Luxusuhren Das gute graue Geschäft mit Rolex und Omega

Die zuletzt gebeutelte Luxusuhrenindustrie erholt sich langsam. Der Handel hadert mit dem Onlinegeschäft – und kämpft mit dem Graumarkt, der im Internet immer sichtbarer wird.

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Graumarkt der Juweliere: Wie Luxusuhren halblegal verkauft werden. Quelle: dpa Picture-Alliance

Optimismus zeichnet sich durch beste Laune bei sinkenden Zahlen aus. Kim-Eva Wempe hat beste Laune. 2016 war kein einfaches Jahr für den Hamburger Juwelier Wempe, der in mehr als 30 Filialen in sieben Ländern betreibt und sogar auf hoher See mit Boutiquen auf den Kreuzfahrtschiffen "MS Europa" und "MS Europa 2" vertreten ist. Der Umsatz sank um 14,5 Prozent auf 403,8 Millionen. "Damit haben wir gerechnet und waren entsprechend vorbereitet", sagt Wempe.

Nach Jahren des Wachstums hätten Faktoren wie sinkende Besucherzahlen in Metropolen nach Terroranschlägen und Antikorruptionsgesetze in China die Absätze mit teuren mechanischen Uhren beeinträchtigt, so der Tenor. Im ersten Halbjahr 2017 sieht Wempe Zeichen der Erholung: "Wir sind sehr positiv und optimistisch." Die vergrößerte Boutique auf New Yorks Fifth Avenue verhalf unter anderem in den ersten Monaten des Jahres zu besseren Geschäften. Sie befindet sich im Einklang mit dem Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH, die für den Mai eine Zunahme der Exporte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vermelden konnte. Noch optimistischer ist derzeit nur noch Philipp Man.

Man ist Chef des Onlinehändlers Chronext. Das Unternehmen mit Sitz in Zug in der Schweiz und dem größten operativen Standort in der Kölner Lichtstraße zieht viel Aufmerksamkeit auf sich. Von Käufern und Herstellern. Chronext verkauft sowohl gebrauchte Uhren als auch Neuware. Die verkauft das Unternehmen zu günstigen Preisen. Eine fabrikneue Rolex Submariner, eines der beliebtesten Uhrenmodelle der Schweizer Manufaktur, kostet dort rund sechs Prozent weniger als die unverbindliche Preisempfehlung von 6800 Euro, die Rolex auf seiner Homepage nennt.

Die verschwiegene Manufaktur aus Genf nennt diesen Preis im Internet erst, wenn der Besucher von rolex.com einen Warnhinweis weggeklickt hat. "NEUE ORIGINALE ROLEX ARMBANDUHREN WERDEN AUSSCHLIESSLICH VON OFFIZIELLEN ROLEX FACHHÄNDLERN VERKAUFT", steht dort in Großbuchstaben, dem Synonym für Schreien in E-Mails und Social-Media-Plattformen.

Bestände werden diskret weiterverkauft

Man ist kein offizieller Fachhändler, kein sogenannter Konzessionär, die exklusive Rechte besitzen, Uhren vom Hersteller zu beziehen und zu verkaufen. Viele dieser offiziellen Händler weltweit leiden aber weiterhin unter Absatzschwierigkeiten. Auch mancher Hersteller wird all jene Uhren, die die Uhrmacher in den Manufakturen werktags zusammenschrauben nicht an die Konzessionäre los. Es entstehen Überschüsse und volle Lager.

In der Industrie ist es kein Geheimnis, dass vieler dieser Bestände diskret weiterverkauft werden. Und einige Modelle landen dann bei Auktionshäusern oder Internetportalen wie chronext oder chrono24.

Graumarkt ist das hässliche Wort, das an Schiebereien und Schmu erinnert. An Kanäle, die offiziell nicht existieren, aber kräftig im Fluss sind. Der stets meinungsstarke Chef der Uhrensparte des Luxuskonzerns LVMH, Jean-Claude Biver, nannte ihn gar "Krebsgeschwür" der Industrie.

Was bedeutet was?

Bereits 2009, als die Finanzkrise die Bonibezieher betraf, Geldanlagen binnen kurzer Zeit ihren Wert halbierten und Luxus auf dem Einkaufszettel nach unten rutschte, mussten Produzenten wie Cartier die Produktion drosseln. Als die Rückgänge in den vergangenen Jahren erneut sichtbar wurden und insbesondere in Hongkong sich große Überkapazitäten aufbauten, versuchten Händler ihre Ware verschwiegen weiterzuverkaufen. Einige Hersteller sahen sich gezwungen, bereits an die Händler ausgelieferte Modelle zurückzunehmen, um einen Preisverfall zu vermeiden und zu verhindern, dass die Uhren über Umwege auf noch besser funktionierende Märkte umgeleitet werden.

Denn es ist das im Idealfall fein austarierte Verhältnis an Knappheit und Verfügbarkeit von begehrten Modellen, das es den Herstellern hochwertiger mechanischer Uhren in den vergangenen Jahren erlaubte, vor allem an einem zu drehen: der Preisschraube.

Den Konzessionären kommt dabei eine wichtige Aufgabe zu: Sie müssen einerseits die Uhren verkaufen, andererseits aufpassen, die Marke und den Wert nicht zu gefährden. Für die Händler ist es wiederum wichtig, nicht die Erlaubnis zu verlieren, mit den Uhren handeln zu dürfen, denn vor allem die begehrtesten Marken wie Rolex oder Omega bringen einen Gutteil des Geschäfts. Wechselt an einem Ort eine Marke ihren Konzessionär, bedeutet das für den vorigen Händler oft einen spürbaren Einbruch bei Umsatz und Gewinn. Kunden, die bestimmte Modelle suchen, werden ihre Treue zum Händler spätestens dann über Bord werfen, wenn dieser die Traumuhr nicht mehr führt.

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