben, dass die Bank seinen Immobilienfonds "P2 Value" abwickeln wird. 40.000 Anleger werden nach derzeitigem Stand nur die Hälfte ihrer Investitionen wiedersehen. Der Fall zeigt: Auf den Immobilienmärkten herrscht noch immer Sturmwarnung. In den USA fallen die Preise für Gewerbeimmobilien weiter, sie liegen rund 45 Prozent unter dem Höhepunkt des Immobilienbooms im Oktober 2007. Zudem häufen sich in vielen Metropolen die Leerstände in Bürogebäuden. 6,4 Prozent sind es im Londoner Westend, wo die Wirtschaft wieder brummt, und 23,4 Prozent in Dublin, wo die Finanzkrise noch längst nicht vertrieben ist. Die Leerstandsquote von heute ist der Wertverlust von morgen. "Besonders hart treffen wird es schlechte Standorte", warnt Immobilienexperte Christian Ulbrich, Europachef des Immobilienberaters Jones Lang Lasalle.

Getroffen hat es jetzt die Immobilienfonds. Vergangenen Freitag hatte der 1972 gegründete Degi Europa mit 1,3 Mrd. Euro Fondsvolumen aufgegeben. 90 000 Anleger bangen um ihr Geld. Kanam US-Grundinvest hatte Ende September seine Auflösung eingeleitet. Weitere acht Immobilienfonds teilen mit, dass sie derzeit nicht flüssig sind. 22 Mrd. Euro von deutschen Anlegern liegen auf Eis.

Anwälte bringen sich in Stellung

Immobilienfonds standen bisher für sichere Erträge. Sie sind eine Anlage in Sachwerte, die vor Inflationsgefahren schützen soll. In Deutschland liegen an die 90 Mrd. Euro in diesen Fonds. Ihr besonderer Charme besteht darin, dass Anleger schon mit kleinen Summen von 50 Euro gleich auf mehrere Immobilien setzen können. "Beste Perspektiven für eine Performance, mit der Sie gewinnen", warb Morgan Stanley für seinen Pleite-Fonds "P2 Value".

Entsprechend groß ist jetzt die Verunsicherung. Anwälte bringen sich bereits in Stellung. So vertritt der Kanzlei-Zusammenschluss Protect Invest Alliance nach eigenen Angaben Forderungen privater und institutioneller Investoren im dreistelligen Millionenbereich. Der Hamburger Fachanwalt Peter Hahn rät "P2 Value"-Investoren, Schadensersatzansprüche gegen die beratende Bank und auch gegen die Kapitalanlagegesellschaft zu prüfen. "Grundlage dafür sind Falschberatung und fehlerhafte Prospektangaben."

Fachleute sind alarmiert: "Es wird eine Marktbereinigung unter den offenen Immobilienfonds geben", sagt Steffen Sebastian vom Lehrstuhl für Immobilienfinanzierung der Universität Regensburg.

Bund will Haltefristen verlängern

Der Gesetzgeber reagiert bereits. Die Bundesregierung will noch in diesem Jahr die Haltefristen verlängern, damit Anleger ihr Geld nicht unmittelbar aus Fonds abziehen können und deren Probleme damit vergrößern. Für Investoren, die ihr Geld in den nun vor der Abwicklung stehenden Fonds gesteckt haben, kommt dieser Vorschlag allerdings zu spät.

Der Ankündigung von Morgan Stanley, den Fonds P2 Value abzuwickeln, gingen in Frankfurt gestern dramatische Szenen voraus. "Wir haben verschiedene Szenarien durchgespielt und sind zu dem Schluss gekommen, dass eine nachhaltige Wiedereröffnung des Fonds nicht möglich ist", sagte Marc Weinstock, Geschäftsführer Morgan Stanley Real Estate Investment, in einer Telefonkonferenz. "Im schlechtesten Fall hätten wir bei Wiedereröffnung mit einer Rückgabequote von 75 Prozent rechnen müssen", sagte Weinstock. Die Liquidität in Höhe von 211 Mio. Euro, über die der Fonds verfügt, hätte dann bei weitem nicht ausgereicht.

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