Nur Bares ist Wahres Schweizer horten 1000-Franken-Scheine

Nächste Woche wird die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre Geldpolitik diskutieren. Vermutlich wird sie ihren Zins von minus 0,75 Prozent unverändert lässen. Doch der Negativ-Zins hat unerwünschte Nebenwirkungen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Schweizer Franken Quelle: dpa

„Die Nachfrage nach Barmitteln ist seit Jahresbeginn gestiegen“, stellt Maxime Botteron fest, Ökonom bei Credit Suisse. Er hat die Statistiken der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zum Bargeld-Umlauf um saisonale Einflüsse bereinigt. Ergebnis: Seit Ende vergangenen Jahres bis Ende März ist der Umlauf der 1000-Franken-Noten um satte acht Prozent auf knapp 41,3 Milliarden Franken gestiegen. Ein klares Indiz dafür, dass Anleger ihr Erspartes stärker in Bargeld vorhalten.

Seit 15. Januar müssen Banken und andere Kunden der Notenbank 0,75 Prozent dafür zahlen, dass sie Sichteinlagen auf den Konten der SNB halten. Vermögensverwaltungsbanken reichen den Preis für das halten von Cash-Reserven mittlerweile auch an vermögende Privatkunden weiter, wenn diese zum Beispiel mehr als eine Million Franken täglich verfügbar auf dem Konto halten. Wer das Geld in Scheinen aufbewahrt , kann dem entgehen.

Welche Zahlungsmittel Europäer bevorzugen
Das Geschäft mit dem Versenden von Geld über Smartphone-Apps lockt jetzt auch etablierte Banken an. Die Deutsche Kreditbank (DKB) kooperiert dafür mit dem Startup Cringle. Pro Monat kann ein Nutzer bis zu 100 Euro über die Cringle-App verschicken, abgewickelt wird die Zahlung per Lastschrift von der DKB. Pro Transaktion werden 20 Cent fällig, zum Start wurde die Gebühr auf 10 Cent gekappt. Das neue Angebot trifft bereits auf Wettbewerb im Markt. So bietet der Online-Bezahldienst PayPal seit Juli das Versenden von Geld über seine Smartphone-App in Deutschland an. Für Kunden, die ihren PayPal-Account mit einem deutschen Bankkonto verknüpft haben, ist das Angebot kostenlos, bei Kreditkarten wird eine Gebühr fällig. In vielen europäischen Ländern tun sich moderne Bezahlsysteme jedoch noch so schwer... Quelle: dpa
ÖsterreichOhne Bargeld geht in Österreich gar nichts. 86 Prozent bezahlen an der Kasse in bar, 12 Prozent mit EC-Karte. Eine Kreditkarte kommt nur in einem Prozent der Fälle zum Einsatz. Auf sonstige Alternativen wie Schecks, PayPal, Lastschrifteinzug oder Ähnliches entfällt insgesamt nochmal ein Prozent.Quelle: Deutsche Bundesbank; Europäische Kommission; Deloitte (Stand: 2014) Quelle: dpa
PolenIn Polen werden 80 Prozent der Bezahlvorgänge an der Kasse bar beglichen. Eine EC-Karte nutzen –ähnlich wie in Österreich – 13 Prozent der Bevölkerung. Immerhin werden auch drei Prozent der Bezahlvorgänge durch Kreditkarten abgewickelt. Auf die alternativen Zahlungsmittel entfallen vier Prozent. Quelle: dpa
DeutschlandAuch die Deutschen haben ihr Geld beim bezahlen lieber in fester Form in der Hand – in 79 Prozent der Fälle wird bar bezahlt. Zwölf Prozent der Käufe werden mit der EC-Karte beglichen, weitere sechs Prozent per mit Lastschrifteinzug, Scheck und anderen alternativen Zahlungsmethoden. Quelle: dpa
ItalienZwar ist Bargeld mit 69 Prozent noch immer das beliebteste Zahlungsmittel in Italien, aber auf Platz zwei kommen auch schon alternative Zahlungsmittel mit 17 Prozent. So sind Schecks, Kundenkarten, PayPal und andere Alternativen zusammen genommen bei den Italienern beliebter als die EC-Karte mit neun Prozent und die Kreditkarte mit sechs Prozent. Quelle: dpa
Sagrada Familia Quelle: AP
London Tower Bridge Quelle: dpa

„Die Bargeldhortung ist aus Sicht der SNB aus zwei Gründen unerwünscht“, erklärt der Experte. Zum einen umgehen Anleger damit die Negativ-Zinsen, die eigentlich zum Ziel haben, den Franken unattraktiver zu machen Zweitens kann eine massive Umwandlung von Kundeneinlagen in Bargeld die Stabilität des Finanzsystems bedrohen“, warnt Botteron. Ziehen Kunden ihre Einlagen von Banken ab, um das Geld in Bar vorzuhalten, fehlen den Banken diese Sichtguthaben, um damit Kredite zu refinanzieren. „Die bisherige Zunahme der Bargeldhortung ist noch zu gering, um die Stabilität des Finanzsystems zu gefährden“, meint der Ökonom.


Auch in Deutschland steigende Bargeld-Nachfrage

Zuletzt hatten einige Ökonomen für das Abschaffen großer Geldscheine plädiert – zum Teil, um Negativzinsen besser durchsetzen zu können, zum Teil um Geldwäsche und Schwarzarbeit zu reduzieren. Banknoten mit vielen Nullen befeuerten die Schattenwirtschaft, sagte etwa Harvard-Professor Kenneth Rogoff dem Handelsblatt.

Die Schweizerische Notenbank befindet sich wie andere Zentralbanken mit Negativzins-Politik in einem Dilemma: Je tiefer sie den Zins ins negative Terrain drückt, umso unattraktiver wird der Franken, was die Aufwertung bremst. Doch gleichzeitig steigt bei noch tieferen Negativ-Zinsen der Anreiz, die Guthaben von den Banken abzuziehen und in bar zu halten.

Schon seit der Finanzkrise im Jahr 2008 hat die Notenbank eine steigende Nachfrage nach 1000-er Noten festgestellt: Experten nennen als Ursache steigendes Misstrauen gegenüber Banken; aber auch die zunehmende Jagd auf Steuersünder bei den Banken führt dazu, dass das anonyme Bargeld Hochkonjunktur hat.

Auch in Deutschland sieht die Bundesbank „eine deutliche Zunahme der Nachfrage nach Bargeld“, so Vorstandsmitglied Carl-Ludwig Thiele auf einer Veranstaltung am Donnerstagabend. Die Scheine erfüllten so den Zweck der „Wertaufbewahrung“. Vom Trend zu Bargeld profitieren auch die Hersteller von Tresoren. Anbieter wie Targo Tresore melden, dass die Nachfrage seit Januar um 20 Prozent zugelegt hat. Bargeld mag sich rechnen; unter die Matratze sollte man es aber lieber nicht legen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%