Indonesien Blitzkrieg im Schuhregal

Für ihren neuesten Schuh hat sich eine indonesische Sportartikel-Marke einen heiklen Namen ausgedacht: das Modell heißt „Blitzkrieg“. Werbung mit Nazi-Anspielungen ist in Asien keine Seltenheit. Eine Weltgeschichte.

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Ein indonesischer Schuhhersteller hat gerade ein Modell mit dem Namen „Blitzkrieg“ auf den Markt gebracht. Quelle: dpa

Bangkok An Selbstbewusstsein mangelt es der indonesischen Badminton-Marke Flypower Arbi nicht. „Kompromisslose Offensive, gepaart mit taktischer Finesse“ verspricht das Unternehmen seinen Kunden – eben wie das Spiel des Gründers der Marke, dem indonesischen Badminton-Weltmeister Hariyanto Arbi.

Kompromisslos offensiv – das beschreibt auch die Marketing-Strategie der Indonesier ganz gut. Die taktische Finesse bleibt dabei allerdings auf der Strecke: Das Unternehmen schrieb kurzerhand „Blitzkrieg“ auf eines seiner Schuh-Modelle – und ging damit auf Kundensuche in der ganzen Welt. Bis zu zehntausend Paare habe man produziert, teilt Flypower dem Handelsblatt mit.

Dass der Name problematisch sein könnte, sei ihm nicht klar gewesen, sagt ein Sprecher des Unternehmens. „Für uns hörte sich der Name an wie ein guter Badminton-Schlag.“ Er verweist auf den Wortbestandteil „Blitz“ und andere Flypower-Produkte, unter anderem Sturm, El Nino, Heat Wave und Thunderbolt . Er selbst kenne das Wort aus dem Lied „Blitzkrieg Bop“ der Punk-Rock-Band Ramones. „Wir wussten nicht, dass das in anderen Staaten eine große Sache ist. Es war ein Fehler und es tut uns Leid.“

Ob das Unternehmen provozieren wollte oder tatsächlich absolut unwissend war, lässt sich nicht sagen: Wie in vielen anderen Staaten wird das Wort Blitzkrieg gelegentlich in der Sportberichterstattung verwendet. Viele Indonesier dürften mit der Geschichte des Begriffs aber nicht vertraut sein. Als Blitzkrieg wird das schnelle Vorrücken militärischer Einheiten bezeichnet, insbesondere der Vormarsch der Wehrmacht zu Beginn des Zweiten Weltkrieges. Der Begriff wurde von der Nazi-Propaganda geprägt und fand Eingang in andere Sprachen.


Nazi-Marketing meist nur regional

In Indonesien ist es aber auch nicht ungewöhnlich, mit Wörtern und Symbolen aus der Nazizeit zu spielen. In Bandung, der drittgrößten Stadt des Landes, öffnete es ein umstrittenes Restaurant namens „Soldaten-Café“, in dem ein großes Portrait von Adolf Hitler über dem Kamin hängt und einige Kellner SS-Uniformen tragen. Selbst im Wahlkampf tauchen Nazi-Anspielungen auf: Vor der letzten Präsidentenwahl sang der Künstler Ahmad Dhani sein Unterstützungslied für den Kandidaten Prabowo Subianto in einer Nazi-Uniform.

„Unter vielen Jugendlichen in Indonesien gelten solche Anspielungen als hip“, sagt die Ethnologin Evamaria Sandkühler von der Universität Freiburg. Während ihrer Forschung über Nazi-Symbolik in der indonesischen Jugendkultur musste sie immer wieder staunen. „Ich habe mit Jugendlichen gesprochen, die mir stolz erzählten, sie hätten ein Poster von Adolf Hitler im Zimmer.“ Eine politische Ideologie sei damit allerdings nur selten verbunden. Viel häufiger stecke einfach Unwissenheit dahinter – und die Lust sich als jemand zu präsentieren, der sich mit dem Ausland befasst.

Das lässt sich auch in vielen anderen asiatischen Ländern beobachten: In Thailand setzte ein Hühnchen-Restaurantbetreiber in das Logo der Fast-Food-Kette KFC den Kopf Adolf Hitlers, in Indien kam ein Hitler-Eis auf den Markt und ein Bekleidungsgeschäft mit dem Namen „Hitler“ öffnete seine Tore.

In Regel beschränkt sich das Nazi-Marketing allerdings auf den regionalen Markt und zielt nicht auf Europa. Oft stecken dahinter kleine Geschäftsleute, die deutlich unprofessioneller als Flypower Arbi sind – die Marke ist immerhin Ausrüster mehrerer Nationalspieler.

In Europa ist der Sportartikelhersteller mit seinem Blitzkrieg-Schuh nun kläglich gescheitert: Gerade einmal zwölf Schuhe habe man verkauft, heißt es aus dem Unternehmen. Wie der deutsche und der niederländische Importeur dem Handelsblatt mitteilten, weigerten sich beide, den Schuh in das offizielle Verkaufsprogramm aufzunehmen. Die Kunden in anderen Teilen der Welt hatten dagegen weniger Bedenken, sagt der Flypower-Sprecher. „In Asien haben sich die Schuhe gut verkauft.“

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