Tipps für Immobilienkäufer Finanzkrise: Was tun, wenn ein Bauträger insolvent wird

Die Finanzkrise bringt auch Bauträger in Schwierigkeiten – und damit die Bauherren. Wie Immobilienkäufer auf eine Insolvenz reagieren müssen.

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Rohbauten: Geht der Bauträger Quelle: dpa/dpaweb

Kreditklemme – was jetzt Top-Thema in Unternehmen wird, ist Immobilienkäufern längst geläufig. Demnächst könnte das treffende Wortspiel für sie noch eine ganz andere Bedeutung bekommen: Wenn ihr Bauträger von seiner Bank nicht mehr ausreichend Kapital zur Vorfinanzierung bekommt. In Anbetracht der Finanzkrise ist das kein unrealistisches Szenario – und leider unabhängig davon, wie solide die Unternehmen bislang gewirtschaftet haben. Damit könnte für manchen Bauherrn der schlimmste Albtraum Realität werden: Über dem Rohbau zieht Friedhofsruhe auf, denn der Bauträger ist pleite und die Maurer packen die Kellen.

Es wird eng am Kapitalmarkt. Schuld haben die Banken, die aus Angst vor faulen Krediten das Geld lieber bunkern als zu verleihen. Ob das Sicherungspakets der Bundesregierung diese Kreditklemme lösen kann, bleibt abzuwarten.

Alexander Rychter, Geschäftsführer des Bundesverbandes freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, betrachtet diese Entwicklung mit Sorge: „Sie trifft in der Immobilienbranche vor allem Bauträger. Die arbeiten häufig mit einer Fremdkapitalquote von über 75 Prozent, und die Banken haben ihre Kreditvergaben enorm verschärft und geben kaum noch hohe Summen aus.“

Die Banken sind aus Sicht der Bauträger nur einer von zwei entscheidenden Faktoren bei der eigenen Finanzierung. Die Nachfrage der Bauherrn ist der andere. Rychter wagt keine finale Prognose: „Denkbar ist, dass Verbraucher zur Wertsicherung vermehrt in Immobilien statt in Geldanlagen investieren. Ihre aktuelle Verunsicherung kann aber auch bedeuten, dass sie beim Immobilienkauf zögern.“ Für beides gebe es Indikatoren.

Es träfe eine Branche, in der einige auf wackeligem Fundament stehen – auch, weil Kunden verspätet oder gar nicht zahlen. Von Insolvenz betroffen sind vor allem Betriebe von 500.000 Euro bis fünf Millionen Euro Jahresumsatz. Umgerechnet sind das maximal 30 Eigenheime pro Jahr. Nahezu jede zweite Insolvenz wird von einer Firma angemeldet, die jünger als sechs Jahre ist.

Für Bauherrn – ob noch vorm Treffen beim Notar oder schon in Gummistiefeln auf der Baustelle – gilt deshalb: Prüfen Sie Ihren Vertrag.

Wie lässt sich erkennen, ob ein Bauträger solide ist?

Lassen Sie sich Referenzobjekte samt Auftraggeber nennen. Recherchieren Sie bei Wirtschaftsauskunfteien wie Creditreform oder im Handelsregister. Aber Vorsicht: Deren Zahlen stammen aus der Vergangenheit und sind keine Garantie für die Zukunft. Auskünfte können auch der Verband privater Bauherren oder der Bauherrenschutzbund geben, die zum Teil schon Referenzbörsen führen.

„Trust but verify!“, rät Jens Mansfeld von der Düsseldorfer Kanzlei Peters Rechtsanwälte: „Besonderes Vertrauen sollte der Bauträger niemals für sich reklamieren müssen. Tut er es doch, ist dies der erste Grund, misstrauisch sein zu müssen.“

Doch egal, wie viel Anfragen Bauherrn im Vorfeld gestartet haben: Es enthebt sie nicht der lästigen Pflicht, während des gesamten Projekts Baufortschritt und Bauträger im Blick zu behalten.

Des Weiteren sieht die Makler- und Bauträgerverordnung vor, dass eine Eigentumsvormerkung zugunsten des Erwerbers stattfindet und der Bauträger die Pflicht zur getrennten Vermögensverwaltung hat. Das gilt nur dann nicht, wenn er den Käufern eine Sicherheit für alle etwaigen Ansprüche leistet, beispielsweise eine Bürgschaft.

Aber Vorsicht, so Jens Mansfeld: „Ist der notariell beurkundete Bauträgervertrag unwirksam oder verzögert sich der Bau und entsteht dadurch ein Schaden, so ist der Rückforderungs- oder Schadensersatzanspruch der Erwerber regelmäßig nicht durch die Sicherheit gedeckt.“ Die kann auch anfechtbar sein, wenn erst der Insolvenzverwalter das Unternehmen führt. Möglich ist auch eine Fertigstellungs- oder Gewährleistungs-Versicherung des Bauträgers wie in anderen Ländern üblich.

Wie können sich Bauherrn vertraglich absichern?

Erste Maßnahme: Geld fließt nur nach einem vertraglich festgehaltenen Zahlungsplan und am besten auch nur, wenn ein unabhängiger Sachverständiger den Baufortschritt bestätigt. Details zu sinnvollen und juristisch wasserdichten Zahlungsplänen finden Sie im Internet unter wiwo.de/bauen-magazin.

Kann der Bauträger von dem geschlossenen Vertrag zurücktreten und welche Folgekosten muss er tragen?

Er kann, wenn der Kunde seine Zahlungen nicht mehr begleicht. Er muss aber für Folgekosten des Bauherren aufkommen, falls der Rücktritt unbegründet war. Je nach Vertrag kann das Unternehmen sogar schon vor Baubeginn zurücktreten, etwa weil sich eine Großanlage nicht komplett verkauft hat. Dieses Problem taucht immer häufiger auf und damit eine entsprechende Klausel in den Verträgen, die dann eine Haftung für Folgekosten ausschließt. Corinna Merzyn vom Verband privater Bauherrn betrachtet das mit Sorge: „Grundsätzlich gilt dabei dasselbe wie für viele Klauseln in Bauträger-Verträgen: Sie sind oft unwirksam, doch der Kunde weiß es nicht.“

Was tun, wenn Insolvenz droht?

Erik Becker, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Mönchengladbach, rät: „Informationen über das Unternehmen einholen, zum Beispiel beim Handelsregister, dem zuständigen Insolvenzgericht oder Wirtschaftsauskunfteien.“ Bauherrn sollen keine weiteren Zahlungen für nicht Fertiggestelltes leisten oder nur auf ein eigens angelegtes Konto, zu dem nur sie Zugang haben. Becker ist Realist: „Andersfalls ist das Geld futsch.“ Ebenfalls wichtig: Sofort den Baustatus von einem unabhängigen Gutachter dokumentieren lassen, um belegen zu können, welche bereits bezahlten Leistungen nicht mehr ausgeführt wurden. Immer wieder bringen Bauträger eigene Gutachter, der sollte aber ein vereidigter und öffentlich Beauftrager sein, um Neutralität zu wahren.

Achtung: Bei einem Neubau tragen Rechtsschutzversicherungen die Kosten einer Auseinandersetzung mit dem Bauträger selbst dann nicht, wenn Schutz für das Eigenheim vereinbart ist.

Wenn der Ernstfall eingetreten ist: Wie muss der Bauherr reagieren?

Zahlungen zurückhalten – vorausgesetzt, sie beziehen sich auf nicht fertiggestellte Arbeiten oder Mängel. Dann sollte man den Insolvenzverwalter auffordern, sein Wahlrecht auszuüben – ob er will, dass der Vertrag erfüllt wird oder nicht. Heißt auch: Nicht in Panik sofort andere Handwerker beauftragen. Meist schließt der Insolvenzverwalter eine Restabwicklungsvereinbarung; ein neuer Vertrag, der gegenüber dem alten oft Nachteile für den Kunden hat.

Muss der Bauherr weiterzahlen?

Wird solide weitergebaut, muss gezahlt werden. Schließlich lautet der Auftrag des Insolvenzverwalters, so viel Geld wie möglich für die Gläubiger aufzutreiben.

Wem gehören Haus und Grund?

Eigentümer ist erst, wer die letzte Rate bezahlt hat. Grundstück und Rohbau werden anders als früher in der Regel getrennt betrachtet. Beim Grundstück gilt: Der Käufer hat, so er alle Zahlungen geleistet hat, einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks gegen den Insolvenzverwalter.

Beim Haus ist es schwieriger. Ist das Objekt fertig und bezahlt, hat der Käufer einen klaren Anspruch. Beim Rohbau hat der Insolvenzverwalter die oben beschriebene Wahl, den Bauvertrag zu erfüllen oder nicht. Da lässt sich trefflich streiten und klagen. Yvonne Lieke, Rechtsanwältin und Insolvenzexpertin aus Lippstadt, rät deshalb: „Die Bauherrn sollten sich dringend mit dem Insolvenzverwalter und der Gläubigerbank des Bauträgers an einen Tisch setzen. Der Ausgang einer Klage ist ungewiss und letztlich hat auch die Bank ein großes Interesse, dieses Problem zu lösen.“

Kann der Bauherr Forderungen beim Insolvenzverwalter durchsetzen?

Er sollte es versuchen, aber die Aussichten sind schlecht, egal, ob es sich um Forderungen wegen nicht geleisteter Arbeiten oder Mängel handelt. Für beide gilt: Zwar sind seit 1999 nicht mehr Finanzämter oder Sozialkassen vorrangig vom Insolventverwalter zu bedienen. Bauherrn sind gleichrangig, aber meist gibt es für sie nur ein bis drei Prozent der beanstandeten Summe. Lieke plädiert grundsätzlich für Abtretungsklauseln zur Gewährleistung im Bauträgervertrag: „Dann obliegt die Beseitigung von Mängeln dem ausführenden Handwerker statt dem Bauträger.“

Die Lage ist misslich – für beide Parteien. Corinna Merzyn vom Verband privater Bauherren rät zu Pragmatismus am Bau: „Droht die Insolvenz, zählt nur noch, so viel wie möglich fertigzustellen. Für Streit über Kleinigkeiten ist dann keine Zeit mehr.“

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