Wirtschaftsprüfer Schuldenkrise erfasst deutsche Banken

Wirtschaftsprüfer schlagen Alarm: Längst nicht alle deutschen Banken sind operativ gut aufgestellt. Besonders krisensicher erscheinen die Geldhäuser nicht - ein EZB-Experte sieht dringenden Handlungsbedarf.

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Banken in Frankfurt: Manche müssen sich Sorgen um ihr operatives Geschäft machen. Quelle: handelsblatt.com

Banken haben nach Einschätzung von EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny weiterhin Probleme an langfristige Liquidität zu kommen. Zwar hätten die Institute keinen Mangel an kurzfristigem Geld, sagte Nowotny auf einer Konferenz in Wien. Eine aktuelle Studie bestätigt operative Probleme.

„Es ist ein Problem, dass längerfristige Liquidität für die Banken am Markt sehr schwer zu bekommen ist. Das ist eine Herausforderung, die wir diskutieren müssen, auch in der Politik.“ Die Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB), mit denen sie angeschlagenen Staaten unter die Arme greift, stellten keine zusätzliche Liquidität zur Verfügung und seien begrenzt - auch zeitlich, bekräftigte Nowotny. „Es ist ein befristetes Programm, auch zeitlich befristet, daher ist das nichts, das Teil der gewöhnlichen Instrumente der EZB ist.“

Die Rettung angeschlagener Banken soll nach Ansicht Nowotnys künftig nicht mehr allein die Angelegenheit von deren Heimatländern sein. Vielmehr müssten die Überwachung des Bankensystems und die Rettung strauchelnder Institute als gemeinsame Aufgabe verstanden werden.

Daher sollten auch die Lasten für die Rettung von Banken auf europäischer Ebene und nicht nur von den nationalen Steuerzahlern getragen werden. „Für die Zukunft ist es notwendig, dass wir einen europäischeren Ansatz verfolgen“, sagte Nowotny.

Die aktuelle vorliegende Studie lässt tief blicken: Schuldenkrise, Kursabstürze und Unsicherheit dominieren die Stimmung an den Märkten. Die Mehrheit der deutschen Großbanken hat im operativen Geschäft der ersten Jahreshälfte 2011 geschwächelt - zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young.

Im Schnitt sanken Zins- und Provisionsüberschüsse im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum. Empfindliche Abschreibungen bei Geschäften mit Griechenland-Bezug schlugen darüber hinaus mächtig ins Kontor. Die Studie unter den 13 deutschen Groß- und Landesbanken, die zuletzt auch am „Stresstest“ der europäischen Bankenaufsicht EBA teilgenommen hatten, lag der Nachrichtenagentur dpa vor.

Demnach entwickelten sich die Banken im Schnitt nur auf den ersten Blick grundlegend positiv: Ihr zusammengerechneter Gewinn vor Steuern stieg um zwei Drittel (knapp 67 Prozent) von 5,7 auf 9,5 Milliarden Euro. Die Ertragskraft erstarkte vor allem, weil die nötige Vorsorge für Bonitäts- und Länderrisiken sank - die gute Konjunktur wirkte sich also einfach positiv aus. Zur Veranschaulichung: Insgesamt konnten die untersuchten Häuser ihre Risikovorsorge locker halbieren: von ehemals 4,4 auf nun nur noch 1,7 Milliarden Euro.

Die höchsten Gewinnsprünge verzeichneten demnach die beiden Landesbanken LBBW und HSH Nordbank sowie die verstaatlichte Hypo Real Estate (HRE) - sie alle legten bei den Konzernergebnissen um mehr als 900 Millionen Euro zu.

In absoluten Zahlen spielt die Deutsche Bank in einer ganz anderen Liga: Ihre 4,8 Milliarden Euro Gewinn vor Steuern sind nicht nur 482 Millionen Euro Verbesserung, sondern auch ungefähr so viel Geld, wie alle übrigen zwölf Banken zusammen an Ergebnis ausweisen. Ihre um 21 Prozent gesteigerten Provisionsüberschüsse sprechen auch für ein brummendes Kundengeschäft, das in der ersten Jahreshälfte noch nicht unter den negativen Vorzeichen der Börsenschwankungen stand.

Die Deutsche Bank ist damit allerdings ein Einzelfall. Von der BayernLB (plus drei Prozent) und der Commerzbank (plus zwei Prozent) einmal abgesehen, fiel der Provisionsüberschuss bei der Mehrheit teilweise deutlich - bis hin zu minus 35 (HSH Nordbank) und minus 37 (WestLB) Prozent. Landesbank Berlin und Helaba stagnierten. Ernst & Young-Bankenexperte Dirk Müller-Tronnier fasst zusammen: „Im Kundengeschäft kamen die meisten Banken im ersten Halbjahr trotz der besseren Lage an den Aktienmärkten kaum voran.“ Und auch bei den Arbeitsplätzen ist der Trend kein positiver: Zwar stieg die Gesamtzahl der Mitarbeiter bei den 13 Häusern um acht Prozent. Bereinigt um die Akquisitionen der Deutschen Bank sank die Gesamtzahl aber um ein Prozent.

Auch Zinsen gehen auf Talfahrt - Experte kritisiert Politik

Auch bei den Zinsen ging es in Summe bergab: So lagen die Zinsüberschüsse im Durchschnitt um zwei Prozent unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Die Macher der Studie erklären das mit dem historisch niedrigen Zinsniveau, aber auch mit der Rückbesinnung vieler Institute auf ihr Kerngeschäft - gerade bei jenen Banken, die sich nach der Krise neu aufstellen und organisieren. Das zusammen drücke nun einmal auf die Margen. Während Landesbank Berlin, DZ Bank, WGZ Bank, Deutsche Bank und NordLB ihre Zinsüberschüsse um Werte zwischen zwölf und 26 Prozent nach oben schraubten, verlor der Rest. Mit Abstand auf dem letzten Platz liegt die WestLB bei minus 40 Prozent.

Ein herber Rückschlag ergab sich für alle Banken bei Geld, das sie in Griechenland im Feuer hatten: Die untersuchten Häuser zusammen waren nominal mit 7,5 Milliarden Euro in dem von einer Insolvenz bedrohten Mittelmeerland engagiert und schrieben diese Werte um knapp zwei Milliarden Euro ab - das ist mit 26 Prozent etwa jeder vierte Euro.

Am meisten Federn ließ die Commerzbank mit minus 760 Millionen Euro Wertminderung - sie hatte aber auch mit enormem Abstand den größten Batzen im Feuer, nämlich gut 3,1 Milliarden Euro. Mit 300 Millionen Euro Abschreibung auf die ehemals 704 Hellas-Millionen folgt die LBBW auf Platz zwei der absoluten Wertkorrekturen. Ein Sonderfall ist die HRE, deren Griechenland-Bezug schon ausgelagert ist.

Positive Nachrichten gibt es aber auch: Die untersuchten Banken steigerten ihre Kernkapitalquote von durchschnittlich 10,4 auf 14,8 Prozent. Das soll ihnen - als Lehre aus der Krise - Solidität geben.

Und auch bei der angestrebten Reduzierung der Bilanzsumme sind die Kredithäuser vorangekommen. Die zusammengerechnete Bilanzsumme aller untersuchten Banken sank um gut 14 Prozent auf 4,8 Billionen Euro.

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